Entspannung für Kinder3 einfache Entspannungsübungen für Kinder

Autogenes Training, Yoga, Achtsamkeitsübungen - was für uns Erwachsenen gut ist, daran können auch Kinder Spaß haben und davon profitieren.

drei Kinder liegen auf dem Boden und strecken die Beine nach oben.
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Kinder können Entspannungstechniken am besten spielerisch lernen.

Psychische Belastungen und überfordernder Stress spielen bei der Entstehung von körperlichen und psychischen Störungen sowie bei Schul- und Lernproblemen bei Kindern eine große Rolle. Es liegt nahe, dass in der Verbesserung der Entspannungsfähigkeit eine wichtige Möglichkeit liegt, um gesundheitsschädlicher Überforderung entgegenzuwirken, stressbedingten Beschwerden vorzubeugen und bereits eingetretene Störungen zu bessern. Chronische Anspannung kann durch regelmäßig praktiziertes Entspannungstraining abgebaut und Disstress in Eustress (s. Kasten) umgewandelt werden.

Eustress versus Disstress
Stressbelastung ist gesundheitlich völlig unbedenklich, solange die Alarmsituation nicht allzu lange anhält, die mobilisierte Energie durch körperliche Aktivität abgebaut wird und es ausreichend Zeit zur Erholung gibt. Um gesund, widerstandsfähig und leistungsfähig zu bleiben, brauchen wir sogar einen (gesunden) Stress, den Eustress, denn bei Unterforderung, bei zu wenig Anregung und Aufregung droht erfahrungsgemäß gesundheitlicher Schaden.
Der krank machende, überfordernde Stress wird auch als Disstress bezeichnet. Unsere moderne, industrialisierte Gesellschaft und die damit verbundene Lebensform haben die Gefahr von Disstress wesentlich erhöht: Die körperlichen Belastungen nehmen ab, während die geistigen, seelischen und nervlichen Belastungen u. a. durch Reizüberflutung (z. B. Fernsehen, Videospiele, Computer, Schulstress, Verkehrsdichte, Lärm) ständig zunehmen.

Entspannung bei Kindern: Ziele, Möglichkeiten, Grenzen

Entspannungstraining fördert das Wohlbefinden und eine gelassene Lebenshaltung. Da schulische Probleme häufig durch Leistungs- und Prüfungsangst sowie durch Überforderungsgefühle zustande kommen, trägt Entspannungstraining erfahrungsgemäß auch in diesem Bereich zu Verbesserungen bei. Entspannt lässt es sich leichter lernen und Prüfungen werden ohne starke Aufregung besser bewältigt. Untersuchungen zeigen, dass Entspannungstraining zu einer »entspannten Aufmerksamkeit« (»relaxed alertness«) beiträgt, die für schulischeLeistungen von großem Vorteil ist.

Seitdem die geschilderten Wirkungen von Entspannungsverfahren wissenschaftlich belegt sind, haben sie bei der Behandlung von Krankheiten sowie beim Abbau von schulischen Problemen an Bedeutung  gewonnen. Dabei ist der Gedanke der Selbststeuerung, Selbstverantwortung und Selbsthilfe wesentlich. Das regelmäßige Üben ist im Sinne eines gesundheitlichen Schutzfaktors ein wichtiger eigener Beitrag, um die seelische und körperliche Gesundheit zu schützen und zu stärken

Verschiedene Methoden, die sich auch für Kinder eignen

Es wurden verschiedene psychologische Verfahren entwickelt, die zu erholsamer, vertiefter Ruhe führen. In Deutschland ist das Autogene Training nach Professor Schultz am bekanntesten, das er hierzulande in den 1920er-Jahren entwickelt hat. Etwa zeitgleich hat Dr. Edmund Jacobson die »Progressive Relaxation« als Entspannungsmethode in den USA vorgestellt, die dort heute einen sehr hohen Bekanntheitsgrad hat.

Allerdings wird das Entspannungstraining nach Jacobson – anders als das Autogene Training – heute kaum noch in der ursprünglichen Form praktiziert. Da es gemäß der Originalmethode recht kompliziert und zeitaufwendig war, sind viele Abwandlungen vorgeschlagen worden. Es wurden auch unterschiedliche Namen für diese Art des Entspannungstrainings genutzt. In Deutschland werden statt des ursprünglichen Namens häufig die Begriffe »Tiefmuskelentspannungstraining (TME)« oder »Progressive Muskelentspannung (PME)« verwendet.

Neben dem Autogenen Training (AT) und der Progressiven Relaxation (PR) gibt es weitere Methoden, die eine vertiefte Entspannung zum Ziel haben: z. B. Funktionelle Entspannung, Yoga, meditative Verfahren und Zapchen. Die meisten wissenschaftlichen Untersuchungsergebnisse liegen für AT, PR und Yoga vor.

Was bewirkt Entspannungstraining?

Obwohl die verschiedenen Entspannungsmethoden auf recht unterschiedlichen  Vorgehensweisen beruhen, führen sie zu ähnlichen Ergebnissen. So liegen beispielsweise für Autogenes Training und Progressive Relaxation Vergleichsuntersuchungen vor, die bei beiden Methoden sowohl in körperlicher als auch in seelischer Hinsicht weitgehend ähnliche Veränderungen fanden.

Körperliche Veränderungen:

  • Atmung: verlangsamte, gleichmäßige Atmung, verminderter Sauerstoffverbrauch 
  • Herz-Kreislauf-System: Absinken von Herzfrequenz und Blutdruck (vor allem bei erhöhtem Blutdruck) 
  • Muskulatur: Entspannung der Skelettmuskulatur 
  • Haut: Veränderungen der elektrischen Hautleitfähigkeit
  • Gehirn: Veränderungen der elektrischen Hirnaktivität (im EEG sind Veränderungen festzustellen, die auf eine geistige Ruhigstellung hindeuten)

Veränderungen in Psyche und Verhalten:

  • Veränderungen im Gefühlsbereich: Intensität von unangenehmen Gefühlszuständen werden gedämpft, Ärger, Wut und Angst abgebaut, angenehme Empfindungen treten in den Vordergrund 
  • Veränderungen der Konzentrationsfähigkeit und des Denkens: Konzentration auf die eigene Person, störende Außengeräusche können ausgeblendet werden 
  • Veränderungen im Verhalten: Verringerung von motorischer Unruhe und Hyperaktivität

Entspannungstraining und Schlaf:
Häufig wird angenommen, dass das Entspannungstraining zum Schlaf führen soll. Das ist jedoch nicht das unmittelbare Ziel. Vielmehr geht es um einen bewussten, vertieften Ruhezustand, der  gewissermaßen zwischen dem Wachbewusstsein und dem Schlaf liegt. Die Übenden lernen mit der Zeit immer besser, in diesem Schwebezustand zwischen Wachen und Schlafen zu bleiben. Sie sind dann in der Lage, selbst in einem tiefen körperlichen und psychischen Ruhezustand nicht ungewollt einzuschlafen.

Was können Kinder mit Entspannungstraining erreichen?

Neben den bereits erwähnten Vorteilen von Entspannungstraining sollen hier noch einige weitere erwähnt werden.

Abbau von psychovegetativen Beschwerden:
Positive Ergebnisse sind vor allem bei Störungen zu erreichen, die durch psychische Belastungen und Disstress ausgelöst oder verschlimmert werden, beispielsweise nervöse Magen-, Darm- und Kreislaufbeschwerden, sowie Spannungskopfschmerzen, die bei Kindern sehr verbreitet sind. Spannungskopfschmerzen beruhen meist auf Verspannungen der Muskulatur im Nacken- und Schulterbereich. Muskelverspannungen können aber auch zu Schmerzen in anderen Körperbereichen, insbesondere an der Wirbelsäule führen.

Entspannungstraining bewirkt meist eine zunehmende Gelassenheit, die Kindern einen verbesserten Umgang mit den Belastungen des häuslichen und schulischen Alltags und eine günstigere  Stressbewältigung ermöglicht. Dies wirkt sich in aller Regel harmonisierend auf das vegetative Nervensystem aus und hilft, Fehlregulationen abzubauen. 

Die zunehmende Gelassenheit wirkt sich günstig auf den Schlaf aus, sodass Ein- und Durchschlafstörungen abklingen können.

Stärkung der Abwehr- und Selbstheilungskräfte:
Regelmäßiges Entspannungstraining wirkt sich günstig auf das Immunsystem aus und stimuliert die Selbstheilungskräfte des Körpers. Durch entsprechende Übungen können Kinder die Abwehrkraft des Immunsystems stärken, sodass sie weniger anfällig gegen Infektionserkrankungen sind.

Positive Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System:
Studien zeigen, dass sich durch Entspannungstraining ein erhöhter Blutdruck senken lässt. Ebenfalls hat Entspannungstraining eine deutliche positive Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System.

Sport, Spiel, Wohlbefinden:
Durch Entspannungstraining lassen sich das Wohlbefinden und der gesundheitliche Wert von sportlichen und spielerischen Aktivitäten deutlich steigern. Laufen, Fahrradfahren, Schwimmen, Squash, Tennis, Badminton usw. lassen sich sehr gut mit Entspannungstraining kombinieren. Erholungsphasen nach dem Sport eignen sich hervorragend für Entspannungsübungen, wodurch die Regeneration entscheidend gefördert wird. Der gesundheitliche Wert von Sport wird durch Entspannungstraining noch gesteigert, sodass diese Kombination geradezu ideal ist.

Locker mehr leisten:
Für Kinder, die an sportlichen Wettkämpfen teilnehmen, ergibt sich nicht selten das Problem, dass sie  übermotiviert sind oder unter Versagensängstenleiden. Hierdurch verlieren sie oft ihre Lockerheit und verkrampfen, sodass ihre Leistungsfähigkeit im Wettkampf leidet.  In manchen Fällen wird scherzhaft von Trainingsweltmeistern gesprochen, wenn die Leistungen im Wettkampf deutlich niedriger als im  Training sind. Bei den meisten Sportarten ist es wichtig, die Muskulatursehr gezielt anspannen zu können. Sportliche Höchstleistung bedeutet, dass nur die für den jeweiligen Bewegungsablauf  notwendige Muskulatur angespannt wird, während die übrige Muskulatur möglichst gut entspannt wird. Versagensängste und verbissenes Gewinnenwollen führen daher leicht zu Verkrampfungen, die eine gute Leistung blockieren. Aber nicht nur die Leistungsfähigkeit kann durch Verkrampfungen beeinträchtigt werden. Es steigt mitmangelnder Lockerheit und Geschmeidigkeit auch das Verletzungsrisiko.

3 Entspannungsübungen für Kinder

Ihre ursprüngliche Fähigkeit zur Achtsamkeit geht den meisten Kindern im Laufe der Zeit verloren. Wenn Kinder in die Schule kommen und mit dem Vergleichen, dem Bewerten, den vielen neuen Eindrücken aufgrund von Medienkonsum und Lernstoff  überfl utet werden, verändert sich ihre Wahrnehmung von sich selbst und ihrer Umgebung. Eine Neigung zu Ablenkbarkeit, Konzentrationsmängeln und grüblerischen Selbstzweifeln ist weit verbreitet. Auch  die zahlreichen Routinehandlungen des Alltags lassen die Achtsamkeit untergehen. Automatismen erleichtern zwar den Alltag, aber sie können unsere Aufmerksamkeit lähmen.

Auch für Kinder ist es daher sehr wertvoll, innere Stille und wache Präsenz zu kennen und abrufen zu können. So kann es hilfreich sein zu lernen, bei starken Emotionen für einen Moment die Augen zu schließen, tief zu atmen und Gefühle anzuerkennen, anstatt sie zu  verdrängen. 

Diese Übung bieten folgende Vorteile: 

  • Durch verbesserte Achtsamkeit können das Wohlbefinden, die körperliche und seelische Gesundheit gefördert werden.
  • Die in kurzer Zeit durchführbaren Übungen können als Sofortmaßnahme zur Stressbewältigung dienen.
  • Achtsamkeitsübungen sind zur Einstimmung und Förderung von Entspannungsverfahren sehr gut geeignet.

 

Mit diesem Spiel können Konzentration  und Körperwahrnehmung geschult werden. Es sollen leichte Berührungen erspürt und möglichst genau lokalisiert werden. Ein Erwachsener oder ein Kind berühren ein mit geschlossenen Augen sitzendes oder liegendes  Kind sanft mit einem Finger. Dieses zeigt daraufhin auf die Stelle, die berührt worden ist. Wie gut ist es in der Lage, die genaue Berührungsstelle zu zeigen? 

Anleitung:

  • Augen schließen
  • Eine Stelle am Körper (Arme, Oberkörper) wird mit dem Finger sanft angetippt.
  • Mit geschlossenen Augen soll das Kind mit den Fingern möglichst genau die Berührungsstelle zeigen.
  • Wiederholung mit weiteren Stellen.
  • Als Variante für ältere Kinder können auch zwei Stellen nacheinander oder gleichzeitig angetippt werden.

Das Spiel kann auch leicht abgewandelt werden, sodass Berührungen auf Unterarm und Armbeuge gespürt und möglichst genau lokalisiert werden sollen. Ein Erwachsener oder ein Kind berühren ein mit geschlossenen Augen sitzendes oder liegendes Kind sanft mit einem Finger an der Innenseite eines Unterarms. Der Finger wandert dabei tippend vom Handgelenk in Richtung der Armbeuge. Das Kind soll die Augen öffnen, sobald es das Gefühl hat, dass die Armbeuge erreicht ist. Wie gut ist es in der Lage, die genaue Berührungsstelle zu lokalisieren?

Seit Jahren ist Yoga bei Erwachsenen bekannt und beliebt. Auch für Kinder finden sich zahlreiche Übungen, die altersentsprechend angeleitet werden können.

Ein wichtiges Ziel der Yoga-Übungen besteht darin, den Körper beweglich und frei von Verspannungen zu erhalten bzw. wieder in einen solchen Zustand zu führen. Da Körper und Seele aufeinander wirken, gibt es einen Zusammenhang zwischen körperlicher Haltung und seelischer Befindlichkeit. Umgekehrt können gezielt eingenommene Haltungen positiv auf die jeweilige Gefühlslage und die Stimmung sowie auf Konzentrations- und Denkprozesse einwirken. Man könnte als Ziel formulieren: In einem gesunden, beweglichen Körper wohnt ein gesunder, freier Geist.

Die meisten Kinder üben erfahrungsgemäß gerne Yoga, weil dadurch ihrem spielerischen Bewegungsdrang neue Möglichkeiten der körperlichen Selbsterfahrung und Entwicklung geboten werden. Regelmäßig durchgeführte Yoga-Übungen bieten auch einen Schutz vor körperlichen und seelischen Beschwerden aufgrund von Bewegungsmangel und Reizüberflutung. Körperwahrnehmung und motorische Koordination werden verbessert, Muskulatur und Gleichgewichtssinn trainiert, Flexibilität und Durchblutung gefördert. Das Wechselspiel von Anspannung und Entspannung der Muskulatur in den Yogaübungen führt zu einer verbesserten Wahrnehmung von Verspannungen und deren Lösung.

Was ist Yoga? Kurz gefasste Erläuterung für Kinder
Yoga kommt aus Indien. Beim Yoga geht es um Übungen, die dem Körper und der Seele guttun. Jeder kann diese Übungen machen und sie machen viel Spaß. Hinterher fühlen sich die Arme, der Rücken, die Beine und der ganze Körper gut an. Außerdem sind wir dann ruhiger und entspannter. Wenn wir regelmäßig üben, dann werden wir stärker und gelenkiger. Yoga ist gut für die Gesundheit und wir können leichter lernen.

Das Grundprinzip Anspannung und Entspannung bei der PR

  • Muskeln jeweils für etwa 5–10 Sekunden anspannen.
  • Die Anspannung soll deutlich spürbar sein, ohne in übermäßige Anstrengung oder gar Verkrampfung überzugehen.
  • Möglichst normal weiteratmen.
  • Nach etwa 5–10 Sekunden die Spannung wieder vollständig lösen.
  • Für etwa ein halbe Minute ausruhen.
  • Dabei auf die Empfindungen in den jeweiligen Muskeln achten.
  • Besonders die Veränderungen in den Empfindungen erspüren, die auf die vollständige Lösung der Muskeln folgen.

Was ist im Kinder-Yoga anders?

Erwachsene entscheiden sich aus unterschiedlichen Gründen meist selbst, einen Yogakurs zu besuchen. Kinder entscheiden sich dagegen meist nicht selbst für Yoga, sondern Eltern, Erzieher oder Pädagogen bringen ihnen diese Methode nahe. Insbesondere Eltern sind oft daran interessiert, dass sich Konzentrations- und Lernfähigkeit ihrer Kinder bessern.

Erwachsene erwarten in aller Regel rationale Erklärungen und Anleitungen, die sie meist auch bekommen. Bei Kindern geht es eher um einen fantasievoll-kreativen und spielerischen Umgang mit den Übungen, die schon durch die Namen zur Nachahmung motivieren. Die ursprünglich mit dem Yoga verknüpfte spirituelle Entwicklung hat heute für die meisten erwachsenen Kursanfänger kaum eine Bedeutung. Dies gilt natürlich noch stärker für Kinder. Die Yoga-Übungen kommen aber dem Bewegungsbedürfnis der Kinder sehr entgegen. Insbesondere für Kinder zwischen 4 bis 12 Jahren ist es für die Gehirnentwicklung wichtig und förderlich, sich selbst in Bewegung zu erfahren.

Für welches Alter eignen sich Yoga-Übungen?

Es hängt von der Übungssituation ab, ab welchem Alter Kinder Yoga üben können. In der Familie mit Mama und Papa können schon einjährige Kinder spielerisch damit vertraut gemacht werden. Kinder lieben es, das Verhalten von Erwachsenen nachzuahmen. Auf diese Weise können bereits einfache Yogaübungen spielerisch und mit Spaß gemeinsam geübt werden. Dies gilt prinzipiell sogar für das Babyalter. In Indien werden schon Babys an einfache Yogahaltungen herangeführt. Allerdings kann natürlich bei Kindern, die jünger als 3 Jahre sind, nicht erwartet werden, dass sie schon eigenständig Yogaübungen durchführen. Die Teilnahme an einem Kurs oder an einem angeleiteten Angebot, zum Beispiel in der Kindertagesstätte, kann ab etwa 3 Jahren erfolgen.

Im Märchenwald gibt es einen großen Berg. Diesen Berg stellst Du nun dar.

  • Stelle Dich mit etwas auseinandergestellten Beinen aufrecht hin und strecke die Arme nach oben. Lege die Handinnenflächen aneinander. Versuche, Dich dabei zu fühlen wie ein großer, hoher Berg. Spüre die feste Verbindung zur Erde und stehe da, so groß und stark wie ein hoher Berg.
  • Am Gipfel des Berges weht ein kräftiger Wind. Atme durch die Nase ein und lasse das Windgeräusch beim Ausatmen mit einem langen »Pfffff« entstehen. Durch den Wind werden die Wolken weggeblasen und die Sonne strahlt ganz hell.
  • Um die Sonne darzustellen, führe die Arme kreisförmig von innen nach außen und nach unten. Bringe die Hände dann vor der Brust in der Gebetshaltung zusammen (Handinnenflächen zusammen). Nun strahlt die Sonne im Märchenwald. Auch dein Gesicht darf strahlen und lächeln.
  • Lasse die Arme dann locker herabhängen und spüre, wie gut sich deine Beine und Arme anfühlen und wie ruhig dein Atem geht.

Im Wald gibt es viele Bäume. Ganz große und alte und auch kleine, junge Bäume. Bevor ein Baum ganz hoch und stark wird, ist er erst einmal eine kleine Pflanze.

  • Nun gehe einmal in die Hocke. Jetzt bist Du ein kleiner Baum, der im Märchenwald wächst und größer und stärker wird. Und langsam streckt sich der kleine Baum dem Sonnenlicht entgegen.
  • Nun komme langsam aus der Hocke in den Stand. Der Baum wird immer größer und stärker. Die Füße des Baums stehen fest auf dem Waldboden. Spüre, wie deine Füße fest auf dem Boden stehen.  Und der Baum bekommt immer stärkere Wurzeln. Dadurch steht der Baum immer fester auf der Erde.
  • Spüre, wie Du ganz fest auf dem Boden stehst. Spreize deine Zehen auseinander. Verlagere dein Gewicht abwechselnd auf die Zehen und dann auf die Fersen. Nun rolle mit einem Fuß von den Zehen  über die Außenkante des Fußes zur Ferse und zurück. Wiederhole dies einige Male. Dann ist der andere Fuß dran. Auch diesen Fuß von den Zehen über die Außenkante zur Ferse rollen.
  • Die Wurzeln des Baumes wachsen tiefer in den Boden und werden immer stärker. Der Baum steht fester und fester auf dem Waldboden. Spüre deine Füße wie sie fest und stark auf dem Boden stehen.

Der Begründer des Autogenen Trainings (AT), Arzt und Psychotherapeut Johannes Heinrich Schultz, erarbeitete einige kurze Sätze, die er als Übungsformeln bezeichnete und die verschiedene Aspekte einer erwünschten Umschaltung in einen vertieften körperlichen und seelischen Ruhezustand beschreiben. Diese Übungsformeln werden beim AT innerlich gesprochen oder gedacht oder werden sich bildhaft oder gesprochen vorgestellt.

Was ist AT? Kurz gefasste Erläuterung für Kinder
Autogenes Training bedeutet übersetzt »Selbermach-Training». Wir können damit lernen, uns möglichst gut und tief zu entspannen. Das fühlt sich gut an und macht stark. Wir stellen uns einfache, kurze Sätze vor, die mit Ruhe und Entspannung zu tun haben. Dadurch fühlen wir uns lockerer und entspannter. Die lockere und relaxte Stimmung wirkt auch auf unseren Körper. Unsere Muskeln entspannen sich, Atmung und Herz werden ruhiger. Es kann auch sein, dass sich Arme und Beine angenehm schwer und warm anfühlen. Entspannt zu liegen oder zu sitzen ist  angenehm und erholsam. Wir können auf diese Weise neue Kraft tanken und insgesamt gelassener werden.

Was ist beim AT für Kinder anders?

Anders als Erwachsene entscheiden Kinder sich meist nicht selbst dafür, AT zu erlernen. Vielmehr bringen ihnen Eltern, Erzieher, Pädagogen diese Methode nahe. Insbesondere Eltern sind oft daran interessiert, dass sich Entspannungsfähigkeit, Konzentrationsund Lernfähigkeit ihrer Kinder bessern.

Erwachsene erwarten in aller Regel rationale Erklärungen und Anleitungen. Zwar sollten die Prinzipien des AT den Kindern in kindgerechter Weise erläutert werden, aber ein rein sachliches Herangehen wird zu langweilig sein und kaum zum Mitmachen motivieren. Spiel, Spaß und Bewegung sollten nicht zu kurz kommen.

Für welches Alter ist AT geeignet?

Das Standardprogramm des AT, das ursprünglich für Erwachsene konzipiert wurde, kann in der Regel ab dem Alter von 9–10 Jahren erfolgreich eingesetzt werden. Kinder sind dann schon in der Lage, das Wirkungsprinzip bei kindgerechter Erklärung zu verstehen. Das Verständnis des Vorgehens ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Kinder auch willens und in der Lage sind, die Übungen  durchzuführen.  

Langjährige Erfahrungen zeigen, dass Kinder im Alter zwischen 10 und 14 Jahren dasStandardprogramm des AT besonders gut erlernen können. Sie berichten oft schneller als Erwachsene von intensiven Entspannungserlebnissen. Möglicherweise liegt dies an ihrer besonders intensiven bildhaften Vorstellungskraft. Erfahrungen mit jüngeren Kindern zeigen, dass erhöhte Ablenkbarkeit und Fluktuationen der Aufmerksamkeit dem Üben oft im Weg stehen.

Die Altersangaben sind bloß ein grober Anhaltspunkt. Es kommt weniger auf das erreichte Alter als auf den Entwicklungsstand eines Kindes an. Manche 8-Jährige sind durchaus bereits in der Lage, Sinn und Durchführungsart des AT zu verstehen, und bringen die notwendige Geduld sowie Konzentration für die Übungen mit.

Der folgende Anleitungstext ist so aufgebaut, dass zunächst einige Bemerkungen zur Körperhaltung und zum Augenschluss gemacht werden. Dieser Vorbereitungstext kann nach einigen Wiederholungen und zunehmender Vertrautheit gekürzt und schließlich weggelassen werden. Im Anleitungstext geht es um die Rückenlage, die sich insbesondere bei jüngeren Kindern als günstig erwiesen hat. Falls in einer sitzenden Haltung geübt werden soll, ist der Text entsprechend zu modifizieren.

Die jeweilige Formel wird 1–3-mal vorgesprochen. Sie soll von den Kindern dann wiederholt vergegenwärtigt, also innerlich vorgesprochen oder gedacht oder gesprochen oder geschrieben vorgestellt werden. Falls die Gedanken abschweifen, sollte man dies gelassen zur Kenntnis nehmen und zur Formel zurückkehren. Genauso kann man bei störenden Geräuschen verfahren. Insbesondere für jüngere Kinder (ab ca. 4–5 Jahren) ist eine klare Vorgabe hilfreich, weshalb es im Anleitungstext beispielsweise  für die Ruheformel heißt: »Nun sage Dir innerlich, leise dreimal: Ich bin ganz ruhig.«

AT-Übung: Ruhe

Vielleicht magst Du Dir etwas vorstellen, das mit Ruhe und Wohlfühlen zu tun hat. Vielleicht ist es ein schöner Ort oder eine schöne Situation, die Ruhe und Wohlbefinden ausstrahlt. Vielleicht ein beruhigender Ort in der Natur oder ein schönes Erlebnis. Nun sage Dir innerlich, leise (mehrmals, 3-mal): 

»Ich bin ganz ruhig.« 

Nach 1–2 weiteren Minuten schließt sich die nächste Übung an oder die Übung wird durch das Rücknahme-Ritual beendet (z. B. nach der ersten Übungsstunde). Die Formel für die Rücknahme lautet:  »Arme fest, Atmung tief, Augen auf«. Diese Formel wird begleitet von kräftigem Beugen und Strecken der Arme sowie tiefem Durchatmen. 

Warum und wie? Die von Professor Schultz vorgeschlagene Formel für die sogenannte Ruhetönung lautet: »Ich bin ganz ruhig.« Sie wird auch so für das Kinder-AT übernommen. Es geht hierbei um eine Art Einstimmung auf die Übung. Vor der Übung wird mit den Kindern darüber gesprochen, was Ruhe bedeutet. Wann und wie haben sie schon Ruhe erlebt? Wie hat sich das angefühlt? Die Einfälle hierzu werden gesammelt. Für den Entspannungsprozess kann es auch förderlich sein, gemeinsam Ruhe-Bilder zu malen (z. B. Blumenwiese, Bäume).

AT-Übung: Schwere

Wenn sich die Muskeln in den Armen und Beinen ganz entspannen, dann können sich die Arme und Beine angenehm schwer anfühlen. Vielleicht magst Du Dir vorstellen, dass sich die Arme und die Beine angenehm schwer anfühlen. Vielleicht magst Du Dir etwas Schweres vorstellen, wie zum Beispiel einen großen Stein oder ein großes Tier. Nun sage Dir innerlich, leise (mehrmals, 3-mal): 

»Arme schwer«

Nach 1–2 weiteren Minuten schließt sich die nächste Übung an oder die Übung wird durch das Rücknahme-Ritual beendet. Die Formel für die Rücknahme lautet: »Arme fest, Atmung tief, Augen auf«. Diese Formel wird begleitet von kräftigem Beugen und Strecken der Arme sowie tiefem Durchatmen. 

Warum und wie? Die Formel für die Schwere-Übung wird bewusst kurz gefasst und lautet: »Arme schwer«. Wenn in der Entspannung ein angenehmes Gefühl von Schwere in den Armen und Beinen auftritt, hängt dies in aller Regel mit einer Entspannung der Muskulatur zusammen. Dieses Phänomen ist vielen Menschen aus Alltagssituationen bekannt. Beispielsweise kommt es nach längeren  sportlichen Aktivitäten oder Spaziergängen vor, dass sich der ganze Körper angenehm schwer anfühlt und man aus einem gemütlichen Sessel kaum aufstehen mag. 

Messungen der Muskelspannung zeigen, dass diese bei den Übungen des AT in aller Regel abnimmt. Dabei tritt ein generalisierender Effekt ein. Nicht nur die angesprochenen Muskeln der Arme, sondern auch andere Muskelgruppen des Körpers entspannen sich. Dementsprechend kann die Formel kurz gehalten werden, da sie – obwohl nur die Arme angesprochen sind – auf den ganzen Körper wirkt. 

Die  Übung kann spielerisch vorbereitet werden. Unterschiedlich große und schwere Steine können den Kindern in die Hand gegeben werden. Welcher Stein ist der schwerste? Welcher Stein folgt dann? Auf diese Weise können die Steine entsprechend dem Gewicht in eine Rangfolge gebracht werden. 

Ältere Kinder könnten auch das Gewicht in Gramm oder Kilogramm schätzen, wobei man die Schätzungen  mithilfe einer Waage überprüfen kann. Auf diese Weisewird den Kindern das Gefühl Schwere stärker bewusst gemacht. Eine weitere Möglichkeit besteht darin,  gemeinsam zu überlegen, welche schweren Tiere es gibt. Dann dürfen die Kinder diese Tiere in ihren Bewegungen und Lauten nachmachen. Das von einem Kind dargestellte Tier kann auch von den anderen Kindern erraten werden.

Hohe Anforderungen in der Schule, Freizeit-Stress am Nachmittag und immer "on" am Smartphone oder Computer. Unruhe, Konzentrationsschwierigkeiten oder Schlafstörungen sind die Folge. Gerade Kinder brauchen Ruhe-Inseln im hektischen Alltag. Diese schaffen Sie durch spontane Achtsamkeits-Momente am Familientisch oder beim Kuscheln auf dem Sofa. Aber am besten hilft Ihrem Kind eines der bewährten Entspannungsverfahren, das es wie ein Stress-Schutzschild nachhaltig resilient macht. In dem Buch "Entspannung für Kinder" von Dipl.-Psychologe und Psychologischem Psychotherapeut Dr. Dietmar Ohm erfahren Sie alles über kindgerechte Entspannungsmethoden und Anleitungen zu Übungen.

Dr. Dietmar Ohm, Dipl.-Psychologe und Psychologischer Psychotherapeut, arbeitet in eigener Praxis in Lübeck und ist als Dozent und Supervisor der Akademie für Medizinische Fortbildung der Ärztekammer Schleswig-Holstein tätig. Seine Tätigkeitsfelder umfassen neben Psychotherapie und psychologischer Schmerzbewältigung auch Gesundheitspsychologie und Entspannungsverfahren. Dr. Ohm war langjähriger Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Entspannungsverfahren (DG-E) und ist Mitglied wissenschaftlicher Kommissionen der DG-E.