Sommer-SpezialDie pflanzliche Reiseapotheke

Urlaub und Reisen dienen der Erholung. Doch gerade auf Reisen reagiert der Organismus manchmal mit Unwohlsein, Verdauungsstörungen oder Schlafproblemen. So sieht die Grundausstattung einer pflanzlichen Reiseapotheke aus.

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Für einen unbeschwerten Urlaub sollten pflanzliche Arzneimittel in der Reiseapotheke nicht fehlen.

Endlich Urlaub – Ruhe und Entspannung! Leider läuft dann doch nicht immer alles rund: Bei Reisen in warme Länder sind gesundheitliche Probleme ein häufiges Phänomen. Lange Anreise, fremdes Klima, fremde Betten, Zeitverschiebung, extreme Temperaturen, zu viel Sonne und ungewohntes Essen machen dem Organismus zu schaffen. Damit eventuell auftretende Reisebeschwerden nicht allzu sehr den Urlaub trüben, sollte eine gut sortierte Reiseapotheke in Koffer oder Rucksack nicht fehlen. Bei leichteren Beschwerden kann man sich mit pflanzlichen Arzneimitteln in der Regel selbst helfen. Die Arzneimittel werden am besten in einer gepolsterten Tasche aufbewahrt; so sind sie gut geschützt, und lästiges Suchen bleibt erspart.

Tipp

Im Handel sind spezielle Medikamententaschen erhältlich, in denen Arzneimittel sicher transportiert werden können.

Beschwerden im Magen-Darm-Bereich

Magen-Darm-Probleme sind auf Reisen häufige Begleiter. Vor allem eine veränderte Ernährung, aber auch mögliche Verunreinigungen des Wassers oder der Speisen können Beschwerden auslösen. Durchfall, Verstopfung und Blähungen sind oft die Folge. Lange Auto-, Schiffs- oder Flugreisen können zudem Übelkeit verursachen.

Durchfall kommt auf Reisen besonders oft vor. Getrocknete Heidelbeeren (Vaccinium myrtillus) können hier hilfreich sein. Um daraus einen Tee zuzubereiten, 10 g getrocknete Heidelbeeren auf 250 ml Wasser geben, 10 Minuten köcheln abseihen und bis zu 5 Tassen täglich trinken. Heidelbeertee wirkt aufgrund der enthaltenen Gerbstoffe zusammenziehend, stopfend, antibakteriell und entzündungshemmend. Statt eines Tees können die Beeren auch gut gekaut werden. Alternativ kann eine Tinktur aus der ebenfalls sehr gerbstoffhaltigen Blutwurz (Potentilla erecta) zur Anwendung kommen (3-mal täglich 30 Tropfen). Bewährt bei Durchfall hat sich auch ein Fertigarzneimittel aus Myrrhe, Kaffeekohle und Kamille („Myrrhinil-Intest“ Tabletten) sowie Heilerdepulver zum Einnehmen.

Bei Neigung zur Verstopfung können Flohsamen oder Leinsamen Linderung verschaffen. Flohsamen regen durch ihr Quellvolumen die Darmperistaltik an und machen durch die enthaltenen Schleimstoffe den Stuhl gleitfähig.

Achtung

Damit Flohsamen gut quellen können, ist es wichtig, gleichzeitig zur Einnahme viel Wasser zu trinken: Man nimmt 3-mal täglich 1–2 TL Flohsamen in wenig Wasser eingerührt ein und trinkt direkt danach 200 ml Wasser. Von den schleimstoffhaltigen Leinsamen nimmt man 1 EL (15 g) mit mindestens 150 ml Wasser ein.

Bei Magen- und Darmkrämpfen sowie Blähungen hilft oft schon ein Tee aus Fenchel (Foeniculum vulgare), Kümmel (Carum carvi) oder Kamille (Matricaria recutita), die allesamt krampflösend und entblähend wirken. Bei Fenchel und Kümmel dosiert man 1 TL auf 200 ml heißes Wasser, bei Kamillenblüten 2 TL. Die Ziehdauer beträgt in beiden Fällen 10 Minuten. In meiner Praxis empfehle ich zudem Kombinationspräparate wie „Iberogast Classic“ oder „Gastritol“, die unterschiedliche Magen-Darm-Beschwerden gleichzeitig lindern.

Info

Fenchel kommt auch bei Husten zum Einsatz, da er schleimlösend und auswurffördernd wirkt.

Übelkeit auf Reisen kann verschiedene Ursachen haben, sehr häufig tritt sie jedoch in Zusammenhang mit Auto-, Flug- oder Schiffsreisen auf. Um die Beschwerden zu lindern, hat sich der Einsatz von Ingwer (Zingiber officinale) bewährt, den man in frischer Form an den meisten Urlaubsorten kaufen kann. Daraus stellt man einen Ingwertee her, indem man einige Scheiben der Knolle mit heißem Wasser übergießt und 10 Minuten ziehen lässt. Mit etwas Zitronensaft angereichert, steht so ein hilfreiches Getränk gegen Reiseübelkeit zur Verfügung. Ergänzend sind auch Lutschtabletten auf Ingwerbasis oder das Fertigpräparat „Zintona“ erhältlich. Hilfreich ist außerdem Pfefferminztee, der brechreizlindernde und krampflösende Eigenschaften besitzt.

Verletzungen

Wer im Urlaub aktiv ist, lange Wanderungen und Spaziergänge unternimmt oder Sport treibt, sollte etwas gegen Muskelkater, Verstauchungen oder Prellungen im Gebäck haben. Hier eignen sich selbst hergestellte oder gekaufte Salben und Gele auf der Basis von Arnika (Arnica montana) oder Beinwell (Symphytum officinale). Diese Pflanzen wirken entzündungshemmend und schmerzlindernd. Kleine Schürfwunden lindert eine Tinktur aus der wundheilungsfördernden Ringelblume (Calendula officinalis), die man zur Desinfektion und als Wundumschlag nutzen kann. Dazu wird 1 EL Tinktur mit 100 ml abgekochtem Wasser verdünnt.

Sonnenbrand und Insektenstiche

Vor allem bei Menschen, die sich beruflich eher in geschlossenen Räumen aufhalten, besteht im Urlaub die Gefahr, dass sie sich zu lange der Sonne aussetzen. Hinzu kommt je nach Reiseland eine besonders intensive Sonneneinstrahlung. Trotz Sonnenschutzmitteln kann es dann zu einem Sonnenbrand kommen. Als Sofortmaßnahme empfiehlt es sich dann, die Haut mit kalten Umschlägen zu kühlen. Anschließend kann das ätherische Öl des Lavendels (Lavandula angustifolia) aufgetragen werden. Es wirkt entzündungshemmend, schmerzlindernd und wundheilungsfördernd und ist auch in konzentrierter Form nicht hautreizend. Hilfreich sind auch Gele auf der Basis von Aloe vera. Sie spenden der Haut Feuchtigkeit und wirken kühlend.

Nicht alle Urlaubsdomizile sind mit Fliegengittern oder Moskitonetzen ausgestattet, obwohl gerade in warmen Ländern zahlreiche Stechmücken unterwegs sein können. Um sich vor ihnen zu schützen, gibt es Sprays und Lotionen auf der Basis insektenabwehrender ätherischer Öle. Dazu gehören beispielsweise Zitroneneukalyptus (Eucalyptus citriodora), Lemongras (Cymbopogon citratus), Rosengeranie (Pelargonium graveolens) und Lavendel. Ein Öl zur Insektenabwehr lässt sich auch leicht selbst herstellen, indem man die oben genannten ätherischen Öle 3–4 %ig in Kokosöl gibt.

Rezept für ein Insektenabwehröl

Eine Mischung der ätherischen Öle von Zitroneneukalyptus, Lemongras, Rosengeranie und Lavendel schützt vor unliebsamen Stechmücken. Gemischt mit Kokosöl entsteht daraus ein wirksames Insekten-Abwehröl.

Zutaten

  • 50 g Kokosöl
  • 7–10 Tr. Zitroneneukalyptus (Eucalyptus citriodora)
  • 7–10 Tr. Lemongras (Cymbopogon citratus)
  • 7–10 Tr. Rosengeranie (Pelargonium graveolens)
  • 7–10 Tr. Lavendel (Lavandula angustifolia)

Zubereitung/Anwendung

Kokosöl nach Bedarf im Wasserbad verflüssigen. Ätherische Öle in das Kokosöl tropfen und gut vermischen. Auf die Haut auftragen.

Einschlafstörungen

Urlaub bedeutet auch immer Schlafen in ungewohnter Umgebung und in fremden Betten. Je nach Unterkunft kann man dabei mehr Geräuschen ausgesetzt sein als in heimischer Umgebung. Dadurch kommt es bei vielen Menschen zu Einschlafstörungen und unruhigem Schlaf. Manchmal hilft es dann schon, Ohrstöpsel und eine Schlafmaske zu verwenden. Tee oder Fertigarzneimittel aus Baldrian (Valeriana officinalis), Melisse (Melissa officinalis), Hopfen (Humulus lupulus) und Lavendel können aufgrund ihrer beruhigenden und entspannenden Wirkung ebenfalls einen erholsamen Schlaf schenken.

Tipp

Beruhigend und schlaffördernd wirken auch ein paar Tropfen ätherisches Lavendelöl auf dem Kopfkissen.

Erkältungen

Durch Klimaanlagen und damit einhergehende Temperaturschwankungen sind Erkältungen im Urlaub keine Seltenheit. Auch die trockene Luft im Flugzeug kann Erkältungen begünstigen. Zudem stößt man in fernen Ländern oft auf unbekannte Erreger.

Bei Erkältungen und Infektionen der Atemwege ist es gut, ein Fertigpräparat des immunstimulierenden Sonnenhuts (Echinacea purpurea) in der Medikamententasche zu haben. Hierbei ist es wichtig, den Beipackzettel mit den Kontraindikationen genau durchzulesen. Hilfreich sind auch die senfölhaltigen Pflanzen Meerrettich (Armoracia rusticana) und Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus), die antibakteriell und antiviral wirksam sind. Man kann sich daraus selbst eine Tinktur herstellen. Alternativ empfehle ich in meiner Praxis das Fertigpräparat „Angocin Anti-Infekt“. Bei Halsschmerzen ist zusätzlich Salbei (Salvia officinalis) als Tee oder als Lutschpastillen hilfreich. Salbei entfaltet im Mund- und Rachenraum seine entzündungshemmenden, zusammenziehenden und antibakteriellen Kräfte. Bei Husten sind auch ein Tee aus Thymian (Thymus vulgaris) oder daraus hergestellte Hustensäfte und Tinkturen empfehlenswert. Thymian wirkt auswurffördernd, krampflösend sowie antibakteriell und antiviral.

Gegen Kopfschmerzen kann ein Pfefferminzölpräparat (zum Beispiel „Euminz“) zur äußerlichen Anwendung auf den Schläfen in die Reiseapotheke gepackt werden. Das ätherische Öl der Pfefferminze (Mentha × piperita) wirkt kühlend und lokal betäubend. Bei Fieber und Kopfschmerzen hilft ein Tee aus Mädesüß (Filipendula ulmaria). Dafür 1 TL Mädesüßblüten mit 150 ml Wasser überbrühen und die Mischung 10 Minuten ziehen lassen. Abseihen und bis zu 3 Tassen täglich trinken.

Rezept für Zwiebel-Honig-Hustensirup

Aus der Küchenzwiebel, die an jedem Urlaubsort zu kaufen ist, lässt sich in Kombination mit Honig schnell ein Hustensirup herstellen.

Zutaten

  • Zwiebel
  • Honig

Zubereitung/Anwendung

Zwiebel klein schneiden und mit Honig bedecken. Die Mischung 2 Stunden ziehen lassen. Den entstandenen Sirup abseihen und teelöffelweise einnehmen (3– bis 4-mal täglich). Den Zwiebelsirup kühl lagern und innerhalb von 1–2 Tagen aufbrauchen.

Grundausstattung der pflanzlichen Reiseapotheke

Magen-Darm-Probleme

Flohsamen oder Leinsamen (Verstopfung), Heidelbeeren oder Blutwurz (Durchfall), Fenchel, Kümmel oder Kamille (Blähungen, Krämpfe), Ingwer oder Pfefferminze (Übelkeit)

Verletzungen

Zubereitungen aus Arnika oder Beinwell und Ringelblume

Sonnenbrand und Insektenstiche

Ätherisches Lavendelöl und Aloe vera-Gel (Sonnenbrand), Insekten-Repellent mit ätherischen Ölen

Einschlafstörungen

Baldrian, Melisse, Hopfen oder Lavendel

Erkältungen und Atemwegsinfektionen

Zubereitungen aus Sonnenhut, Meerrettich und Kapuzinerkresse (Erkältungen), Salbei (Halsschmerzen), Thymian oder Zwiebel (Husten), Mädesüß und ätherisches Pfefferminzöl (Kopfschmerzen)

Sonstige (nicht-pflanzliche) Helfer

Sonnenschutz, Zeckenzange oder -karte, Verbandmaterial und Pflaster (auch Blasenpflaster), Schmerzmittel, Fieberthermometer

Wichtiger Hinweis

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in dem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch einen Arzt oder Apotheker nicht ersetzen können. Jeder Nutzer ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren, Herausgeber und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.

Helga Ell-Beiser
ist seit 1997 in eigener Praxis tätig. Ihre Schwerpunkte sind Phytotherapie, Frauen- und Kinderheilkunde sowie Psychosomatik. Sie ist Autorin zahlreicher Fachartikel und -bücher sowie Dozentin an der Freiburger Heilpflanzenschule.