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Stress kann genauso wie falsche Ernährung und zu wenig Bewegung ein Grund für zu hohen Blutdruck sein.
Bewegung ist der beste Blutdrucksenker
Beim Bluthochdruck, legt die Studienlage nahe, dass eine Kombination aus Ausdauer- und Krafttraining besonders wirksam ist. Sie senkt den Blutdruck langfristig und steigert die körperliche Leistungsfähigkeit.
Weil Bewegung nachweislich ein so wichtiger Gesundheitsfaktor ist und vielen Risikofaktoren vorbeugt, empfiehlt die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in ihren Leitlinien zur Behandlung der Hypertonie, dass Menschen mit Bluthochdruck an fünf bis sieben Tagen für jeweils mindestens 30 Minuten »moderat« körperlich aktiv sein sollten. Das entspricht insgesamt mindestens 150 Minuten pro Woche. Zusätzlich wird empfohlen, an zwei Tagen pro Woche ein Training zur Muskelkräftigung zu absolvieren. Gerade am Anfang werden Sie vielleicht noch nicht auf die empfohlenen 150 Minuten körperlicher Aktivität pro Woche kommen. Beginnen Sie einfach mit kleineren Bewegungseinheiten – ein bisschen ist besser als nichts. Zum Anfang kann das Bewegungsprogramm auch nur zehn Minuten am Tag umfassen. Wichtig ist, dass Sie dieses regelmäßig absolvieren, also mehrfach pro Woche. Fangen Sie langsam an und steigern Sie Dauer und Intensität allmählich. Sie können ihr Bewegungsprogramm als sportliche Aktivität gestalten oder in Alltagsaktivitäten einbauen.
4 Mobilisationsübungen bei Bluthochdruck
Bevor Sie mit Ausdauer- oder Krafttraining starten, kann es sinnvoll sein, mit Mobilisationsübungen zu beginnen. Diese können auch parallel zu Ausdauer- und Krafttraining ergänzend eingesetzt werden. Vielleicht spüren Sie eine Verspannung im Nacken. Vielleicht lässt sich Ihr Kopf nicht richtig drehen. Vielleicht müssen Sie übermäßig viel Kraft aufwenden, damit sich der Brustkorb bei den tiefen, langen Atemzügen zur Entspannung weitet. In solchen Fällen können die im Folgenden dargestellten Übungen erste Ansatzpunkte bieten. Bitte üben Sie diese nur aus, wenn dies schmerzfrei möglich ist. Zu weiteren oder alternativen Übungen kann Sie ein Physiotherapeut oder ausgebildeter Personal Trainer anleiten.
Mobilisationsübung 1: Fisch
Wirkung: Mobilisiert den oberen Rücken und dehnt die Brustmuskulatur.
Anleitung: Legen Sie sich auf den Boden. Die Beine sind lang, geschlossen und bis in die Zehenspitzen gestreckt. Bringen Sie die gestreckten Arme unter Ihren Oberkörper. Die Handinnenflächen zeigen nach unten. Versuchen Sie, die Ellbogen so nah wie möglich zueinander zu bewegen. Nun beugen Sie die Ellbogen und heben damit Ihren Brustkorb an. Senken Sie Ihren Kopf vorsichtig ab, bis der Scheitel den Boden berührt.
Dauer: Halten Sie die Übung 30–60 Sekunden. Lassen Sie den Atem tief und langsam durch die Nase in den Brustkorb ein- und durch den Mund wieder ausströmen.
Variante: Legen Sie ein Polster, ein Kissen oder einen Yoga-Klotz unter Ihre Brustwirbelsäule. Stützen Sie nach Bedarf auch Ihren Kopf.

Sie können als Variante ein Polster, ein Kissen oder einen Yoga-Klotz unter Ihre Brustwirbelsäule legen und nach Bedarf auch Ihren Kopf stützen (unten).
Mobilisationsübung 2: Rotierte Bauchlage
Wirkung: Dehnt die Zwischenrippenmuskeln und löst etwaige fasziale Verklebungen.
Anleitung: Legen Sie sich auf den Bauch. Strecken Sie den rechten Arm auf Höhe der rechten Schulter flach am Boden von sich im 90° Grad Winkel aus. Die Handinnenfläche zeigt zum Boden. Drehen Sie sich nun auf Ihre rechte Körperseite. Nutzen Sie die linke Hand, um sich vor dem Brustkorb abzustützen.
Dauer: Üben Sie auf beiden Seiten und halten Sie die Übung auf jeder Seite für 30–60 Sekunden. Lassen Sie den Atem tief und langsam durch die Nase, in die nach oben geöffnete Seite des Brustkorbs, ein- und wieder ausströmen.
Variante: Für eine intensivere Dehnung kann der rechte Arm U-förmig angewinkelt werden (Ellenbogen auf Höhe der Schulter, Hand über dem Kopf; Arm bleibt flach auf dem Boden). Für eine weitere Steigerung der Intensität kann das linke Bein, anstatt flach auf dem rechten Bein liegen zu bleiben, hinter dem rechten Bein, Richtung Gesäß, auf den Boden abgestellt werden.

Für eine weitere Steigerung der Intensität kann das linke Bein, anstatt flach auf dem rechten Bein liegen zu bleiben, hinter dem rechten Bein, Richtung Gesäß, auf den Boden abgestellt werden.
Mobilisationsübung 3: Nackendehnung
Wirkung: Dehnt den Nackenbereich und öffnet den Halsbereich für einen besseren Atemfluss.
Anleitung: Sie können die Übung im Stehen oder im Sitzen durchführen. Ziehen Sie während der gesamten Übung Ihren Bauchnabel sanft nach innen in Richtung Wirbelsäule, um nicht ins Hohlkreuz zu fallen. Lassen Sie den rechten Arm lang ausgestreckt neben Ihrem Körper nach unten zeigen. Legen Sie die linke Handinnenfläche auf Ihr rechtes Ohr. Ziehen Sie Ihren Kopf sanft (!) zur linken Seite. Wichtig ist, dass dabei die rechte Schulter so weit wie möglich von Ihrem rechten Ohr entfernt bleibt (die Schulter sollte also sanft nach unten hängen). Halten Sie diese Position für 30–60 Sekunden und wechseln Sie anschließend die Seite.
Legen Sie dann beide Hände auf Ihren Hinterkopf. Die Finger sind ineinander verschränkt. Die Handinnenflächen zeigen nach innen Richtung Kopf. Ziehen Sie mit der Ausatmung sanft Ihre Ellenbogen vor der Nasenspitze zusammen und führen Sie dabei gleichzeitig, wiederum sanft (!) Ihren Kopf nach unten. Wichtig dabei ist, dass die Schultern die ganze Zeit entspannt nach hinten unten gerichtet sind und damit wieder einen maximal großen Abstand zu den Ohren haben.
Dauer: Halten Sie die Position für 30–60 Sekunden
Variante: Sie können sich bei dem ersten Teil der Übung auf die freie Hand setzen, die Handinnenfläche zeigt nach oben. Das verstärkt den Dehnungseffekt.

Bei der seitlichen Dehnung ist es wichtig, dass die gegenüberliegende Schulter sanft hängen lassen und nicht hochziehen.
Mobilisationsübung 4: Rotierte Rückenlage
Wirkung: Dehnt die seitlichen Bauchmuskeln und öffnet den Brustkorb.
Anleitung: Legen Sie sich flach auf den Rücken. Strecken Sie Ihre Arme auf Schulterhöhe seitlich aus. Stellen Sie beide Füße an, sodass Ihre Knie Richtung Himmel zeigen. Lassen Sie mit der Ausatmung beide Knie zur linken Seite kippen. Wechseln Sie anschließend die Seite.
Dauer: Halten Sie die Übung auf jeder Seite für 30–60 Sekunden. Lassen Sie den Atem tief und langsam durch die Nase, in die nach oben geöffnete Seite des Brustkorbs, ein- und wieder ausströmen.
Varianten: Sie können Ihren Kopf in einer neutralen Halswirbelposition halten, oder aber gerne entgegengesetzt zu den Beinen drehen.
Sie können beide Arme horizontal ausgestreckt lassen oder die linke Hand auf die Außenseite des rechten Knies legen, um die Dehnung zu intensivieren. Eine weitere Intensivierung findet statt, wenn Sie mit der rechten Hand den linken Fuß Richtung Gesäß ziehen. Intensivieren Sie die Dehnung, indem Sie die Knie während der Seitwärtsbewegung übereinandergestapelt lassen. Noch intensiver wird die Übung, wenn Sie in der Rückenlage zunächst das rechte Bein über den linken Oberschenkel schlagen und dann Ihre beiden Beine nach links kippen lassen.

Der Effekt der Übung lässt sich verstärken indem Sie die linke Hand auf die Außenseite des rechten Knies legen, und so die Dehnung intensivieren.
Wenn aus Stress Bluthochdruck wird
Stress ist ein bedeutender Verursacher von Bluthochdruck, insbesondere wenn er über lange Zeit besteht und es keine entsprechenden Erholungsphasen gibt. Um das besser zu verstehen, müssen wir uns zunächst anschauen, was bei Stress eigentlich passiert.
Wenn wir gestresst sind, funktioniert unser Körper – und auch unser Gehirn – immer noch nach demselben Muster wie bei einem Menschen in der Steinzeit, der gerade in die Augen eines Säbelzahntigers blickt. Zu diesen Zeiten war eine starke Stressreaktion überlebenswichtig. Heute steht nicht mehr Gefahr um Leib und Leben im Vordergrund, sondern es sind vermehrt berufliche Überlastungen oder private Sorgen und Ängste, die zu Stress führen. Obwohl dieser Stress für uns nicht mehr lebensgefährlich ist, löst unser Gehirn immer noch die gleiche Kampf-oder-Flucht-Reaktion aus wie früher.
Von den Stresszentren des Gehirns wird die Ausschüttung von Stresshormonen veranlasst. Die wichtigsten Stresshormone sind Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin. Die beiden Hormone Adrenalin und Cortisol sorgen dafür, dass das Herz schneller schlägt und die Gefäße sich verengen. In der Folge erhöhen sich Puls und Blutdruck. Auch der Blutzucker steigt, um schnell Energie bereitzustellen, diese wird jedoch bei psychischer Beanspruchung in dieser Form gar nicht benötigt.
Schnelle und langsame Stressreaktion
Unser Körper kann auf eine beängstigende oder unerwartete Situation auf eine sehr schnelle und auf eine langsamere Art reagieren. Ausgangspunkt für beide Arten der Stressreaktion ist das vegetative Nervensystem. Es wird auch »autonomes Nervensystem« genannt, weil wir es mit unserem Willen nicht beeinflussen können. Ohne dass wir uns dessen bewusst sind, steuert es eigenständig lebensnotwendige Körperfunktionen wie Atmung, Kreislauf und Blutdruck. Und es ist auch für die Stressreaktion verantwortlich. Noch bevor wir also bewusst die Situation erfassen oder gar eine Entscheidung über eine adäquate Reaktion treffen können, stellt das vegetative Nervensystem sicher, dass alle notwendigen Körperfunktionen auf Kampf oder Flucht ausgerichtet sind.
Der schnelle Weg über den Sympathikus
Der Teil des vegetativen Nervensystems, der uns schnell in Aktion versetzt, ist der »Sympathikus« – auch Stressnerv genannt. Dieser ist im übertragenen Sinne das Gaspedal für unser Kreislaufsystem. Er übermittelt die Information »Gefahr« über Nervenfasern an das Herz und die Gefäße. Damit steigert er direkt und sofort Puls und Blutdruck. Auch sendet der Stressnerv Signale, welche die Ausschüttung des Stresshormons Adrenalin aus der Nebenniere veranlassen. Dieses Zusammenspiel verstärkt die Alarmbereitschaft: Herzschlag und Blutdruck steigen weiter und zusätzlich wird mehr Zucker ins Blut freigesetzt. Gleichzeitig wird das Blut vom Verdauungsapparat abgezogen und in die Muskeln und das Herz umgeleitet, sodass der Körper zu größter Kraftanstrengung bereit ist.
Der langsame Weg über die Hormone
Die Botschaft »Gefahr« bewirkt in den Stresszentren des Gehirns, dass hormonelle Botenstoffe ausgeschüttet werden, die dann – etwas langsamer, als es über die Nerven geschieht – über die Blutbahn zu den Nebennieren gelangen. Diese schütten daraufhin die Stresshormone Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin aus, welche für eine Bereitstellung von Energie sorgen, indem sie zum Beispiel ebenfalls den Blutzuckerspiegel erhöhen. Es ist möglich, in einer Speichelprobe die Konzentration an Cortisol und damit das Stresslevel zu messen.
Unser Körper wird durch diese starken hormonellen und vegetativen Reaktionen vorbereitet, schnell und adäquat auf eine Gefahr reagieren zu können, also entweder zu flüchten (»flight«) oder zu kämpfen (»fight«).
Diese Reaktionen laufen automatisch ab, und wir können unsere körperliche Reaktion auf übermäßigen Stress auch nicht einfach willkürlich bremsen. Sie werden aber später sehen, dass Sie mit bestimmten Übungen auch autonom gesteuerte Körperfunktionen wie den Blutdruck beeinflussen können.
Erholung und Abbau von Stress
Wenn die Flucht vor dem Raubtier gelungen ist, werden alle Systeme wieder heruntergefahren. Die Blutspiegelwerte von Cortisol und Adrenalin fallen wieder auf normale Werte ab. Der Puls und auch der Blutdruck gehen wieder auf die Ausgangswerte zurück. Auch die anderen Organe schalten wieder auf Ruhe (»rest«) und Verdauung (»digest«) um.
Um diese Rest-und-Digest-Phase einzuläuten, kommt der Gegenspieler des Sympathikus zum Zuge, der »Vagus«, der auch als »Ruhenerv« bezeichnet wird. Der Vagus ist der wichtigste Nerv des parasympathischen Nervensystems. Der Vagus verbindet über ein Nervengeflecht unser Gehirn mit Herz, Magen, Darm und Nieren, aber auch mit den Sexualorganen. Er ist auch am Zustandekommen eines Orgasmus beteiligt.
Der Vagus sorgt für Entspannung und gute Gefühle. Wenn der Sympathikus das Gaspedal unseres Kreislaufs ist, so ist der Vagus die Bremse. Nachts sorgt er dafür, dass unser Körper sich im Schlaf erholen kann. Wir wissen heutzutage, dass ein schwach ausgeprägter Vagus bei vielen Erkrankungen eine Rolle spielt, z. B. bei Bluthochdruck, Herzinfarkt und Depression, aber auch bei Demenz oder Krebserkrankungen. Weil ein gut funktionierender Vagus so wichtig ist, um Krankheiten zu verhindern oder zu heilen, wird er von vielen Therapeuten auch als »Selbstheilungsnerv« oder »Innerer Arzt« bezeichnet.
Immer mehr Menschen leiden unter Bluthochdruck, allein in Deutschland sind es über 20 Millionen. Kardiologe Prof. Dr. Thomas Mengden, einer der bekanntesten Bluthochdruck-Experten in Deutschland, bietet in seinem Buch "Expertenwissen: Bluthochdruck" und zeigt auf, wie Sie mit einfachen Mitteln das Risiko für Schlaganfälle, Herzmuskelschwäche, Demenz, Impotenz und Dialyse senken können.
Autoren
Prof. Dr. med. Thomas Mengden ist Mitglied der Deutschen und Europäischen Hochdruckliga und zählt in Deutschland zu den Top-Spezialisten für Bluthochdruck. Mit seinen Schwerpunkten Angiologie und Kardiologie betreut er seit 2009 kardiologische Rehabilitationspatienten an der Kerckhoff-Klinik Bad Nauheim. Am Exzellenz-Zentrum Hypertonie der Kerckhoff-Klinik nimmt er sich Hochdruckpatienten mit schwer einstellbarem Bluthochdruck und deren Folgeschäden an. Als Mitautor der neuen Versorgungsleitlinie Hypertonie setzt er Standards in der medizinischen Versorgung. Auch mit zahlreichen Beiträgen in Fach- und Patientenzeitschriften gibt er sein umfassendes Wissen weiter. An der Universität Bonn lehrt er als Dozent für Innere Medizin. Präventiv hält Prof. Mengden seinen Blutdruck durch Joggen, Mountainbike und mediterrane Kost gesund.
Ines Mikisek integriert in ihrem Business und Gesundheitscoaching Ansätze aus der Atem- und Yogatherapie. Mit ihrem Master in Wirtschaftspsychologie machte sie sich 2014 selbstständig. Als Organisationsberaterin unterstützt sie unterschiedliche Branchen in den Themen Lean Leadership und gesundheitsförderliche Führung. Das Thema Gesundheit basiert für sie sowohl auf psychologischen, körperlichen als auch sozialen Aspekten. Seit fünf Jahren bildet sie auch Coaches aus.