AugenerkrankungenAltersbedingte Makuladegeneration und Omega-3

Bei der altersbedingten Makuladegeneration gibt es nur wenige therapeutische Ansätze. Omega-3-Fettsäuren haben sich in der Prävention und Therapie der AMD in einigen Studien bewährt.

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Blonde Frau mit Brille hält zwei Omega-3 Kapseln in den Händen.
Anatoly Repin/stock.adobe.com - Stock photo. Posed by a model

Es gibt epidemiologische und interventionelle Studien zu Omega-3-Fettsäuren in der Prävention und Therapie der AMD.

Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist eine Erkrankung der Netzhaut des Auges, die zu einem Funktionsverlust des Sehens bis hin zur Blindheit führen kann. Es gibt nur wenige therapeutische Ansätze (z. B. photodynamische Therapie, Biologicals), die aufwändig und teuer sind. Vor einigen Jahren konnte der Nutzen von Antioxidanzien bewiesen werden, wobei den Carotinoiden Lutein und Zeaxanthin eine besondere Bedeutung zukommt. Mittlerweile gibt es aber auch epidemiologische und interventionelle Studien zu Omega-3-Fettsäuren in der Prävention und Therapie der AMD.

Bedeutung der AMD

Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) gilt heute als häufigste Ursache von Erblindung, wozu sicher auch die heutige Altersstruktur, möglicherweise aber auch die in den letzten 3 Generationen massiv geänderte Ernährungsweise beigetragen haben mag. Es wird geschätzt, dass allein in Deutschland etwa 2 Mio. Menschen betroffen sind. Rauchen ist als Risikofaktor belegt. Neben einer gewissen genetischen Veranlagung spielen aber auch oxidative Belastungen, hoher Blutdruck und ein erhöhter Homocysteinwert wichtige Rollen in der Pathogenese und der Prognose der AMD.

Können Fische für einen besseren Durchblick sorgen?

Seit einigen Jahren wird auch die Bedeutung von Omega-3-Fettsäuren bei der AMD diskutiert. Vor mehr als 10 Jahren wurde in einer Grundlagenstudie postuliert, dass durch Omega-3-Fettsäuren der inflammatorische Signalweg NF-κB beeinflusst wird. Außerdem sollen Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA), die beiden wichtigen maritimen Omega-3-Fettsäuren, über die Bildung der Derivate Resolvin und Protectin vor AMD schützen [1].

Epidemiologische Studien sind nicht beweisend dafür, dass ein Parameter einen Schutz- oder Risikofaktor darstellt, sie können aber starke Hinweise dafür geben. In einer solche Untersuchung wurde bei 39 876 Ärztinnen mit einem Durchschnittsalter von 54,6 Jahren mittels Ernährungsfragebogen die Zufuhr von EPA und DHA abgeschätzt. Nach der Omega-3-Zufuhr wurden die Probanden in Tertile eingeteilt und das relative Risiko für das Vorhandensein einer AMD errechnet. Das Tertil mit der höchsten EPA-Zufuhr wies 34 % weniger AMD auf (p = 0,004), bei guter DHA-Zufuhr waren es sogar 38 % weniger (p = 0,003). Ergänzend muss dazu gesagt werden, dass die Zufuhr an Omega-3 mit der normalen Ernährung weit von den 2 g EPA/DHA entfernt sind, die sich in vielen Studien als therapeutische Dosierung erwiesen hat. Mit der Nahrung liegen die meisten Menschen mit einer Zufuhr von weniger als 0,5 g deutlich darunter. Aber selbst in diesem Dosisbereich lassen sich erhebliche Unterschiede in der Prävalenz von AMD feststellen. Die Ärztinnen, die mehr als einmal pro Monat Fisch verzehrten, wobei nicht nach Größe der Portion oder Art des Fisches gefragt wurde, wiesen ein um 42 % niedrigeres Risiko für AMD auf als diejenigen mit einem Konsum von weniger als einer Fischportion pro Monat. Die Zufuhr von Omega-3 erwies sich in dieser Studie also als starker Schutzfaktor vor AMD. Dies galt aber nur für die maritimen Fettsäuren EPA und DHA. Für die pflanzliche Omega-3-Fettsäure Alpha-Linolensäure (ALA) konnte kein statistischer Zusammenhang gefunden werden. Das Risiko in der Gruppe mit der höchsten ALA-Zufuhr war sogar um 11 % erhöht, was aber nicht signifikant war [2].

In einer weiteren Untersuchung an 1837 Personen mit erhöhtem Risiko für AMD fanden sich bei der höchsten Omega-3-Zufuhr, die auch aus einem Fragebogen abgeschätzt wurde, nahezu identische Risikominderungen bei verschiedenen Formen der AMD von 32 bzw. 35 % [3].

In der folgenden Arbeit wurden die Spiegel der wichtigen antioxidativen Carotinoide Lutein, Zeaxanthin, Lycopin und Beta-Carotin sowie der Quotient aus Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren gemessen. 198 Gesunde wurden mit 99 Patienten mit AMD verglichen, wobei die AMD-Patienten einen deutlich niedrigeren Carotinoid-Spiegel aufwiesen (p < 0,001), was angesichts der Ergebnisse zahlreicher älterer Studien nicht weiter überrascht. Ein Review hierzu ist vor kurzem in der Zeitschrift Nutrients erschienen [4]. Der Omega-6/3-Quotient lag bei den AMD-Patienten deutlich höher, wobei es schon erstaunt, dass das Signifikanzniveau (p < 0,0001) sogar noch höher lag als bei den Carotinoiden [Tab. 1]. Dies legt den Schluss nahe, dass eine gute Versorgung mit Omega-3 bei AMD mindestens so wichtig wie die mit Carotinoiden sein könnte [5].

   

Mean (SD)

95 %-Konfidenzintervall

Carotinoide gesamt (mg/l)

Kontrolle

2,89 (1,64)

2,66–3,12

 

AMD

1,44 (0,73)

1,29–1,60

Omega-6/Omega-3 PUFA-Ratio

Kontrolle

8,26 (2,86)

7,86–10,33

 

AMD

11,11 (3,91)

8,66–11,89

In derselben Studienpopulation wurden die Spiegel der einzelnen Fettsäuren von Gesunden und AMD-Patienten miteinander verglichen [6]. In [Tab. 2] sind die einzelnen Parameter mit ihren Signifikanzniveaus aufgeführt. Ein negatives Vorzeichen bedeutet dabei einen geringeren Spiegel bei den AMD-Patienten. Außerdem ist die Odds Ratio für das Vorhandensein einer AMD aufgeführt. Ein hoher Wert gibt das Risiko für eine AMD im niedrigsten Quartil im Vergleich zum höchsten Quartil an. Werte unter 1 zeigen also ein niedriges Risiko bei geringer Versorgung an, Werte über 1 zeigen ein höheres Risiko bei geringer Versorgung an.

Fettsäure

Differenz

p

Odds Ratio

p

C20:4n6 (AA)

53,7

< 0,0005

0,11

< 0,0005

C18:3n3 (ALA)

-1,9

ns

3,11

0,003

C20:5n3 (EPA)

-4,4

< 0,0005

7,89

< 0,0005

C22:6n3 (DHA)

-6,6

0,002

6,33

< 0,0005

Es ist gut zu erkennen, dass AMD-Patienten signifikant höhere Spiegel der Omega-6-Fettsäure Arachidonsäure (AA) aufweisen, aber niedrigere Spiegel bei den Omega-3-Fettsäuren Alpha-Liponsäure (ALA), EPA und DHA, wobei die Differenz bei ALA nicht signifikant ist. ALA kommt in pflanzlichen Quellen wie Leinöl oder Chiasamen vor. Das Risiko im Quartil mit den geringsten Spiegeln an AA betrug nur 0,11, also nur etwa ein Neuntel. AA kommt ausschließlich in tierischen Quellen vor. Eine vegetarisch orientierte Ernährung mit wenig AA könnte sich daher als sehr günstig in der Prävention von AMD erweisen. Ganz anders bei den Omega-3-Fettsäuren. Eine schlechte Versorgung mit den Omega-3-Fettsäuren ALA, EPA und DHA bedeutet ein 3 - bis knapp 8-fach erhöhtes Risiko, dass eine AMD auftritt, wobei der Effekt für die pflanzliche ALA am schwächsten und für die maritimen EPA und DHA am stärksten ist.

Intervention – Schützt die Einnahme von Omega-3 vor AMD?

NAT2-Studie

Den Beweis, dass ein Medikament, Lebensmittel oder Nährstoff protektive Effekte bei einer Krankheit aufweist, kann nur eine Intervention mit diesem Faktor antreten, am besten in einer kontrollierten, randomisierten Doppelblindstudie. 236 AMD-Patienten mit einseitigem Befall zwischen 55 und 85 Jahren mit einem Visus von mindestens 0,4 erhielten Omega-3 (840 mg DHA, 270 mg EPA) oder Placebo für 3 Jahre. Primärer Endpunkt war das Auftreten einer CNV (Choroidale Neovaskularisation) am anderen Auge. Dieses primäre Ziel wurde nicht erreicht: Es gab keinen Unterschied zwischen Placebo und Verum. Als die Forscher jedoch die Blutspiegel maßen, fanden sie – unabhängig, ob Omega-3 eingenommen wurde oder nicht – eine deutliche Abhängigkeit für das Auftreten einer CNV vom Spiegel. Das Tertil mit den höchsten EPA/DHA-Spiegeln hatte ein um 68 % niedrigeres Risiko für CNV [7]. Die Studie ist auch als NAT2 bekannt geworden.

Anmerkung des Autors: Mit knapp über 1 g EPA/DHA wurde eine eher kleine Dosis eingesetzt. Seit Jahren messe ich bei all meinen Patienten die Fettsäuren, gebe dann so viel Omega-3, dass die Patienten damit vermutlich auf einen AA/EPA-Quotienten von < 2,5 und einen Omega-3-Index (Summe von EPA/DHA in Relation zu allen Fettsäuren) von > 8 % kommen, kontrolliere nach 3 Monaten und justiere dann gegebenenfalls die Dosis nach. Ich therapiere also nicht mit einer fixen Dosis, wie das in wissenschaftlichen Studien üblicherweise aus Gründen der Vereinfachung geschieht, sondern individualisiere die Therapie spiegelgesteuert. Die Empirie zeigt dabei, dass ich selten unter 2 g verwende (außer bei Kindern und sehr schlanken Menschen), mitunter aber sogar 3 bis 4 g benötige. Es kommt also nicht auf die Menge, sondern auf den Spiegel an, was sich in dieser Studie auch wiederfinden lässt. Nebenbei: Das Drittel mit den höchsten Omega-3-Werten in der NAT2-Studie wies einen durchschnittlichen Omega-3-Index von 8,56 % auf. Die Probanden sind also genau in dem Bereich gewesen, in dem ich mir auch Wirkungen erwarte – weniger darf es einfach nicht sein.

AREDS2-Studie

Kommen wir nun zur AREDS2-Studie. Dazu müssen wir zunächst auf die Vorläuferstudie eingehen, die AREDS-Studie. Hier erhielten die Versuchspersonen 500 mg Vitamin C, 400 I. E. Vitamin E, 15 mg Beta-Carotin, 80 mg Zinkoxid und 2 mg Kupferoxid oder Placebo. Unter Verum wurde dabei die Rate an fortgeschrittener AMD um 25 % reduziert, was belegt, dass AMD mit Antioxidanzien verhindert oder zumindest verzögert werden kann [8]. Daraufhin wurde AREDS2 konzipiert, bei der 4203 AMD-Patienten über 50 Jahre neben der AREDS-Studienmedikation zusätzlich 10 mg Lutein und 2 mg Zeaxanthin oder 650 mg EPA und 350 mg DHA erhielten. Während die Gabe der Carotinoide einen zusätzlichen Nutzen zur bewährten AREDS-Medikation zeigten, war dies in den Omega-3-Gruppen nicht der Fall [9].

Warum verlief AREDS2 im Gegensatz zu NAT2 negativ für Omega-3? Dieser Frage gingen Forscher [10] nach und kritisierten an AREDS2 folgende Punkte:

  • Während NAT2 speziell auf die Effekte von DHA für die Progression der AMD fokussiert war, gab es bei AREDS2 insgesamt 20 (!) verschiedene Behandlungsgruppen, was die Bewertung enorm erschwert.
  • 11 % der Studienteilnehmer von AREDS2 nahmen zusätzlich zur Studienmedikation Omega-3 und hätten wegen Verletzung des Studienprotokolls ausgeschlossen werden müssen, was aber nicht der Fall war.
  • Der DHA-Spiegel in der Kontrollgruppe lag bei AREDS2 am Studienende 14 % höher als zu Beginn, was nur durch eine drastische Ernährungsänderung oder durch zusätzliche Einnahme von DHA-Präparaten zu erklären ist. Zahlreiche Probanden der Placebogruppe nahmen also relevante Mengen von Omega-3 ein, was so nicht vorgesehen war. In NAT2 wurden Probanden, bei denen eine zusätzliche Einnahme von Omega-3 vermutet worden war, aus der Studie ausgeschlossen, bei AREDS2 hingegen nicht.
  • Ein weiterer erheblicher methodischer Fehler war die Messung der Fettsäuren im Serum. Die Serummessung spiegelt nur die Ernährung bzw. Nahrungsergänzungszufuhr der letzten Tage wider und kann daher von einer einzigen fettreichen Mahlzeit enorm beeinflusst werden, während die Messung in der Erythrozytenmembran annähernd die durchschnittliche Zufuhr der letzten 3 Monate erfasst. AREDS2 maß fälschlich im Serum, NAT2 korrekt in der Erythrozytenmembran.
  • Beide Studien verwendeten etwa 1 g EPA/DHA. Während die DHA/EPA-Ratio in AREDS2 1:2 betrug, lag diese in NAT2 bei 3:1. Da 50 % aller Fettsäuren in der retinalen Photorezeptormembran aus DHA, aber nur 0,1 % aus EPA bestehen, ist ein DHA-reiches Präparat vermutlich erfolgversprechender. Das war in NAT2 der Fall, AREDS2 baute jedoch leider auf EPA.
  • NAT2 verwendete Triglyceride, also naturbelassene Öle. In AREDS2 kam jedoch ein Ethylester zum Einsatz, also ein völlig künstliches Fischöl, dessen Bioverfügbarkeit der von Triglyceriden deutlich nachsteht.

Ich möchte diese Kritik noch um 2 Punkte ergänzen:

  • Während in NAT2 Gruppen mit hohem oder niedrigen Omega-3-Spiegel gebildet wurden (unabhängig, ob sie Omega-3 bekamen oder nicht), verglich AREDS2 nur die Verum- gegen die Placebogruppen – wir haben aber erfahren, dass es nicht auf die eingenommene Menge, sondern auf den erzielten Spiegel ankommt.
  • 1 Gramm EPA/DHA ist einfach wirklich zu wenig. Immerhin gelangten damit noch einige in NAT2 in den Bereich über 8,56 % Omega-3-Index. Bei AREDS2 (es wurden leider keine Daten dazu erhoben), waren es vermutlich aufgrund der schlechten Resorption der Ethylester viel weniger.

Wir sehen also, dass schwere methodische Fehler zu negativen Studienergebnissen führen. Das haben wir schon oft gesehen, z. B. bei der mit über 25 000 Teilnehmern bisher größten Omega-3-Studie VITAL, bei der kein Nutzen in der Prävention von KHK gesehen wurde. Diese Studie habe ich bereits ausführlich beschrieben und bewertet [11].

Die Dosis macht nicht nur, ob „ein Ding ein Gift ist oder nicht“ (Paracelsus), sondern auch, ob es ein Heilmittel ist oder nicht. Warum eine Cochrane-Analyse zur KHK negativ für Omega-3 ausfiel, habe ich unter Berücksichtigung der eingesetzten Dosen umfassend gewürdigt [12].

Darum wollen wir uns abschließend einer Studie zuwenden, bei der eine wirklich hohe Dosis eingesetzt wurde, wie selbst ich sie kaum jemals verwende. In dieser Studie wurden 5 g EPA/DHA verwendet. Hierunter kam es zu einer Verbesserung des Visus von mehr als einer Linie im Sehtest innerhalb von 4,5 Monaten. Die größte Verbesserung von 15 Buchstaben im Sehtest erreichten die Patienten, die einen AA/EPA < 2 aufwiesen. Auch Patienten mit schwerer AMD konnten innerhalb von wenigen Monaten noch eine deutliche Verbesserung erzielen [13]. Auch diese Studie belegt, dass in der Fettsäureanalyse optimale Werte erzielt werden müssen, um wirklich gute Effekte zu erzielen – dafür brauchen wir aber wirklich hohe Dosen (5 g entspricht immerhin 2 ½ EL Fischöl).

Kasuistik

Die 50-jährige Johanna B. (Name von der Redaktion geändert) suchte wegen zunehmender Sehstörungen den Ophthalmologen auf. Dieser fand eine deutliche Einschränkung der Sehleistung mit einem Visus von 0,8 rechts und 0,6 links. Als Ursache diagnostizierte er eine feuchte AMD. Er schlug eine Therapie mit dem Antikörper Lucentis® vor, bei der einmal im Monat eine Injektion erfolgen sollte. Die Patientin war jedoch sehr naturheilkundlich orientiert und schreckte vor den vielen möglichen Nebenwirkungen zurück. Daher suchte sie mich in meiner naturheilkundlichen Ambulanz auf und fragte nach naturheilkundlichen Alternativen. Ich empfahl ihr ein antioxidatives Kombinationspräparat mit den Antioxidanzien aus der AREDS-Studie plus Lutein/Zeaxanthin aus der AREDS2-Studie. Obwohl AREDS2 bezüglich Omega-3 negativ verlaufen war, empfahl ich Frau B. wegen der positiven epidemiologischen Studien und der methodischen Mängel der AREDS2-Studie bezüglich Omega-3 ein Omega-3-Präparat.

Bei der Fettsäureanalyse wies sie ein AA/EPA-Verhältnis von 14,5 und einen Omega-3-Index von 4,8 % auf, was noch schlechter ist als in der Normalbevölkerung, wo ich geschätzt eine durchschnittliche Ratio von ca. 10 und einen Index von 5–6 % finde. Sie verzehrte aber nur etwa einmal im Monat Fisch, was diese Werte durchaus erklärte. Da sie mit 73 kg normalgewichtig war, empfahl ich ihr bei dieser Konstellation nicht 2, sondern 3 g EPA/DHA. Da dies mehr als 20 konventionellen Fischölkapseln mit 500 mg Fischöl entspricht, riet ich ihr zu 1 ½ EL natürlichem Fischöl. Da ich bei der AMD das DHA für wichtiger als das EPA halte, empfahl ich ihr nicht die Einnahme eines üblichen Fischöls, welches EPA-lastig ist, sondern ein Dorschleberöl, welches bei gleicher Omega-3-Konzentration aber relativ mehr DHA enthält. Eine Alternative, die es vor einigen Jahren noch nicht gab, wäre heute das vegane Algenöl, welches doppelt so viel Omega-3 wie Fisch- oder Dorschleberöl enthält, aber auch mehr DHA als EPA besitzt.

Nach 3 Monaten lag der AA/EPA-Quotient bei sehr guten 1,9 und der Omega-3-Index bei 10,8 %, was auch daran lag, dass sie ihren Fleisch-/Wurst-/Käse-Konsum etwas eingeschränkt und nun einmal pro Woche Lachs, Hering oder Makrele verzehrt hatte, welches besonders Omega-3-reiche Fische sind. Ihre 1 ½ EL Dorschleberöl nahm sie in einem Schluck Gemüse- oder Obstsaft, damit der Geschmack überdeckt wurde. Ein frisches und qualitativ hochwertiges Fisch- oder Algenöl schmeckt zwar kaum nach Fisch (ein penetranter Fischgeschmack würde eine hohe Oxidation anzeigen, das Öl sollte dann umgehend entsorgt werden), aber der Fettgeschmack wird vielen Anwendern nach einiger Zeit zuwider, sodass ich immer dazu rate, den Geschmack mit Saft, Smoothie, Fruchtjoghurt oder etwas anderem zu überdecken. Weil der Wert jetzt so gut geraten war, riet ich ihr dazu, ein wenig „zurückzurudern“, wobei ich jetzt nicht von 1 ½ auf einen 1 oder 1 ¼ EL reduzieren wollte, sondern ich sagte ihr, dass sie an allen „Fischtagen“ auf das Öl verzichten solle, dann würden die Werte minimal schlechter werden, aber immer noch in „meinem“ optimalen Bereich von Quotient 2,5 und Index > 8% bleiben.

Sie geht regelmäßig zum Ophthalmologen, der sehr erstaunt darüber ist, dass er in den letzten 4 Jahren nicht nur keine Verschlechterung an der Retina beobachten konnte, sondern dass sich der Visus auf 0,9 rechts und 0,8 links verbesserte. Solche Verbesserungen sieht man sonst nur – wenn überhaupt – bei einer Therapie mit Lucentis® (jedenfalls bei feuchter AMD), was aber mit einem Preis von ca. 1200 € pro Monats-Spritze teuer erkauft werden muss.

Fazit: Augen auf bei der AMD-Therapie!

Wie bei vielen anderen negativen Studien im Bereich der orthomolekularen Therapie sollte man sich auch bei den AMD-Studien die Methodik sehr genau anschauen. Alles in allem gibt es aufgrund von Grundlagen-, epidemiologischen und interventionellen Studien so gute Hinweis auf eine Wirksamkeit von Omega-3-Fettsäuren, dass auch die EFSA (Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde) für DHA einen Health Claim für die Erhaltung der Funktion der Augen aufgestellt hat [14].

Ich würde heute bei jeder neurologischen Störung – auch Erkrankungen des Sehnervs stellen letztlich neurologische Störungen dar – Omega-3 einsetzen, wobei ich mich hier für ein DHA-reiches Öl wie Algen- oder Dorschleberöl entscheiden würde. Eine Messung vor und 3 Monate nach der Therapie erleichtert das Finden der optimalen, individuellen Dosis und erhöht nach meiner Erfahrung die Wahrscheinlichkeit, eine Verbesserung der zu behandelnden Krankheit zu erreichen, enorm.

Dr. med. Volker Schmiedel
war von 1996–2015 Chefarzt der Inneren Abteilung der Habichtswaldklinik Kassel. Seit 2016 ist er als Arzt im ganzheitlichen Ambulatorium Paramed in Baar (Schweiz) tätig. Er war viele Jahre Fortbildungsleiter für „Naturheilverfahren“ der Medizinischen Woche und Mitherausgeber der Zeitschrift Erfahrungsheilkunde. Er ist Mitherausgeber des „Leitfaden Naturheilkunde“ sowie Autor zahlreicher weiterer naturheilkundlicher Bücher für Therapeuten und Laien.

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Interessenkonflikt: Der Autor hat in den letzten Jahren zur Thematik Vorträge gehalten für die Firmen: Biogena, Loges, Hepart, SanOmega, SwissMedicalPlus.

  1. Kaarniranta K, Salminen A. NF-kappaB signaling as a putative target for omega-3 metabolites in the prevention of age-related macular degeneration (AMD). Exp Gerontol 2009; 44 (11) : 685-688
  2. Christen WG, Schaumberg DA, Glynn RJ. et al. Dietary ω-3 fatty acid and fish intake and incident age-related macular degeneration in women. Arch Ophthalmol 2011; 129 (07) : 921-929
  3. Sangiovanni JP, Agrón E, Meleth AD. et al. Age-Related Eye Disease Study Research Group: {omega}-3 long-chain polyunsaturated fatty acid intake and 12-y incidence of neovascular age-related macular degeneration and central geographic atrophy: AREDS report 30, a prospective cohort study from the Age-Related Eye Disease Study. Am J Clin Nutr 2009; 90 (06) : 1601-1607
  4. Eisenhauer B, Natoli S, Liew G. et al. Lutein and zeaxanthin-food sources, bioavailability and dietary variety in age-related macular degeneration protection. Nutrients 2017; 9 (02) : 120. DOI: 10.3390/nu9020120.
  5. Leung HH, Ng AL, Durand T. et al. Increase in omega-6 and decrease in omega-3 polyunsaturated fatty acid oxidation elevates the risk of exudative AMD development in adults with Chinese diet. Free Radical Biology and Medicine 2019; 145 : 349-356
  6. Ng AL, Leung HH, Kawasaki R. et al. Dietary habits, fatty acids and carotenoid levels are associated with neovascular age-related macular degeneration in Chinese. Nutrients 2019; 11 (08) : 1720. DOI: 10.3390/nu11081720.
  7. Souied EH, Delcourt C, Querques G. et al. Nutritional, oral docosahexaenoic acid in the prevention of exudative age-related macular degeneration: The Nutritional AMD Treatment 2 study. Ophthalmology 2013; 120 (08) : 1619-1631
  8. Age-Related Eye Disease Study Research Group. A randomized, placebo-controlled, clinical trial of high-dose supplementation with vitamins C and E, beta carotene, and zinc for age-related macular degeneration and vision loss: AREDS report no. 8. Arch Ophthalmol 2001; 119 (10) : 1417-1436
  9. Age-Related Eye Disease Study 2 Research Group. Lutein + zeaxanthin and omega-3 fatty acids for age-related macular degeneration: The Age-Related Eye Disease Study 2 (AREDS2) randomized clinical trial. JAMA 2013; 309 : 2005-2015
  10. 1Souied EH, Aslam T, Garcia-Layana A. et al. Omega-3 fatty acids and age-related macular degeneration. Ophthalmic Res 2016; 55 (02) : 62-69
  11. https://www.dr-schmiedel.de/omega-3-zur-praevention-der-koronaren-herzkrankheit/
  12. www.dr-schmiedel.de/faule-meta-analysen/
  13. Georgiou T, Prokopiou E. The new era of omega-3 fatty acids supplementation: Therapeutic effects on dry age-related macular degeneration. J Stem Cells 2015; 10 (03) : 205-215
  14. efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.2903/j.efsa.2011.2077 , dort auf Seite 13
  15. CATT Research Group; Daniel F Martin, Maureen G Maguire et al. Ranibizumab and bevacizumab for neovascular age-related macular degeneration. N Engl J Med 2011; 364 (20) : 1897-1908
  16. www.aerzteblatt.de/nachrichten/50052/AMD-Lucentis-und-Avastin-langfristig-gleichwertig
  17. www.sueddeutsche.de/wissen/ueberteuerte-medikamente-dreiste-augenwischerei-1.891438
  18. www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft