
"Mit einer starken Mitte kann man tausend Krankheiten heilen" - sagt die Chinesische Medizin.
von Antonie Danz
Bei etwa einem Drittel der Frauen verlaufen die Wechseljahre vollkommen ohne Beschwerden. Liegt jedoch ein Substanzmangel oder ein anderes energetisches Ungleichgewicht vor, treten Beschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen, Gereiztheit, Nachtschweiß, Herzstolpern und innere Unruhe auf.
Diese Beschwerden sind nach der Chinesischen Medizin Ausdruck übermäßiger Hitze. Letztere entsteht durch ein Ungleichgewicht zwischen Substanz (Kerzenwachs) und Aktivität sowie Wärme (Flamme). Die Flamme ist im Vergleich zum Kerzenwachs, der nährenden Kraft, übermäßig groß. Anders ausgedrückt, es wird nicht genügend nährende Substanz für das Maß an Aktivität bereitgestellt. Und wie bei einer realen Kerze auch, wird das Kerzenwachs (Substanz) bei sehr großer Flamme (Aktivität) schneller verbraucht, die Flamme beginnt irgendwann zu flackern und produziert mehr Hitze. Es entstehen also auf verschiedenen Ebenen Unruhezustände und Hitzesymptome.
Die Mitte – Kraft, Vitalität und Balance
Die Mitte steht für das energetische Zentrum des Körpers. Sie ist vorrangig für die Umwandlung der Nahrung in körpereigene Energie und Baustoffe wie Blut, Säfte und Substanz verantwortlich. Die Mitte sorgt für unsere Vitalkräfte, nährt und stärkt Muskeln und Bindegewebe und gibt uns damit Stabilität und Halt. Sie erdet uns, auch auf geistig-emotionaler Ebene. So fördert eine starke Mitte Ruhe und Gelassenheit, klares Denken, gute Konzentrationsfähigkeit und einen erholsamen Schlaf, der die Regeneration unserer Vitalkräfte gewährleistet. Die Mitte steht im übergeordneten Sinne für "Nährung", Kraft, Klarheit, Stabilität und Halt in uns und in der Welt. Alles hat seinen Platz. Wir sind in eine sinnvolle Ordnung eingebunden.
Eine schwache Mitte zeigt sich hingegen unter anderem in Müdigkeit, körperlicher Schwäche, diversen Verdauungsbeschwerden, verminderter Abwehrkraft, schlechter Konzentrations- und Merkfähigkeit sowie vermehrtem Gedankenkreisen und Grübeln. Letzteres resultiert daraus, dass die Mitte nicht nur für die Verdauung der Nahrung zuständig ist, sondern auch Sinneseindrücke und Gedanken quasi "verdauen" muss. Und eine schwache oder überforderte Mitte kann das Aufgenommene – egal in welcher Form, grobstofflich oder feinstofflich – eben nicht gut verdauen. Schwäche, Unordnung sowie ein gestörtes Gleichgewicht, eine Imbalance, sind die deutlichen Anzeichen.
Ernährung, Verdauung, Konzentration und Lernfähigkeit sind nicht voneinander zu trennende Prozesse!
5 Basisempfehlungen für eine starke Mitte
Nachfolgend finden Sie die fünf Basisempfehlungen kurz und verständlich für einen schnellen Überblick einprägsam zusammengefasst.
Gute Verträglichkeit und Für-Sorge genießen
- Regelmäßig warme Mahlzeiten zur Stärkung der Mitte essen.
- Je nach Verträglichkeit, Jahreszeit und körperlicher Aktivität auch etwas Rohkost hinzufügen.
- Sport treiben, der Spaß macht; im Alltag aktiv bewegen.
Saisonal und regional einfach verbinden
- Gemüse und Obst entsprechend der Saison auswählen.
- Frische, vollwertige Lebensmittel, regionalen (Bio-)Anbau und artgerechte Tierhaltung bevorzugen.
- Auf guten, natürlichen Eigengeschmack bei der Auswahl von Lebensmitteln achten.
- Vielfalt genießen und abwechslungsreich essen.
- Einfache Lebensmittelkombinationen in einer Mahlzeit bevorzugen; viele und unnötige Zutaten meiden.
- Pflanzliche Lebensmittel bevorzugen; bei Bedarf tierische Nahrung in kleinen Portionen gezielt einsetzen.
Regelmäßigkeit und Rhythmus beherzigen
- Morgens und mittags mehr, abends weniger essen.
- Am besten vor 19 Uhr essen.
- Möglichst regelmäßige Mahlzeiten zu festen Zeiten.
- Auf ausreichend Pausen (mind. 4 Stunden) zwischen den Mahlzeiten achten.
- Zu den Mahlzeiten nichts oder nur wenig trinken.
- Extreme meiden: zu viel, zu wenig, zu fett, zu spät, zu süß, zu heiß, zu kalt, zu …, die goldene Mitte einhalten.
Achtsamkeit schulen und pflegen
- In Ruhe und angenehmer Atmosphäre essen.
- Im Sitzen und entspannt, nicht im Stehen oder Gehen essen.
- Auf das Essen konzentriert sein, mit allen Sinnen wahrnehmen, ausreichend kauen, nicht während des Arbeitens, nicht nebenbei essen.
Wertschätzende und liebevolle Haltung leben
- Wertschätzende Haltung der Nahrung gegenüber pflegen.
- Vor jedem Essen einen bewussten Moment der Dankbarkeit praktizieren.
- Mit Liebe und Wertschätzung kochen.
Ernährungsempfehlungen für die Wechseljahre
Sofern bei Ihnen keine Beschwerden vorliegen, genügt es, wenn Sie konsequent die Basisempfehlungen (siehe Kasten) beherzigen. Damit stärken Sie gezielt Ihre Mitte und schaffen so eine stabile Basis für einen gelungenen Übergang, für bleibende Vitalität, Gesundheit und Gleichgewicht.
Leichte und mittlere Beschwerden
- Basisempfehlungen umsetzen
- Substanzaufbau pflegen, Hitze sanft kühlen: Hühnerbrühe, kräftigende und harmonisierende Suppen, Hülsenfrüchte, Sojaprodukte, Ziegenkäse, Ziegenmilch/-produkte, Sesam(öl), Leinsamen(öl), Schwarzkümmel(öl), Ghee, Rote Bete, Knollensellerie, Weizentee/-keime, Hirse, Gerste, Dinkel, erfrischende Suppen, Wasser
- folgende Lebensmittel weitestgehend meiden: Alkohol, Kaffee, schwarzer und grüner Tee, Gewürztee, Lammfleisch, scharf gewürzte/gesalzene Lebensmittel und Speisen, Zusatzstoffe
- Extreme meiden (zu viel, zu spät, zu fett, zu kalt, zu heiß …)
- harmonisierende Suppen essen
Beachten Sie neben der Ernährung außerdem die folgenden Aspekte:
- Kosmetika, Lotionen, ... mit Parfüm und Konservierungsstoffen meiden
- Tabakkonsum meiden
- Energiefluss fördern (Yoga, Tanzen, Walken …)
Symptome von Nässe
- Lebensmittel reduzieren/weitestgehend meiden, die zur Produktion von Nässe neigen, wie Kuhmilch, Kuhmilchprodukte, Brot und Backwaren, Süßigkeiten, sehr fette Lebensmittel und Zubereitungsweisen, Fruchtsäfte, Limonaden
- häufiger Reis essen
Starke Beschwerden und Erkrankungen
- gezielte einzeltherapeutische Maßnahme wahrnehmen
Liegen Beschwerden wie Hitzewallungen und Schlafstörungen sowie vermehrte Unruhezustände vor, kann ergänzend ein gezielter Aufbau von Substanz, also Kerzenwachs, Abhilfe schaffen. Das gelingt durch die Zufuhr von Lebensmitteln, die den Aufbau von Substanz besonders fördern. Wählen Sie dazu aus der Liste einfach die Lebensmittel häufiger für Ihren Speiseplan aus, die Sie geschmacklich bereits mögen. Und vielleicht entdecken Sie ergänzend die ein oder andere neue Köstlichkeit für sich. Durch eine Verbesserung des Schlafs können Sie ebenfalls effektiv Substanz aufbauen.
Lebensmittel zum Substanzaufbau
- Hühnerbrühe (lang gekocht)
- kräftigende (Rezept s.u.) und harmonisierende Suppen
- Hülsenfrüchte, vor allem Schwarze Bohnen, Mungbohnen, Azukibohnen, Kidneybohnen, Stangenbohnen
- Sojaprodukte wie Tofu, Tempeh, Sojasprossen und Sojamilch (sofern diese gut vertragen werden und keine Verdauungsbeschwerden oder allergische Reaktionen verursachen)
- Ziegenkäse, Ziegenmilchprodukte
- Sesam(öl), Leinsamen(öl), Schwarzkümmel(öl), Ghee (geklärte Butter)
- Rote Bete, Knollensellerie
- Wasser
- Weizenkeime, Dinkel, Hirse, Gerste
Weizentee
Zubereitung: 2 Esslöffel Weizenkörner in 0,3 Liter Wasser zum Kochen bringen und dann bei geringer Hitze für 20 Min. köcheln lassen. Den Sud abends trinken. Die Weizenkörner können in anderen Speisen (Getreidefrühstück, Suppen, Gemüse etc.) verzehrt werden.
Budwigcreme (nach Dr. Johanna Budwig)
Zubereitung: 2 Esslöffel Magerquark, 1 Esslöffel Leinöl, 1 Esslöffel Leinsamen (ganz), mit 1 Msp Kardamom und 1 Msp Kurkuma verrühren. Einmal pro Tag. Zur optimalen Verträglichkeit Quarkölsamenspeise gut kauen, bis alle Samen zerkaut sind.
Variation: Magerquark durch Ziegenjoghurt ersetzen.
Leckere TCM-Rezepte für die Wechseljahre
Erfrischendes Amaranthfrühstück

Amaranth: Feines Andengewächs, außergewöhnlich im Geschmack.
2 Portionen
15 Min. + 25 Min. Garzeit
- 100 g Amaranth
- 1 Kardamomkapsel
- 250 ml Wasser
- 150 g Beeren
- ¼ TL Kakao
- 1 TL Honig
- 1 EL Sahne oder Sojacreme
Amaranth mehrmals gut mit heißem Wasser waschen, dann in einen Topf geben, Kardamomkapsel zugeben und Wasser angießen. Alles aufkochen und bei kleiner Hitze 25 Min. garen. In der Zwischenzeit die Beeren waschen und am Ende der Garzeit unter den Amaranth heben. Kakao und Honig unterrühren. Zum Schluss etwas geschlagene Sahne zugeben.
Variationen: Statt Beeren können Sauerkirschen oder ein großer saurer Apfel verwendet werden. Amaranth kann durch Quinoa ersetzt werden.
Infos zu Amaranth
- Amaranth ist wie Quinoa kein Getreide, es wird jedoch so verwendet und ist eine der ältesten Nutzpflanzen der Welt. Bereits die Azteken, Inkas und Mayas wussten um seine Essenz aufbauende und Energie stärkende Wirkung.
- Amaranth hat eine kühle thermische Wirkung und einen süßen, leicht bitteren Geschmack.
- Es findet in Frühstückscerealien, in Brot und Gebäck Verwendung und eignet sich ebenfalls gut für herzhafte Getreidegerichte.
Klassischer Haferporridge

Der Klassiker neu aufgetischt. Immer wieder gut!
2 Portionen
10 Min. + 20 Min. Garzeit
- 1 TL Ghee oder Pflanzenfett zum Braten
- 8 EL Haferflocken (ca. 70 g)
- 1 EL Haselnüsse, gerieben
- 1 TL Dattelsirup
- 400 ml Wasser
- 2 Äpfel
- 3 Msp. Zimt
- 2 EL Rosinen
Ghee in einen Topf geben, erhitzen, Haferflocken einstreuen und für 3 Min. unter Rühren anrösten. Geriebene Haselnüsse zugeben und für weitere 1–2 Min. rösten. Dattelsirup unterrühren. Wasser zugießen, alles kurz aufkochen lassen und für 5 Min. auf kleiner Hitze garen. In der Zwischenzeit die Äpfel waschen, entkernen, vierteln, in dünne Stückchen schneiden und zu dem Haferbrei geben. Alles nochmals kurz aufkochen, Äpfel zugeben und für weitere 10 Min. kochen. Zum Schluss Zimt und Rosinen unterrühren.
Variationen: Statt Äpfel können Birnen, Pfirsiche, Mirabellen oder Aprikosen verwendet werden. Haselnüsse können durch Walnüsse und Dattelsirup durch Honig ersetzt werden.
Indische Linsen-Kokos-Suppe

Einfach eine Köstlichkeit, zu jeder Jahreszeit
4 Portionen
kräftigend
10 Min. + 45 Min. Garzeit
- 200 g Belugalinsen
- 1 Lorbeerblatt
- 1 L Wasser
- Salz
- 1 EL weißer Balsamicoessig
- ½ TL Paprika edelsüß
- 200 ml Kokosmilch
- ¼ TL Garam Marsala, mittelscharf
Linsen waschen, in einen Topf geben, Lorbeerblatt zufügen und Wasser angießen. Alles zum Kochen bringen und für 40 Min. köcheln. Im Anschluss Salz, Essig, Paprika edelsüß, Kokosmilch und Garam Marsala einrühren. Nochmals kurz aufkochen und für 5 Min. bei milder Hitze durchziehen lassen.
Variante: Weißer Balsamicoessig kann durch Apfelessig und Garam Marsala durch Curry, mittelscharf, ersetzt werden.
Kräftigende Suppen
Kräftigende Suppen stärken uns, bauen Substanz und Blut, kostbares Kerzenwachs auf und helfen uns so, gezielt Hitzesymptome wie Hitzewallungen, Unruhe und Schlafstörungen abzuwenden sowie Ruhe, Gelassenheit und einen guten Schlaf zu pflegen.
Autorin
Dr. Antonie Danz
Diplomierte Oecotrophologin
Ausbildung Chinesische Diätetik sowie zahlreiche Fortbildungen in Chinesischer Medizin