TestosteronTestosteronmangel und was Sie dagegen tun können

Geht die Männlichkeit unter? Wie Testosteronmangel zu einer neuen Volkskrankheit wurde. Und was Sie dagegen tun können.

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Tablet mit der chemischen Strukturformel von Testosteron und ein Stethoskop
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Immer mehr Männer leiden unter Testosteronmangel, in jüngerer Zeit auch Frauen.

Schlappheit, Muskelschwund, sexuelle Störungen, Depressionen: All das kann Folge eines Testosteronmangels sein. Angesichts vieler Millionen betroffener Männer allein im deutschsprachigen Raum ist dieses Thema ein sehr wichtiges, leider oft stiefmütterlich behandeltes.

Hinzu kommt: Seit mehr als 20 Jahren nehmen in vielen Ländern des Westens, gerade auch dem deutschsprachigen Raum, die Testosteronwerte kontinuierlich ab.

Etwa jeder fünfte Mann in Deutschland hat einen zu niedrigen Testosteronwert. Legt man strengere Maßstäbe und damit niedrigere Grenzwerte im Blut an, könnten es mehr sein: weit über ein Drittel aller Männer, so Untersuchungen aus den USA.

Testosteronmangel, Hypogonadismus, Androgendefizienz

Bei einem zu niedrigen Testosteronwert spricht man von einem Testosteronmangel, einem Hypogonadismus oder einer Androgendefizienz. Was genau geschieht, wenn ein Mann zu wenig Testosteron hat, er also einen bestimmten Wert unterschreitet? Dann tritt der Zustand des symptomatischen Hypogonadismus ein.

Auch wenn die folgende Liste nicht alle möglicherweise auftretetenden Beschwerden wiedergibt, so werden sehr häufig folgende Symptome als Folge einer Androgendefizienz konstatiert:

  • Müdigkeit und Abgeschlagenheit
  • Abnahme der Muskelmasse
  • Weniger starke Knochen bis hin zum Knochenschwund (Osteoporose)
  • Zunahme des Fettgewebes, gerade im Bauch- und Hüftbereich
  • Körperliche Schwäche
  • Störungen der Sexualität bis hin zur Impotenz
  • Verminderte sexuelle Lust bis hin zur völligen Asexualität
  • Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen
  • Minderwertigkeitskomplexe und vermindertes Selbstwertgefühl
  • Abnahme der Körper- und Schambehaarung
  • Psychische Störungen wie Depression oder Ängste
  • Antriebslosigkeit
  • Fehlende Dynamik und Energie, wie auch nachlassende Lebenslust

Sollten Sie bei sich oder bei einem Ihnen Nahestehenden solche Beschwerden festgestellt haben, lohnt sich ein Gespräch mit Ihrem Arzt über einen möglicherweise bestehenden Testosternmangel.

Auch Frauen können von einem Testosteronmangel betroffen sein, allerdings deutlich seltener. Er tritt bei etwa 2-5% aller Frauen auf und wird als weibliches Androgendefizienzsyndrom (FADS) bezeichnet. Im Regelfall sieht man folgende Beschwerden:

  • Vermindertes Wohlbefinden
  • Anhaltende unerklärliche Müdigkeit
  • Depressionen, Antriebslosigkeit
  • Vermindertes sexuelles Verlangen und Lust (verminderte Libido)

Warum Testosteronmangel in westlichen Ländern gehäuft auftritt

Um zu verstehen, warum Testosteronmangel bei älteren und im Westen lebenden Menschen häufig auftritt, lohnt ein Blick auf einige Grundlagen dieses Botenstoffs.

Testosteron ist ein vor allem im Hoden hergestelltes Hormon. Das erklärt auch seinen Namen: Das lateinische testis bedeutet Hoden. Es wirkt auf alle Körperteile und Organe je nach Dichte der Testosteronrezeptoren. Deshalb wirkt es beispielsweise in Gehirn, Muskeln und Knochen stärker als in den Nieren oder der Leber. Beim Mann entfallen etwa 95% der Testosteronproduktion auf den Hoden, der Rest wird in den Nebennieren hergestellt.

Bei den Frauen hingegen findet die Produktion etwa je zur Hälfte in den Nebennieren und den Eierstöcken statt. Das Fehlen der Hoden erklärt, warum der Testosteron-Wert bei Männern um den Faktor 10-20 höher liegt. Schon hier erkennt man, dass jene Stoffe, die den Eierstöcken bzw. den Hoden schaden, sich negativ auf die Hormonwerte auswirken. Dazu gehören viele Umweltgiftstoffe, elektromagnetische Strahlung, Entzündungsprozesse im Körper, aber auch Fehlernährung und Stress. Deshalb sollte man beispielsweise das Mobiltelefon nicht in der Nähe des Beckenbereichs tragen; bei Männern können enganliegende Unterhosen oder sehr langes Sitzen auf kleiner Sitzfläche mit niedrigeren Testosteronwerten vergesellschaftet sein.

Testosteron im Altersverlauf

Die Menge des Testosterons variiert im Laufe des Lebens:

  • Mit Mitte 20 ist der Blutspiegel am höchsten.
  • Ab etwa 30 Lebensjahren beginnt er allmählich zu sinken: Wissenschaftler gehen von einer jährlichen Abnahme von etwa 1-2% aus, sodass 60-jährige Männer meist einen Testosteron-Wert von nur noch etwa 50% im Vergleich zu 30-Jährigen haben.

Doch wer Anti-Aging- und hier vor allem Pro-Testosteronstrategien einsetzt, der wird diesen Prozess nicht nur verlangsamen, sondern teilweise sogar rückgängig machen können. Die allermeisten Männer können sich mit relativ einfachen Mitteln verjüngen bzw. vermännlichen – Frauen übrigens auch.

Da es im Körper keine nennenswerte Speicherstelle für das Testosteron gibt, muss es kontinuierlich neu gebildet werden. Diese "Just-in-time"-Produktion erklärt nicht nur eine tageszeitabhängige Variation:

  • morgens zwischen 8-10 Uhr ist der Testosteronwert am höchsten,
  • abends zwischen 20-22 Uhr ist er am niedrigsten,

Das erklärt auch, warum bereits kleine Veränderungen der eigenen Gesundheit, der Ernährung oder eine Erkrankung deutliche Auswirkungen auf den Testosteronwert haben können.

Kleine Biochemie des Testosterons

Biochemisch gesehen dient Cholesterin als Grundlage des Testosterons. Cholesterin kommt in größeren Mengen in Eiern, Butter und diversen Fleischprodukten vor, ist aber letztlich in geringen Mengen in fast jedem Lebensmittel enthalten.

Um gleich mit einem oft gehörten Vorurteil aufzuräumen: Solange man sich ausgewogen ernährt, scheint es keinen nennenswerten Unterschied zwischen einem sich vegan ernährenden Mann und einem fleischlastig (carnivor) essenden zu geben, wobei Wissenschaftler bis heute diese Frage nachgehen.

Cholesterin wird chemisch gesehen als Sterin beziehungsweise Sterol bezeichnet. Testosteron gehört deshalb zur Gruppe der Steroide und wird in der Bodybuilderszene teilweise als Steroid bezeichnet. Biochemisch durchläuft Cholesterin dann eine Umwandlung über mehrere Zwischenschritte: Es entsteht zunächst Pregnenolon, danach 17α-Hydroxypregnenolon, Dehydroepiandrosteron (DHEA) und Androstenedion, ehe dann Testosteron als Endprodukt vorliegt. Das ist deshalb wichtig, weil Sportler gern DHEA (Dehydroepiandrosteron) und Androstenedion als sogenannte Testosteron-Booster einsetzen, wobei das nur dann Sinn ergibt, wenn diese Werte im Körper niedrig sind. Vor einer Einnahme sollte man deshalb mit einem Arzt über die Bestimmung dieser Blutwerte sprechen.

Wie und wann Testosteron bestimmen?

Noch wichtiger ist es aber, seinen Testosteronwert bestimmen zu lassen, wenn man unter obigen Symptomen leidet. Die Messung kann aus einer Blut- oder Speichelprobe erfolgen, am besten morgens und auf nüchternen Magen. Idealerweise hat man gut geschlafen und leidet nicht unter einem Infekt, denn das kann zu fälschlicherweise niedrigeren Testosteronwerten führen.

Im Regelfall wird das Gesamt-Testosteron gemessen. Wer es genau wissen will, lässt auch das freie Testosteron bestimmen, wie auch die Bluteiweiße Albumin und SBHG (sexhormonbindendes Globulin). Letztere können als Körperträgerstoffe des Testosterons den Wert maßgeblich beeinflussen.

Welche Werte sind normal?

Bis heute streiten sich Wissenschaftler, ob man bei Männern altersabhängige T-Werte einführen sollte oder nicht. Während man bei Frauen zwischen solchen vor und nach der Menopause unterscheidet, legt das Gros der Ärzte einen einzigen Wert für Männer als Messlatte an: den T-Wert eines etwa 20- bis 30-jährigens Mannes. Das sei zu berücksichtigen, wenn man folgende Tabelle betrachtet, die den normalen T-Wert bei Männern und bei Frauen wiedergibt:

  • Mann: Gesamttestosterongrenzwert 300-1000 ng/dl; 10-35 nmol/l
  • Frau vor der Menopause: Gesamttestosterongrenzwert 15-70 ng/dl; 0,5-2,4 nmol/l
  • Frau nach der Menopause: Gesamttestosterongrenzwert 7-40 ng/dl; 0,25-1,4 nmol/l

Liegt man unterhalb des obigen Grenzwertes und leidet unter Beschwerden eines Testosteronmangels, gilt man als symptomatisch hypogonad. Für die Betroffenen gibt es eine Vielzahl an Medikamenten. Am häufigsten werden Testosteron-Depotpräparate alle ein bis vier Wochen injiziert oder eine Testosteronsalbe ein- bis zweimal täglich aufgetragen.

Doch es gibt auch natürliche Strategien, um eine Androgendefizienz zu behandeln:  

5 natürliche Strategien bei Testosteronmangel

  1. Gewicht verlieren: Da Fettzellen das Enzym Aromatase, auch als Östrogen-Synthase bekannt, in größerer Menge besitzen, wandeln sie Testosteron in das weiblich machende Estradiol-2 um. Deshalb entmännlicht und verweiblicht man mit jedem zusätzlichen Gramm an Fett und sollte Übergewicht meiden.
  2. Sport treiben: Der Testosteronspiegel nimmt nach sportlicher Betätigung nicht nur kurz-, sondern sogar langfristig zu.
  3. Plastikbehälter meiden: Plastik enthält eine Vielzahl an Chemikalien, die östrogenartig und gegen Testosteron gerichtet wirken. Man nennt sie Xenoöstrogene, aber auch Umwelthormone oder endokrine Disruptoren. Bisphenol-A und diverse Phthalsäuren sind besonders bekannte Xenoöstrogene. Trinken und essen Sie aus Glas- und Metallbehälter wo möglich.
  4. Bauen Sie einen Wasserfilter ein bzw. trinken Sie schadstoffarmes Wasser: Trotz oftmals strenger Gesetzesvorschriften gibt es eine Reihe von Rückständen in unserem Trinkwasser. Es kann sich hierbei um Chemikalien, Medikamente oder Mikroplastik handeln, also nicht sichtbare Mikropartikel von Plastik, wie auch Rückstände aus der Landwirtschaft oder nicht-filtrierte Rückstände aus industriellen Abwässern. Viele wie Trihalogenmethane, Dibromessigsäure, Chloroform, Bisphenol A und diverse per- und polyfluorierte Alkylverbindungen wirken sich nachteilig auf den Hormonhaushalt und gerade auch auf das Testosteron aus.
  5. Fünf Nahrungsergänzungsmittel, die als Testosteron-Booster wirken: Zink, Vitamin D, Tongkat Ali, Bockshornklee, Maca, die allesamt eine lange Tradition als Testosteron- und fruchtbarkeitsfördernde Substanzen besitzen.

Dr. med. Peter Niemann arbeitet als Geriater, Internist und Integrativmediziner vor allem in den USA. Der Autor einer Reihe von Gesundheitsratgebern bietet aber auch Beratungen zu Anti-Aging, Anti-Entzündung, Testosteronmangel und vielen anderen Themen an.

www.drpeterniemann.de

peterniemann@hotmail.de