Kardiovaskuläre ErkrankungenHydrotherapie und Sauna bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Sauna und Hydrotherapie werden in ihren Möglichkeiten bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen oft unterschätzt. Sie können eine effektive Zusatztherapie bei vielen Erkrankungen wie Hypertonus, Durchblutungsstörungen und zur Stress-Prophylaxe sein.

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Mann macht einen Aufguss in der Sauna.
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Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 und Fettstoffwechselstörungen scheinen sich durch Saunagänge und andere Verfahren der Hydrotherapie positiv beeinflussen zu lassen.

Zur Therapie und Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wird ein Lebensstil mit viel Bewegung und gesunder Ernährung empfohlen – Regelmäßige Saunagänge können die Behandlung zum Beispiel von Bluthochdruck oder der koronaren Herzkrankheit sinnvoll ergänzen

Herz-Kreislauf-Erkrankungen stehen in den westlichen Ländern immer noch auf Platz 1 der Todesursachen. Dennoch darf man nicht verkennen, dass die operative Medizin und die medikamentöse Therapie immense Fortschritte gemacht haben. Es stellt sich die Frage, warum man heute überhaupt intensiver über nicht-medikamentöse Therapieverfahren nachdenken sollte. Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden Naturheilverfahren wie die Hydrotherapie in der Regel additiv zu konventionellen Verfahren eingesetzt.

Der Schwerpunkt liegt bei den chronischen Erkrankungszuständen, bei denen die konventionelle Medizin zwar auch immense Fortschritte erzielt hat, die Compliance der Patienten aber geringer ist [1]. Größer ist die Compliance bei Naturheilverfahren, bei denen auch das Nebenwirkungspotenzial weniger ausgeprägt ist. Durch den gezielten Einsatz dieser Verfahren kann man zudem hoffen, in geeigneten Fällen notwendige Medikamente in der Dosis anzupassen und somit Nebenwirkungen zu reduzieren. Im Vordergrund naturheilkundlicher Interventionen stehen heute die Bewegungs- und Ernährungstherapie, Entspannungsverfahren sowie die Beeinflussung weiterer Risikofaktoren und des Lebensstils. Allerdings kann auch das gängige Konzept durch Maßnahmen der Hydro- und Thermotherapie sinnvoll ergänzt werden.

Hydrotherapie und Sauna: Immer noch aktuell

Bis vor wenigen Jahrzehnten waren Bäderkuren und die Hydrotherapie allgemein ein Inbegriff für Möglichkeiten einer Gesundheitsstabilisierung. Das Thema „Sauna“ wird heute im Unterschied zu früher kaum mit Therapie oder Prävention assoziiert, sondern mit dem Thema Wellness. Allenfalls denkt man noch an „Abhärtung“ in Bezug auf das Immunsystem. Eigentlich ist das bei der Beliebtheit von Naturheilverfahren erstaunlich, zumal die Wirkung der Sauna bestens untersucht ist. In der Ärzteschaft überwiegen aber oft Skepsis und die Angst vor einer Überforderung der Patienten. Nachfolgend sollen daher einige neuere, zum Teil aber auch relevante ältere Befunde in Erinnerung gerufen werden. Sofern sie die Sauna betreffen, sind neben der finnischen Sauna auch andere Hyperthermie-Varianten berücksichtigt worden.

Hypertonus

Der Hypertonus gehört nach wie vor zu den oft nicht erkannten und unterschätzten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die anzustrebenden Grenzwerte wurden im Laufe der letzten Jahrzehnte mehrfach nach unten korrigiert. Im Bereich der Hydrotherapie kommen bei Hypertonus kalte Brust- oder Leibwickel sowie in besonderer Weise ansteigende Arm- oder Unterschenkelbäder und CO2-Bäder zum Einsatz. Auch Zusatzbäder, zum Beispiel mit Melisse oder Lavendel, fördern die Entspannung und sind daher zu empfehlen. Alle diese Verfahren helfen nur bei regelmäßiger und serieller Anwendung, wobei sich 2-mal pro Woche als sinnvoll erwiesen hat.

Weitgehend in Vergessenheit geraten sind die sogenannten „mechanischen Bäder“, bei denen der milde Reiz eines thermoindifferenten Halbbades durch mechanische Reize wie Bürstungen oder Beschöpfungen mit Wasser (Bürsten- oder Schöpfbäder) verstärkt wird (Technik: siehe [2]). Man findet sie heute fast nur noch in ausgewiesenen Kneipp-Kurorten. Während einer seriellen Anwendung, 2-mal Behandlung pro Woche über 5 Wochen, kam es auch unabhängig von den Bedingungen eines Kurortes zu einer signifikanten Senkung des systolischen und diastolischen Blutdrucks, wobei der Effekt auch 3 Wochen nach Ende der Behandlung noch nachweisbar war [3]. Eine Blutdrucksenkung durch regelmäßigen Saunabesuch, also 1–2-mal pro Woche das ganze Jahr hindurch, kann bei einem unkomplizierten Bluthochdruck als erwiesen angesehen werden. Das Tauchbecken ist dabei kontraindiziert. Die Blutdrucksenkung beruht auf einem geringeren peripheren Gefäßwiderstand durch Erweiterung der Blutgefäße [4]. Im Jahr 2012 bestätigten Gayda et al. [5] [6] mittels einer 24-Stunden-Blutdruckmessung die günstige Wirkung der Sauna auf den Blutdruck.

Eine Blutdrucksenkung erreicht man auch durch „sanfte“ Varianten der Hyperthermie-Anwendungen wie die Biosauna mit einer Temperatur von 60°C oder Infrarot-Kabinen. In den letzten Jahren verdichten sich die Hinweise, dass sich die Endothelzellfunktion bei regelmäßigem Saunabesuch verbessert. Zwar kamen Brockow et al. nach einer systematischen Literaturanalyse 2011 noch zu der vorsichtigen Schlussfolgerung, dass eine verbesserte Endothelzellfunktion bei systemischer Hyperthermie zwar wahrscheinlich ist, der Nachweis aber noch aussteht [7]. 2013 zeigten nun Persiianova-Dubrova und Badalov, dass sowohl die finnische Sauna als auch Infrarot-Kabinen die Endothelzellfunktion bei Herz-Kreislauf-Patienten verbessern [8].

Koronare Herzerkrankung

Ziele sind auch hier eine Herzentlastung durch periphere Vasodilatation sowie eine vegetative Umstimmung. Zur Gewöhnung an die Reize können anfangs kalte Knie- und Schenkelgüsse, später Arm- und Untergüsse empfohlen werden. Gut eignen sich am Anfang auch wechselwarme Fußbäder. Spezifisch wirksam sind ansteigende Armbäder, die zu einer reflektorischen Erweiterung der Koronargefäße und auch Blutdrucksenkung führen [9]. Man fängt mit Wassertemperaturen von 33–34°C an und steigert die Temperatur innerhalb von etwa 20 Minuten auf 40–42°C. Diese Temperatur wird 1–2 Minuten beibehalten und das Armbad durch einen kurzen Kaltreiz abgeschlossen. Es folgt eine Nachruhe von 15–30 Minuten. Der Grund für dieses Vorgehen besteht darin, dass ein sofortiger intensiver Warm- bzw. Heißreiz eine paradoxe Reaktion hervorrufen kann, das heiß, es kann zu einer Vasokonstriktion anstatt der erwünschten Vasodilatation kommen.

Mild wirken auch kalte Brust- oder Leibwickel, die stets nur auf warmer Haut appliziert werden sollen und zu einer intensiven reaktiven Hyperämie mit Wärmegefühl führen. Wird der Patient im Wickel nicht warm, sollte die Behandlung beendet werden. Die Wickel können besonders nach einer Warmanwendung, zum Beispiel nach der Sauna, empfohlen werden und führen zu einer intensiven vegetativen Umstimmung.

Vorsicht bei Vollbädern

Vollbäder sollten bei Herzpatienten insgesamt nur vorsichtig angewandt werden, da man die Herzbelastung oftmals unterschätzt. Durch den hydrostatischen Druck des Wassers kommt es zu einer Blutumverlagerung aus den Beinen in Richtung Herz, sodass das Herz unmittelbar circa 750 ml zusätzlich bewältigen muss. Eine Besonderheit stellt das CO2-Bad dar, denn Kohlendioxid reizt die Warm- und hemmt die Kaltrezeptoren. Dadurch ist die Vasodilatation größer als bei einem gleich temperierten Wasserbad, das Herz wird weniger belastet, der Blutdruck sinkt. Gleichzeitig steigt die vagotone Reaktionsbereitschaft auf einen abschließenden Kaltreiz [10]. Derartige Bäder können auch zu Hause angewandt werden, wobei man das CO2 chemisch aus pulverförmigen Substanzen im Badewasser entstehen lässt. Eine genaue Einweisung des Patienten sollte aber erfolgen, zum Beispiel dass sie den Kopf über Wannenrand halten müssen, um nicht zu viel CO2 einzuatmen und das Verfahren nicht alleine zu Hause durchführen sollen.

Zumindest in der Rehabilitation ist nach einem Myokardinfarkt die Sauna bei ausreichender Belastbarkeit (75 Watt oder mehr) und dem Fehlen von Kontraindikationen seit Jahrzehnten etabliert. Neuere Untersuchungen insbesondere zur japanischen Hyperthermie-Variante, der Waon-Therapie, bestätigen die älteren Befunde. Von Sobajima et al. stammt eine Studie aus dem Jahr 2013 über die Erfolge der Behandlung mit einer Niedrig-Temperatur Infrarot-Kabine von 60°C bei Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung [11]. Hierbei wurden 16 Patienten täglich 15 Minuten mit 30 Minuten Nachruhe in einer Schwitzpackung behandelt. Die Vergleichsgruppe bestand aus 8 Patienten. Die mit Hilfe einer Myokard-Perfusionsszintigraphie ermittelte Durchblutung des Herzmuskels erhöhte sich nach 3 Wochen bei den mit Infrarot behandelten Patienten. Die Autoren interpretierten die Sauna bzw. vergleichbare Anwendungen als neuartige, nichtinvasive Therapie für Herz-Patienten.

Niedrigeres Sterberisiko

Nach Untersuchungen des Finnen Laukkanen [12] korrelieren die Häufigkeit des Saunabesuchs pro Woche und der plötzliche Herztod signifikant negativ: Je öfter die Personen also in die Sauna gingen, umso seltener trat ein plötzlicher Herztod oder Herzinfarkt auf. Immerhin nahmen 2315 Männer im mittleren Alter über einen Zeitraum von bis zu 17 Jahren an der Untersuchung teil. Das Risiko sank bei 2–3-maligem Saunabesuch pro Woche um 23 %, bei 7-mal pro Woche um 48 %. Es kann aber durchaus auch so sein, dass gesündere Männer einfach häufiger in die Sauna gehen. Vor einer Verifizierung dieser Ergebnisse sollte es bei der Empfehlung bleiben, 1- oder 2-mal in der Woche die Sauna zu nutzen. Der Körper braucht etwa 2–3 Tage, um den bei uns üblichen intensiven Saunareiz, der nicht in jedem Fall mit den finnischen Saunagewohnheiten übereinstimmt, auszuregulieren. Zu häufiges Nutzen der Sauna kann sonst möglicherweise auch zu Regulationsstörungen des vegetativen Nervensystems führen.

Inzwischen gibt es zu diesem Thema auch tierexperimentelle Befunde. Sobajima et al. berichteten 2011 über Versuche an Ratten mit einem experimentell erzeugten Herzinfarkt [13]. Die Ratten wurden dann täglich mit einer Infrarot-Hyperthermie behandelt. Dabei verbesserte sich die Blutgefäßneubildung am Herzen, wobei als Ursache eine gesteigerte Stickoxid-Produktion in den Blutgefäßwänden ermittelt wurde.

Regelmäßige Saunabesuche können möglicherweise das Risiko für plötzlichen Herztod senken.

Herzinsuffizienz

Ein wichtiges Therapieziel der Hydrotherapie bei Herzinsuffizienz ist die Erzielung einer Herzentlastung durch periphere Vasodilatation. Außer der Sauna werden auch andere Maßnahmen der Hydrotherapie empfohlen. CO2-Bäder können wegen der Entlastung des Herzens und der gleichzeitig nur geringen Herzbelastung aufgrund der niedrigen Temperatur sehr hilfreich sein. Ansteigende Armbäder, wechselwarme Güsse und Brustwickel sind ebenso empfehlenswert. Klassische Vollbäder hingegen belasten, wie bereits besprochen, das Herz und sollten vermieden werden.

Erstaunlich ist, dass Hyperthermie-Anwendungen auch bei Herzinsuffizienz positive Effekte haben können. Bekannt ist, dass das Herz durch die Weitstellung peripherer Blutgefäße entlastet wird. Basford et al. untersuchten 2009 in einer randomisierten Cross-Over-Studie 9 Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz in den Stadien NYHA III oder IV die Verträglichkeit und Akzeptanz der Sauna [14]. Dabei gingen die Patienten 3-mal in der Woche über 4 Wochen in die Sauna. Die Verträglichkeit war gut, es kam zu keinen unerwünschten Wirkungen. Die Belastbarkeit auf dem Fahrrad-Ergometer verbesserte sich zwar nicht, unter Ruhebedingungen sank aber der Noradrenalin-Spiegel im Blut signifikant um 24 %, was für eine geringere Stress-Belastung des Herzens spricht.

Herzparameter verbessert

Unter einer Hyperthermie-Serie (Waon-Therapie) besserte sich nach Sobajima et al. nach 3 Wochen die Auswurfleistung des Herzens [15]. Auch der Herzinsuffizienz-Marker Brain Natriuretic Peptide (BNP) und der 6-Minuten-Gehtest fielen besser aus. Die parallel durchgeführte Auswertung von Fragebögen sprach für verbesserte mentale Komponenten und ein erhöhtes allgemeines Wohlbefinden. Dabei erhöhte sich das Wohlbefinden unabhängig von den Messwerten. Ähnliche Untersuchungen stammen von Tei et al. ebenfalls zur Waon-Therapie bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz [16]. Als Parameter diente unter anderem der BNP-Spiegel, der anfangs erhöht war. Zum Vergleich wurde eine Kontrollgruppe gebildet, die Zuweisung zu den Gruppen erfolgte randomisiert. Nur bei den Patienten mit WAON-Therapie verbesserten sich die gemessenen Parameter.

Von besonderer Relevanz sind Untersuchungen zu „harten“ Endpunkten. Dazu untersuchten Kihare et al. 2009 mittels einer randomisierten Studie 129 Patienten mit Herzinsuffizienz in den Stadien NYHA III oder IV [17]. Von diesen Patienten wurden 64 anfangs 5-mal und dann 2-mal wöchentlich für jeweils 15 Minuten mit einer 60 °C Infrarot-Kabine behandelt, die übrigen 65 Patienten dienten zum Vergleich. Beachtenswert ist auch die Dauer der Untersuchung mit einem Zeitraum von 5 Jahren. In der Kontrollgruppe verstarben 12 Patienten, in der Hyperthermie-Gruppe nur 8. Schwerwiegende kardiale Ereignisse insgesamt traten bei 68,7 % der Kontrollgruppe und bei 31,3 % der Hyperthermie-Gruppe auf (p < 0,01). Die Ergebnisse bekräftigen den Therapieeinsatz der Hyperthermie für die Herzinsuffizienz.

Periphere arterielle Durchblutungsstörungen

Bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) ist zumindest bei höheren Schweregraden Vorsicht vor zu intensiven lokalen Wärmeanwendungen angebracht, da diese den Stoffwechsel steigern und bei zu geringer Durchblutungssteigerung Gewebsschäden nicht auszuschließen sind. Auch hier sind ansteigende Teilbäder, CO2-Bäder und wechselwarme Güsse angezeigt. Besonders bei funktionellen Durchblutungsstörungen, etwa bei Morbus Raynaud, kann zusätzlich der durchblutungssteigende Effekt von Gleichstrom genutzt werden, wie man es zum Beispiel bei den 2- oder 4-Zellenbädern oder beim Stangerbad in die Praxis umsetzt. Allerdings sind Physiotherapie-Praxen mit derartigen Geräten kaum noch zu finden.

Die Anwendung der Sauna ist auch bei Frühstadien der pAVK seit langem etabliert. Neuere Untersuchungen stammen zur Variante der Waon-Therapie. Shinsato et al. untersuchten 2010 21 Patienten mit peripherer arterieller Verschluss-Krankheit [18]. Dabei erhielten 11 der Patienten zusätzlich zur Standard-Therapie täglich eine Waon-Therapie über 6 Wochen. Nur bei den Waon-Patienten verbesserten sich Schmerzen und der 6-Minuten-Gehtest signifikant. Bei den Laborparametern erhöhte sich die Zahl der zirkulierenden CD34+-Zellen. Parameter des Stickoxid-Stoffwechsels stiegen ebenfalls nur in der Waon-Gruppe an, was für eine Verbesserung der Endothelzell-Funktion unter Wärme spricht. Im Tierexperiment konnte gezeigt werden, dass an Mäusen mit experimentell erzeugten Durchblutungsstörungen eine Hyperthermie mit Infrarot die Angioneogenese und Ausbildung von Kollateralen fördern kann [19]. Das wäre ein Hinweis für die positiven Wirkungen der Sauna im Frühstadium arterieller Durchblutungsstörungen auch beim Menschen.

Beeinflussung kardiovaskulärer Risikofaktoren durch die Sauna

Ein wesentlicher Risikofaktor für die Arteriosklerose ist der Diabetes mellitus. Insbesondere der Typ 2 gehört zu den wichtigsten Zivilisationskrankheiten. Eine der Hauptursachen ist der westliche Lebensstil mit Bewegungsmangel und Übergewicht. Die Präventions- und auch Therapieprogramme beinhalten damit in erster Linie die Bausteine Bewegung und Ernährung. Die Änderung alter Gewohnheiten fällt aber nicht immer leicht. So ist es zu begrüßen, dass eine einfache Maßnahme wie die Sauna ebenfalls positive Wirkungen auf den Stoffwechsel zu haben scheint und die Therapie ergänzen könnte. McCarty et al. beschrieben 2009, dass Sauna oder warme Bäder ähnlich wie ein körperliches Training die Insulinempfindlichkeit der Gewebe steigern können [20]. Ursache scheint eine Beeinflussung der endothelialen NO-Synthese zu sein. Die Sauna könnte daher im gewissen Maße eine alternative Anwendung für Patienten sein, die zu einem effektiven aktiven Training nicht in der Lage sind. Insulinpflichtige Diabetiker sollten beachten, dass sie nicht unmittelbar nach dem Spritzen von Insulin in die Sauna gehen sollten, da durch die Wärme und die damit verbundene Hyperämie das Insulin schneller resorbiert werden kann. Das kann eine Hypoglykämie hervorrufen. Eine diabetische Polyneuropathie stellt wegen der fehlenden Warnsignale eine Kontraindikation für die Sauna dar.

Für das Wohl der Patienten ist aber neben den Befunden auch das Befinden der Patienten entscheidend, das mitunter zu wenig Beachtung findet. Beim Typ-2-Diabetes wird offenbar durch die Sauna auch die Lebensqualität beeinflusst. Dafür sprechen Ergebnisse aus Kanada [21]. Diabetiker besuchten über Monate 2-mal wöchentlich für jeweils 20 Minuten eine Infrarot-Kabine. Die Lebensqualität wurde mit dem international weit verbreiteten Fragebogen SF 36 beurteilt. Parameter des allgemeinen Gesundheitszustands verbesserten sich ebenso wie soziale Parameter, Stress-Indikatoren und Müdigkeit. Die Akzeptanz einer Infrarot-Hyperthermie war größer als die anderer Interventionen, die den Lebensstil betrafen.

Wenige Untersuchungen für Hyperlipidämie

Gegenüber dem Diabetes und seinen Folgen sind die Wirkungen der Sauna auf die Hyperlipidämie als weiterer wichtiger Risikofaktor nur wenig untersucht. Pilch et al. referierten 2010 über Beeinflussungen von Gesamtcholesterin und LDL bei 20 gesunden jungen Frauen [22]. Nach 7 Saunabesuchen im Abstand von 2 Tagen zeigte sich ein Abfall beider Parameter. Die HDL-Fraktion war dagegen angestiegen. Die Ergebnisse lassen sich natürlich nicht unmittelbar auf ältere und kranke Patienten übertragen.

Chronischer Stress gilt als ein wesentlicher Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sauna und andere hydrotherapeutische Maßnahmen tragen zu einer Beruhigung des vegetativen Nervensystems bei. Bei regelmäßigem Saunabesuch sinkt die Aktivität des Sympathikus (Indizien findet man am Wertepaar Herzfrequenz – Sinusarrhythmie sowie an einer gesenkten Vanillinmandelsäure-Ausscheidung). Außerdem ist die Substanz P als „Gegenspieler“ von Stresshormonen bei Saunanutzern erhöht [23], [24].

Effekt bei Schlafstörungen

Ein gesunder Schlaf gehört neben dem Wärmehaushalt, dem Stuhlgang, der Atmung und der Menstruation zu den vegetativ gesteuerten Grundfunktionen des Körpers. Oft sind sie bei chronischen Krankheiten gestört, können bei Störungen aber auch den Verlauf der Erkrankung negativ beeinflussen. Sauna kann sich auch positiv auf Schlafstörungen auswirken. Dabei ist von Bedeutung, dass besonders der Wärmehaushalt durch Sauna positiv beeinflusst wird. Kalte Füße sind zum Beispiel ein erheblicher Störfaktor für das Einschlafen. Die durchschnittliche Dauer bis zum Einschlafen beträgt bei kalten Füßen 25 Minuten, bei warmen Füßen dagegen nur 10 Minuten [25].

In den letzten Jahren betrachtet man die Arteriosklerose zunehmend auch als einen chronisch entzündlichen Prozess der Arterienwand. Insofern ist es von Interesse und weiterer Untersuchungen wert, dass ein regelmäßiger Saunabesuch die Entzündungsbereitschaft des Körpers allgemein zu senken vermag, was an einer geringeren Belastung durch freie Radikale infolge einer Stärkung antioxydativer Schutzsysteme zum Ausdruck kommt [26], [27].

Risiken durch Sauna?

Kluger hat 2011 auf den Widerspruch zwischen den Warnungen vor der Sauna und den nachgewiesenen günstigen Wirkungen bei Herz-Kreislauf-Patienten hingewiesen [28]. Übertreibungen sollten natürlich vermieden werden. So ist die Benutzung des Tauchbeckens für Hypertoniker und auch die meisten anderen Herzpatienten tabu. Eine ausreichende Leistungsfähigkeit von mindestens 75 Watt ist Voraussetzung für die Nutzung der Sauna.

Sauna gilt allerdings als ein Risiko für die Provokation von Herzrhythmusstörungen. Radtke et al. konnten 2016 aber zeigen, dass die Gefahr geringer ist als allgemein angenommen [29]. Im Zusammenhang mit der finnischen Sauna wurden 37 männliche Probanden untersucht. Von ihnen litten 12 an einer chronischen Herzinsuffizienz, 13 an einer koronaren Herzerkrankung und weitere 12 waren gesunde Kontrollpersonen. Beurteilt wurden unter anderem die Auswurfleistung des Herzens, der Blutdruck und die vegetative Herznervenfunktion (Rhythmusanalyse). Die Auswurfleistung und die Herzfrequenz stiegen unmittelbar nach der Sauna an, der systolische Blutdruck erniedrigte sich nach der Sauna und stieg nach der Kaltwasseranwendung an. Die Herzfrequenzanalyse zeigte keine Auffälligkeiten. Es ergab sich kein Hinweis für ein angestiegenes Risiko von Herzrhythmusstörungen. Trotz dieses positiven Befundes sollte man aber vor dem Aussprechen einer Empfehlung für die Sauna bei vorbestehenden Herzrhythmusstörungen deren Art und Schwere beachten.

Chronisch venöse Insuffizienz

Zwar stehen bei der chronisch venösen Insuffizienz Bewegung und Kompression sowie die bei den Patienten beliebten Weinlaub- und Rosskastanienpräparate im Vordergrund, den Effekt von Kaltreizen sollte man aber ebenfalls nicht unterschätzen. Sie tonisieren und straffen die Venen und verringern eine Ödemneigung. Geeignet sind kalte Knie- oder Schenkelgüsse sowie je nach Möglichkeiten das klassische Wassertreten. Warme Fußbäder sollte man dagegen meiden. Sauna ist bei einer einfachen Varikosis ohne Komplikationen und vernünftigem Verhalten dagegen durchaus möglich [30]. Die Venen sind unmittelbar nach der Sauna zwar besser gefüllt und treten stärker hervor, ein venöses Ödem kann in frühen Stadien aber auch ausgeschwemmt werden. In der Saunakabine sollten Venenpatienten die Beine hochlagern und gegebenenfalls bereits in, in jedem Fall jedoch nach der Sauna die Unterschenkel intensiv kühlen. Danach sollten – wenn vorhanden – die verordneten Kompressionsstrümpfe getragen werden. Bei offenen Wunden bzw. Ulcera ist die Sauna kontraindiziert. Bei oberflächlichen Thrombophlebitiden haben wir gute Erfahrungen mit kalten Auflagen, speziell mit Quark oder Heilerde gemacht.

Zum Schluss sei daran erinnert, dass die Propagierung der Sauna in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich unter medizinischen Gesichtspunkten erfolgte und der Gedanke einer Vorbeugung und Mitbehandlung bei bestimmten Erkrankungen verfolgt wurde. Somit ist die Sauna weit mehr als Wellness. Bei den in den letzten Jahren nachgewiesenen medizinisch relevanten Wirkungen wäre es wünschenswert, wenn dem gesundheitlichen Aspekt eines regelmäßigen Saunabesuchs wieder vermehrt Beachtung geschenkt werden würde.

Merke

Saunagänge sind auch bei chronisch venöser Insuffizienz möglich. Danach sollten die Beine jedoch gut gekühlt werden.

Priv.-Doz. Dr. med. Rainer Brenke
erhielt seine Ausbildung an der Berliner Charité, wo er auch lange tätig war. Später arbeitete er viele Jahre als Chefarzt naturheilkundlicher Krankenhausabteilungen in Niederbayern und Rheinland-Pfalz. Seit 2011 ist er in Berlin vorwiegend auf dem Gebiet der Weiterbildung in Naturheilverfahren und Physiotherapie tätig.

Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, dass keine wirtschaftlichen oder persönlichen Verbindungen bestehen.

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