Geschätzt 1,5 bis 2 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Vorhofflimmern. Die Herzrhythmusstörung macht sich mit spürbaren Beschwerden wie Herzstolpern und unregelmäßigem oder chaotischem Herzschlag bis zum Hals, Druckgefühl im Brustkorb, Angst, Luftnot, Schwindelgefühl oder Leistungsschwäche bemerkbar. Bei den anderen tritt Vorhofflimmern ohne Symptome oder größere Beschwerden auf.
„Wird die Rhythmusstörung allerdings nicht erkannt, beziehungsweise nicht behandelt, kann es zu schwerwiegenden Folgen wie Schlaganfall oder Herzmuskelschwäche kommen“, warnt der Kardiologe PD Dr. Gerian Grönefeld vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung. „Gerade ein Schlaganfall trifft oft Menschen mit Vorhofflimmern, die von ihrer Herzrhythmusstörung gar nichts wissen und somit auch nicht die schützende Therapie zur Blutgerinnungshemmung erhalten haben.“
20 bis 30 % der (ischämischen) Schlaganfälle in Deutschland gehen auf Vorhofflimmern zurück. Heute weiß man aufgrund vieler Untersuchungen, dass sich bei Vorhofflimmern durch die gestörte Herzbewegung und Umbauprozesse im Herzen die fein austarierte Balance der natürlichen Gerinnungsfähigkeit des Blutes in Richtung einer lebensbedrohlichen Gerinnselbildung verschiebt, wie die Deutsche Herzstiftung anlässlich der bundesweiten Herzwochen berichtet. Diese widmen sich in diesem Jahr dem Motto „Turbulenzen im Herz“. Unter www.herzstiftung.de/herzwochen bietet die Herzstiftung Patienteninformationen mit Herzwochen-Begleitbroschüre „Zurück in den Takt“, Podcasts, Video-Clips und Veranstaltungs-Tipps zu Vorhofflimmern.
Erhöhtes Schlaganfallrisiko: Was ist zu tun?
„Der Schlaganfall ist die größte Gefahr, die vom Vorhofflimmern ausgeht. Vor allem ältere Patienten über 65 Jahre, bei denen gehäuft Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes und koronare Herzkrankheit auftreten, haben ein hohes Risiko, Vorhofflimmern zu bekommen und sollten sich regelmäßig daraufhin untersuchen lassen“, empfiehlt Grönefeld.
Die Deutsche Herzstiftung empfiehlt älteren Menschen über 65 Jahren und Herzkranken, regelmäßig ihren Puls zu messen oder zu fühlen. „Ist der Puls unregelmäßig oder liegt er in Ruhe über 100 Schläge pro Minute, sollte man zeitnah seinen Arzt aufsuchen, um klären zu lassen, ob Vorhofflimmern vorliegt“, so Grönefeld.
4 Warnzeichen für einen Schlaganfall: FAST-Test
Aufgrund der unregelmäßigen elektrischen Aktivierung schlagen die flimmernden Herzvorhöfe nicht mehr koordiniert. Das Blut staut sich in den Vorhöfen und es bilden sich kleine Blutgerinnsel, besonders häufig in einer Ausbuchtung im linken Vorhof (sog. Herzohr). Werden diese ausgeschwemmt und gelangen mit dem Blutstrom in den Kopf, können sie ein Hirngefäß verstopfen: Es kommt zum Schlaganfall. Für die betroffene Person zählt jetzt jede Minute. Wer eins oder mehrere der unten aufgeführten Schlaganfallsymptome bei sich oder einer anderen Person bemerkt, sollte sofort den Rettungsdienst (Notruf 112) alarmieren.
Um keine Zeit zu verlieren, lässt sich mit dem FAST-Test rasch abklären, ob der dringende Verdacht auf einen Schlaganfall besteht.
- F (Face = Gesicht): Bitten Sie die betroffene Person zu lächeln. Sieht das Gesicht asymmetrisch aus? Hängt ein Mundwinkel herab? Der Schlaganfall kann die Gesichtsmuskeln beeinträchtigen.
- A (Arms = Arme): Kann die betroffene Person beide Arme gleichzeitig nach vorne heben und die Handflächen nach oben drehen? Sinkt ein Arm herab, dreht er sich, hängt ein Arm tiefer? Bei einem Schlaganfall können die Arme nicht gehoben werden; es fällt auch schwer, die Arme so zu koordinieren, dass die Handflächen nach oben zeigen.
- S (Speech & Sight = Sprache & Sehfähigkeit): Lassen Sie die betroffene Person einen einfachen Satz nachsprechen. Kann sie die Worte korrekt wiederholen? Klingt die Sprache undeutlich oder verwaschen? Der Schlaganfall kann das Sprachzentrum im Gehirn stören. Auch anhaltende Sehstörungen, Doppelbilder oder starker Schwindel sind verdächtig.
- T (Time = Zeit): Hat ein Mensch mit einer dieser Aufgaben Probleme, rufen Sie sofort den Notarzt (112) an. Teilen Sie der Leitstelle den Verdacht auf einen Schlaganfall mit, damit der Arzt vorab informiert ist und schnelle Hilfe leisten kann.
Nicht immer kommt der Schlaganfall plötzlich
Oft treten einzelne Symptome bereits Tage oder Wochen vorher auf, verschwinden aber nach kurzer Zeit wieder. Meist handelt es sich um fast die gleichen Symptome wie bei einem Schlaganfall. Herzpatient*innen sollten die Anzeichen dieser Transitorischen Ischämischen Attacke (TIA) kennen. Diese sind als Notfall zu werten und es sollte sofort der Notruf 112 gewählt werden.
Begleiterkrankungen konsequent behandeln
Wichtigste erste Maßnahme nach der Diagnose Vorhofflimmern ist die Behandlung mit einem gerinnungshemmenden Medikament. Heute werden bei neu diagnostiziertem Vorhofflimmern in erster Linie die neuen/direkten oralen Antikoagulanzien (NOAK/DOAK) Dabigatran, Apixaban, Edoxaban oder Rivaroxaban verordnet. Nur noch wenige Patient*innen benötigen die Vitamin-K-Antagonisten aus der Wirkstoffgruppe der Cumarine (z.B. Marcumar oder Falithrom). Diese vorbeugende Therapie wird allerdings nicht per se allen Patient*innen mit Vorhofflimmern verordnet, sondern auf Grundlage des individuellen Schlaganfallrisikos. Dieses wird mithilfe des sog. CHA2DS2-VASc-Score bestimmt. Risikorelevante Punkte sind z. B. Herzschwäche, Bluthochdruck, Diabetes, weibliches Geschlecht und fortgeschrittenes Alter (über 65 Jahre) sowie ein Schlaganfall in der Vergangenheit.
Neben der Einnahme gerinnungshemmender Medikamente ist es ebenso wichtig, die Grund- oder Begleiterkrankung der Vorhofflimmerpatient*innen konsequent zu behandeln. Neben Bluthochdruck fallen darunter insbesondere die koronare Herzkrankheit (KHK), Herzklappenerkrankungen, Herzschwäche, Diabetes, Schilddrüsenüberfunktion, COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung), das Schlafapnoesyndrom und Fettleibigkeit/Übergewicht.
Bluthochdruck: häufigste Ursache von Vorhofflimmern
Bei ca. 60 % der Patient*innen mit Vorhofflimmern liegt Bluthochdruck vor. Eine Erweiterung des linken Vorhofs ist ein erstes Zeichen dafür, dass das Herz durch den hohen Blutdruck bereits geschädigt ist. Hochdruckpatient*innen sollten ihren Blutdruck und Puls regelmäßig messen und therapeutisch gut eingestellt sein, um ihr Schlaganfallrisiko zu minimieren. So kann bei einem Bluthochdruck die Senkung des oberen Wertes um nur 10 mmHg das Schlaganfallrisiko um mehr als 20 % verringern.
„Patient*innen mit Bluthochdruck und Vorhofflimmern sind zweifach belastet: Zum einen erhöht der Bluthochdruck aufgrund der Gefäßbelastung selbst das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko, zum anderen besteht durch das Vorhofflimmern die Gefahr, dass sich Blutgerinnsel bilden, die wiederum einen Schlaganfall auslösen können“, betont Grönefeld.
Regelmäßig Puls messen
Herz-Kreislauf-Patient*innen sowie Gesunde ab 65 sollten regelmäßig zu Hause ihren Puls messen. So können sie ihr Schlaganfallrisiko senken. Unbemerkte Pulsunregelmäßigkeiten zeigen sich häufig schon bei der automatischen Blutdruckmessung mit elektrischen Messgeräten, man kann aber auch ganz einfach selbst 2- bis 3-mal täglich seinen Puls fühlen.
Einige moderne Armbanduhren können den Puls regelmäßig messen und Auffälligkeiten anzeigen. Wearables oder Smartwatches mit Pulsmess- und EKG-Funktion sowie spezielle Apps fürs Smartphone werden ständig weiterentwickelt. Sie ermöglichen zunehmend, auch ein Vorhofflimmern direkt zu dokumentieren und dem Arzt oder der Ärztin zu senden. Allerdings sollte die Dokumentation der Wearables stets nochmals von ärztlicher Seite beurteilt werden, um die richtige Diagnose zu stellen, rät die Deutsche Herzstiftung.
Infomaterial und kostenfreie Ratgeber der Deutschen Herzstiftung
Vorhofflimmern: www.herzstiftung.de/vorhofflimmern
Schlaganfallprävention: www.herzstiftung.de/schlaganfall
Vorhofflimmern und seine Folgen: www.herzstiftung.de/schlaganfall-durch-vorhofflimmern
Pulsmessung: www.herzstiftung.de/puls-messen
Herzwochenbegleitbroschüre: www.herzstiftung.de/bestellung
Quelle: Deutsche Herzstiftung/Deutsche Stiftung für Herzforschung