
Willkommen im Arzneipflanzengarten des Instituts für Pharmazeutische Biologie der TU Braunschweig! Der Garten ist an allen Wochentagen öffentlich zugänglich. Beim Betreten des Gartens blickt man zunächst auf Arznei- und Giftpflanzen mit herzwirksamen Glykosiden (Beet 1) und Alkaloiden (Beet 2).
Hinter den Betonbauten des Campus-Ost der Technischen Universität Braunschweig erstreckt sich auf ca. 2500 m2 eine grüne Oase, der Arzneipflanzengarten des Instituts für Pharmazeutische Biologie. Ursprünglich wurde er für die Studierenden der Pharmazie angelegt, die sich hier anschaulich einen Überblick über einheimische und bei uns kultivierbare Arznei- und Gewürzpflanzen verschaffen können. In den rund 40 Jahren seines Bestehens hat er sich jedoch zu einem über die Grenzen Braunschweigs hinaus bekannten und in der Öffentlichkeit beliebten „grünen Ort“ entwickelt, der zum Erkunden und Verweilen einlädt – er ist an allen Wochentagen öffentlich zugänglich (Titelbild).

Abb. 1 Plan des Arzneipflanzengartens. Auf den Beeten 1–20 im Hauptteil des Gartens (rot) werden die Pflanzen nach Wirkstoffgruppen oder Indikation zusammengefasst. Die Nachbildungen historischer Gärten (grün) umfassen einen mittelalterlichen Klostergarten (I), einen Wurzgarten der Renaissance (II), einen Pfarrgarten des 17. Jh. (III) und einen Apothekergarten des 19. Jh. (IV). Im Erweiterungsteil finden sich Beete zu wechselnden Themen (a), ein Rondell mit Sitzgelegenheit (b) und eine Pergola-artige Laube (c). Weitere Beete zeigen aktuelle Arzneipflanzen und Pflanzen von felsigen Standorten. Ein Feuchtbiotop und eine Wiese mit Gehölzen ergänzen die Schaubeete.
Die Geschichte des Arzneipflanzengartens begann mit der Einzäunung einer Brachfläche hinter dem 1981 errichteten Gebäudekomplex der Pharmazie. Mitarbeitende des Instituts und der damalige Direktor, Prof. Dr. Thomas Hartmann, hatten die Idee, dort einen Arzneipflanzengarten anzulegen und setzten alles daran, diese Idee in die Tat umzusetzen. Mit dem Einbau einer Drainage, der Anlage der Hauptwege und der Zuweisung von Mitteln zur Einstellung eines Gärtners nahm die Entwicklung des Arzneipflanzengartens Mitte der 1980er-Jahre Fahrt auf. Die ersten Arzneipflanzen wurden aus dem knapp 2 km entfernten Botanischen Garten der TU Braunschweig in den Arzneipflanzengarten umgesiedelt. Weitere Pflanzen kamen aus befreundeten Instituten in Würzburg, Münster und Bonn sowie aus Wildvorkommen hinzu. Das Arten- und Sortenspektrum wurde sukzessive, u. a. durch den Austausch im Verbund der Botanischen Gärten, erweitert.
Neben den heute relevanten Arzneipflanzen kann man im Arzneipflanzengarten seit 1991 auch Miniaturnachbildungen historischer Gärten bestaunen. Anfang der 1990er-Jahre kamen ein Felsgarten und ein Feuchtbiotop mit Teich und naturbelassener Wiese hinzu. Ein im Jahr 2005 eingeweihter Erweiterungsteil mit einem kleinen Rondell bietet die Möglichkeit, Sitzgelegenheiten aufzustellen und Freiluft-Veranstaltungen im Garten durchzuführen (Abb. 1). Von dieser Möglichkeit machen nicht nur die Pharmazeutischen Institute, sondern auch die Studierenden mit ihren legendären Arzneipflanzengarten-Partys regen Gebrauch. Seit 2008 leben im Arzneipflanzengarten auch drei Bienenvölker, die von einem Mitarbeiter des Instituts betreut werden. So dient der Arzneipflanzengarten nicht nur als Augen-, sondern auch als Bienenweide – und liefert vorzüglichen Honig.

Abb. 2 Nachbildung eines barocken Pfarrgartens. Typisch sind die Buchsbaumhecken. Im Hintergrund ist die kleine Laube im Erweiterungsteil des Gartens zu erkennen.
200 Arten – virtuelle Rundgänge sind möglich
Heute präsentiert der Garten ca. 200 bei uns kultivierbare Arten von Arznei-, Gift- und Gewürzpflanzen sowie zu wechselnden Themen zusammengestellte Nutzpflanzen wie Färber- oder Gemüsepflanzen. Im Hauptteil des Gartens sind die Pflanzen auf ca. 15 Beeten nach Wirkstoffgruppen zusammengefasst (herzwirksame Glykoside, Alkaloide, ätherische Öle, Cumarine, Scharfstoffe, Bitterstoffe, Gerbstoffe, Saponine, Flavonoide, Arbutin, Salicylsäurederivate, Schleimstoffe, fette Öle). Weitere 5 Beete sind Indikationsgebieten gewidmet (Laxanzien, Immunstimulanzien, Gynäkologika, Prostatamittel, Zytostatika, Sedativa, Antidepressiva, Schmuckdrogen). Interessierte Besucher können sich auf Schautafeln an den Beeten über die besonderen Eigenschaften der Inhaltsstoffe, ihre Bedeutung für die Pflanze und ihre Verwendung sowie über die im Garten dargestellten Biotope informieren. Diese Tafeln sind auch bei „virtuellen Rundgängen“ zu den Themen Arzneipflanzen, Chemische Ökologie, Geschichte der Arzneipflanzen und Biotope auf der Homepage des Gartens einsehbar (https://arzneipflanzengarten.de/index.php/rundgaenge/rundgaenge). Selbstverständlich bietet das Institut auf Anfrage auch Führungen vor Ort an. Von dieser Möglichkeit machen in der Sommersaison in der Regel 15–25 kleinere oder größere Gruppen und Schulklassen Gebrauch. Alternativ informierte in der Vergangenheit eine Broschüre, der „Gartenführer“, auf knapp 160 Seiten über die im Garten zu findenden Pflanzen, ihre Herkunft, Beschreibung, die genutzte Droge und ihre Inhaltsstoffe, ihre Verwendung in der Schulmedizin oder als Industriedroge und ihre Geschichte als Arznei- oder Giftpflanze. Im Rahmen eines Wahlpflichtpraktikums haben Studierende im Jahr 2023 eine aktualisierte Online-Version des „Gartenführers“ erstellt (https://arzneipflanzengarten.de/index.php/arzneipflanzen), sodass diese Informationen zu jeder Pflanze nun per QR-Code abrufbar sind.
Die 4 historischen Gärten
Die Einrichtung der „Historischen Gärten“ geht auf eine Idee der früheren Institutsmitarbeiterin, Frau Dr. Adelheid Ehmke, zurück, die sie zusammen mit Frau Dr. Gabriele Simon in ein historisch fundiertes Konzept umsetzte. Anhand von 4 aus der Literatur entnommenen Beispielen werden markante Entwicklungsstufen von Nutzgärten mit Arzneipflanzen nördlich der Alpen veranschaulicht:
- Der mittelalterliche Klostergarten mit Hochbeeten. Unsere Miniatur ist in ihrer Anlage und Bepflanzung dem „Hortulus“ des Klosters Reichenau (um 840) nachempfunden.
- Der Wurzgarten als Ort „erbaulicher Besinnung“ in der Renaissance, eingerichtet nach Plänen des französischen Arztes Charles Estienne aus dem Jahr 1554. Typisch für die Zeit sind Ziegelstein-Einfassungen der Beete und die Wege aus Marmorkies.
- Der Pfarrgarten des 17. Jh. mit Buchsbaumhecken. Als Vorlage dienten Pläne eines bedeutenden Gartenarchitekten des Barock, Joseph Furtenbach, für ein Hausgärtlein. Die Bepflanzung folgt den Empfehlungen des Pfarrers Müller in seinem „Gartenbuch“ von 1675 (Abb. 2).
- Der Apothekergarten aus dem 19. Jh., der Blütezeit des gewerblichen Anbaus von Arzneipflanzen in Deutschland. Die Bepflanzung entspricht Plänen von Hermann Jäger, Hofgärtner in Eisenach, aus dem Jahr 1859.

Abb. 3 Führungen durch den Arzneipflanzengarten sind in der Öffentlichkeit sehr beliebt. Im Vordergrund sieht man die für einen mittelalterlichen Klostergarten typischen Hochbeete.
Und wie finanziert sich das?
Der aufmerksame Leser wird sich nun vielleicht fragen, wie ein solcher Garten in Zeiten knapper Kassen an einem Universitätsinstitut erhalten werden kann. Das Institut für Pharmazeutische Biologie ist in der glücklichen Lage, zwei Gärtner zur Gestaltung und Pflege des Gartens auf Planstellen beschäftigen zu können. Dafür sind wir der Universität sehr dankbar. Größere Projekte wie die Anlage der historischen Gärten oder die Nutzbarmachung des Erweiterungsteils wären jedoch ohne Drittmittel und großzügige Spenden aus der Industrie und von Privatpersonen nicht möglich gewesen. So haben sich die Niedersächsische Lottostiftung und der Braunschweigische Hochschulbund maßgeblich an der Finanzierung der Erweiterung beteiligt. Um den Ausbau und die weitere Pflege und Entwicklung des Arzneipflanzengartens finanziell zu unterstützen, wurde im Jahr 2004 der „Förderkreis des Arzneipflanzengartens e.V.“ gegründet. Seitdem haben die Mitgliedsbeiträge sowie unzählige kleine und große Spenden geholfen, den Arzneipflanzengarten als Ort des Lernens, Entdeckens und Genießens für die Studierenden und die breite Öffentlichkeit zu erhalten. Allen Spendenden sei herzlich gedankt!
Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle der alljährliche „Tag der offenen Tür“ im Arzneipflanzengarten, der sich mittlerweile als frühsommerlicher Treffpunkt der Arzneipflanzen- und Kräuter-Liebhaber aus der Region etabliert hat. Noch bevor sich an einem Sonntag im Mai oder Juni gegen 10 Uhr die Tore des Gartens öffnen, strömen die Menschen in Scharen in Richtung Arzneipflanzengarten – denn hier gibt es nicht nur einen prachtvoll herausgeputzten Garten zu erleben, sondern es werden auch Samen und Jungpflanzen gegen eine Spende zum Mitnehmen angeboten. Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts bieten über den ganzen Tag verteilt Führungen zu Arznei- und Giftpflanzen an, Gärtnerin und Gärtner stehen für Fragen rund um das Pflanzenwohl zur Verfügung (Abb. 3). Gegen eine Spende gibt es im Erweiterungsteil Kaffee und Kuchen, der von den Mitarbeitenden des Instituts selbst gebacken wird. Die Spendeneinnahmen aus dem „Tag der offenen Tür“ gehen vollständig an den Förderkreis, dessen Unterstützung die wichtigste finanzielle Säule für die sachliche Ausstattung des Arzneipflanzengartens darstellt.
Arnzeipflanzengarten Infos
Institut für Pharmazeutische Biologie, TU Braunschweig
Mendelssohnstr. 138106 Braunschweig
https://arzneipflanzengarten.de
Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag: 09.00–16.00 Uhr
Mai bis August: mittwochs zusätzlich bis 19.00 Uhr
Förderkreis des Arzneipflanzengartens e.V.:
Spendenkonto IBAN: DE17 2699 1066 1388 1260 00 (Volksbank Braunschweig-Wolfsburg)
Dank
Im Laufe der Jahre haben sehr viele engagierte Personen auf unterschiedliche Weise zum Erhalt und zur Weiterentwicklung des Arzneipflanzengartens beigetragen. Stellvertretend für viele „Ehemalige“ geht mein Dank an Prof. Dr. Thomas Hartmann, Dr. Adelheid Ehmke, Dr. Gabriele Simon, PD Dr. Udo Eilert sowie an den aktuellen wissenschaftlichen Leiter des Gartens, Dr. Rainer Lindigkeit, dem ich auch für die kritische Durchsicht dieses Manuskripts danke, und unseren langjährigen Gärtnermeister Burkhard Bohne, der die Gestaltung und Entwicklung des Gartens über mehr als 30 Jahre hinweg geprägt hat.
Autorin
Prof. Dr. Ute Wittstock
Univ.-Professorin für Pharmazeutische Biologie, TU Braunschweig