ErfahrungsberichtWenn die Luft in den Zellen dünn wird

Die Intervall-Hypoxie-Hyperoxie-Therapie (IHHT) kann bei Beschwerden wie Fatigue helfen oder als Höhentraining vor Aufenthalten in hohen Bergen dienen.

Acht Bergsteiger besteigen einen schneebedeckten Berg.
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Zur Vorbeugung der Höhenkrankheit kann ein Vorakklimatisieren durch Intervall-Hypoxie-Hyperoxie-Therapie (IHHT) helfen.

von Keren Grafen

Kurz gefasst

  1. Bei einem Sauerstoffmangel setzt der Organismus einen Mechanismus in Gang, der unter anderem durch Anpassung der Energiegewinnung für ein möglichst langes Überleben sorgen soll.

  2. Die Intervall-Hypoxie-Hyperoxie-Therapie (IHHT) setzt Hypoxie in Intervallen gezielt ein, um insbesondere Prozesse der verbesserten Energiegewinnung anzuregen, wodurch wiederum Beschwerden reduziert werden sollen.

  3. Die Intervall-Hypoxie-Hyperoxie-Therapie (IHHT) kann zum einen bei Beschwerden wie Fatigue helfen, zum anderen aber auch als Höhentraining vor Aufenthalten in hohen Bergen dienen.

Sauerstoff bedeutet Leben – ohne Sauerstoff wäre das Leben auf der Erde, wie wir es kennen, nicht vorstellbar. Für uns Menschen führen nur wenige Minuten ohne dieses Element zu schwersten Beeinträchtigungen und schließlich zum Tod. Damit der Körper auf eine Sauerstoffarmut (Hypoxie) sofort reagieren kann – um möglichst lange zu überleben –, hat er hochwirksame zelluläre Mechanismen entwickelt, die schon nach zwei Herzschlägen einen Sauerstoffmangel detektieren und das dafür notwendige genetische Programm aktivieren. Für die Entdeckung des grundlegenden physiologischen Mechanismus zur Hypoxie wurde 2019 der Medizinnobelpreis vergeben.

Hintergrundwissen

Energieproduktion und ihre Tücken

Alles Leben hängt von einer permanenten Energiezufuhr ab. In tierischen – und damit auch menschlichen – Zellen wird die Nahrung unter Verbrauch von Sauerstoff in Energie umgewandelt. Dieser Vorgang findet in winzigen Organellen statt: den Mitochondrien. Eine Muskelund Nervenzelle hat bis zu 10 000, eine Eizelle bis zu 100 000 Mitochondrien. An dieser Stelle sollte man sich nicht viele einzelne, autark im Zytosol herumschwimmende Mitochondrien vorstellen, sondern eher ein mitochondriales Netzwerk (mitos bedeutet im Griechischen Faden). Dieses Netzwerk ist hochdynamisch und passt sich den verschiedenen physiologischen Bedingungen an. Je nach Umweltbedingungen können diese Miniaturkraftwerke fusionieren oder sich bei Teilung der Mutterzelle neu bilden.

Radikale können mitochondriale DNA schädigen

Die zelluläre Energiegewinnung findet in der mitochondrialen Atmungskette statt, die insgesamt aus vier Enzymkomplexen (Komplex I–IV) sowie der angegliederten ATP-Synthase besteht. Diese Strukturen sind auf der inneren Mitochondrienmembran angeordnet. Über sie werden aus einem Mol Glukose 36 Mol des universellen Energieüberträgers Adenosintriphosphat (ATP) gebildet. Doch der Preis für diese hohe Energieausbeute ist hoch: Unglücklicherweise wird etwa 1 % des mit der mitochondrialen Atmungskette reagierenden Sauerstoffs nicht vollständig zu Wasser, sondern unvollständig zu reaktiven Sauerstoffradikalen (Reactive Oxygen Species, ROS) reduziert. Dabei entstehen Superoxidradikale (O-), die zu Wasserstoffperoxid (H2O2) und weiter zu dem sehr reaktiven Hydroxylradikal (OH-) umgewandelt werden können. Dieses kann die Atmungskettenkomponenten und – viel schlimmer – die mitochondriale DNA beschädigen. Diese mitochondriale DNA liegt in enger Nachbarschaft zu den membranassoziierten Atmungskettenkomponenten. Die Folge sind Mutation und Schäden im Genom der Mitochondrien. Es gibt zwar zahlreiche Radikalfänger wie Antioxidanzien (zum Beispiel Vitamin A, C und E), Glutathion und körpereigene Schutzmechanismen wie die SOD (Superoxiddismutase), die jedoch oft nicht alle ROS abfangen können. So „bezahlt“ die Zelle ihre hocheffiziente Energiegewinnung mit dem Risiko einer andauernden Schädigung durch ROS.

Konsequenzen der Mutationen

Welche Konsequenzen ergeben sich für eine Zelle, wenn sich Mutationen der mitochondrialen DNA anhäufen? Die mitochondriale DNA kodiert für essenzielle Bausteine der Mitochondrien, insbesondere für die Enzymkomplexe der Atmungskette. Mutationen können daher unmittelbar die Atmungskette und damit die Energiegewinnung negativ beeinflussen. Solche Mitochondriopathien haben vor allem für Zellen mit einem hohen Energiebedarf – wie im Gehirn, Herz und in der Muskulatur – nachteilige Effekte, die bis zur Degeneration des Gewebes führen können. Eine Mitochondriopathie kann unter anderem Kopfschmerzen, unerklärbare Gewichtszunahme, Sodbrennen, Bluthochdruck, Muskelschwäche und -krämpfe, Depressionen, ständigen Harndrang, Herzrasen, Schlafprobleme, häufige Infekte und Diabetes mellitus fördern.

 Mithilfe eines gezielten hypoxischen Trainings (Intervall-Hypoxie- Hyperoxie-Therapie, IHHT) können die physiologischen Mechanismen der Hypoxie zum Training und zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden. Ein zentraler Aspekt ist der Einfluss der Hypoxie auf die Energiegewinnung, die in den Mitochondrien stattfindet.

Maßnahmen der Energiegewinnung durch IHHT nutzen

Nahezu jede Therapie kann durch die Regeneration der leistungsschwachen Mitochondrien unterstützt werden. IHHT kann diese Regeneration fördern (Ausnahme: Bei Lungenerkrankungen wird von der IHHT aufgrund der Atmungsbeeinträchtigung durch die Maske abgeraten).

Doch was passiert durch Hypoxie mit den Mitochondrien? Wissenschaftliche Studien konnten schon vor Jahren zeigen, dass unter dem Einfluss der Hypoxie geschwächte Mitochondrien eliminiert werden. Dieser Vorgang wird als Mitoptose – eine Form des programmierten Zelltodes – bezeichnet. Das mag zunächst ambivalent erscheinen, aber ein kontrolliertes Absenken des Sauerstoffanteils löst in unserem Körper einen ähnlichen Reiz wie die Autophagie beim intermittierenden Fasten aus: Durch eine Mangelsituation werden die Zellen veranlasst, ihre Energiegewinnung zu optimieren (mehr zur Energiegewinnung: siehe Kasten „Energieproduktion und ihre Tücken“).

Nicht nur EPO-Aktivierung

Früher dachte man, dass sich durch Hypoxie lediglich vermehrt rote Blutkörperchen durch die Aktivierung des Hormons Erythropoetin (EPO) in den Nieren bilden – eine Form des natürlichen Dopings. Doch die physiologischen Mechanismen der Hypoxie sind viel weitreichender. Sobald der Körper eine verringerte Sauerstoffverfügbarkeit in den Zellen registriert, startet er ein spezielles genetisches Sonderprogramm, das in allen Zellen „vorinstalliert“ ist. Hauptschalter dabei ist der HIF-1 (Hypoxie-induzierbarer Faktor 1), der als Transkriptionsfaktor für die Sauerstoffhomöostase verantwortlich ist. HIF-1 wird von nahezu allen Zellen dauerhaft gebildet und bei Normoxie schnell wieder abgebaut. Ist die Sauerstoffkonzentration hingegen gering, steigt die Menge an HIF-1, und eine kaskadenhafte Aktivierung von über 300 unterschiedlichen Genen wird angestoßen. Diese dient dazu, den Körper sofort mit mehr Energie zu versorgen und ihn vor Schäden zu bewahren. Zu diesen Schutzmaßnahmen gehört die bereits thematisierte kontrollierte Mitoptose (also Organellentod) von geschwächten Mitochondrien und – das ist der springende Punkt – der gleichzeitige Aufbau neuer und leistungsstarker Mitochondrien zur verbesserten Energiegewinnung. Die sofort einsetzenden Umbauprozesse werden durch die Ausschüttung eines weiteren Wachstumsfaktors ergänzt, den VEGF-Faktor (Vascular Endothelial Growth Factor). Dieser stimuliert die Angiogenese, das heißt die verstärkte Neubildung von gewebeversorgenden Blutgefäßen. Gleichzeitig erhöht sich die natürliche Produktion des Coenzyms Q10, einem Schlüsselmolekül im Energiestoffwechsel und im Schutz vor oxidativem Stress. Das Immunsystem wird gestärkt und der Fettstoffwechsel wird zur Bereitstellung neuer Energie aktiviert.

Hintergrundwissen

Was unterscheidet IHHT von krankheitsbedingter Hypoxie, zum Beispiel bei Schlafapnoe?

Bei einer Schlafapnoe treten auch regelmäßig Hypoxiephasen auf. Im Unterschied zum IHHT treten hierbei jedoch Hypoxie und Hyperkapnie (Erhöhung des CO2-Spiegels) gleichzeitig auf. Wie auch bei IHHT entwickelt sich bei den Patienten, zumindest im Anfangsstadium der Atemstörung, eine gesteigerte Atemantwort auf die auftretende Hypoxie. Allerdings treten mit zunehmender Dauer der Schlafapnoe negative Auswirkungen auf, unter anderem Bluthochdruck, der eng mit einer Erhöhung des Sympathikotonus in Zusammenhang steht. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass bei chronischer Hypoxie negative Effekte auftreten können, die beim zeitlich begrenzten IHHT nicht beobachtet werden.

Zellgymnastik ohne Schwitzen

In meiner Praxis biete ich das Hypoxietraining als Intervall-Hypoxie- Hyperoxie-Therapie (IHHT) an. Die IHHT ist eine physikalische Methode, die sowohl für Sportler, zum Beispiel vor einer geplanten Bergbesteigung, als auch für Menschen mit chronischen und degenerativen Erkrankungen eingesetzt werden kann. Das Training erfolgt entspannt im Sitzen oder Liegen. Über eine Atemmaske wird jeweils in bestimmten Intervallen von einigen Minuten ein individuell dosiertes reduziertes Sauerstoffangebot (Hypoxie) im Wechsel mit sauerstoffreicherer Luft (Hyperoxie) eingeatmet. Die Hyperoxiephasen (die per Definition eigentlich der Normoxie zugeordnet werden können) unterbrechen die Hypoxiephasen, um schädliche Auswirkungen der Hypoxie zu vermeiden.

Mögliche Wirkungen und für den Patienten spürbare Folgen sind:

  • Aktivierung des Zellstoffwechsels und der Fettverbrennung [[5], [6], [7]]
  • Steigerung der physischen und psychischen Belastbarkeit
  • Stärkung des Immunsystems [[8]]
  • langfristige Verbesserung der Sauerstoffversorgung der Zellen [[6], [7]]
  • Unterstützung von Regeneration und Entgiftung
  • bessere Schlafqualität

Forschungsergebnisse

Einige Forschungsergebnisse geben Hinweise, wie die positiven Auswirkungen eines IHHT zustande kommen können.

Forscher in Russland ermittelten, dass unter hypoxischen Bedingungen der mitochondriale Enzymkomplex I besonders sensibel reagiert [[1]]. Auch zeigten die Untersuchungen, dass die Phosphorylierungsrate (gebildetes ATP-Molekül pro O2) durch intermittierende Hypoxie gesteigert wird [[1], [2]].

Mehrere Untersuchungen deuten außerdem darauf hin, dass durch intermittierende Hypoxie besonders der parasympathische Tonus erhöht wird [[2]]. Dies würde auch einen Erklärungsansatz dafür bieten, dass durch IHHT Herzfrequenz- und Blutdruckwerte sinken und damit verbunden die aerobe Leistungsfähigkeit und Belastungstoleranz steigt.

Individuell dünne Luft aus der Maschine

Wenn die Patienten zum ersten Mal mit der IHHT in Kontakt kommen, haben sie häufig Bedenken, ob diese Behandlung gefährlich ist oder ob man dabei höhenkrank werden kann. Angst muss man bei einem Höhentraining an einer Maschine nicht haben, denn vor einer Sitzung werden die Parameter individuell nach Alter, Konstitution, genetischer Empfindlichkeit zur Hypoxie und dem zu erreichenden Trainings- oder Therapieziel eingestellt.

Wie dünn ist die Luft genau?

Unsere Atemluft besteht aus ca. 20,95 % Sauerstoff. Wenn ich innerhalb einer Trainingseinheit den Sauerstoff auf 14 % reduziere, entspricht das in etwa den Bedingungen auf der Zugspitze. Je nach Konstitution und Trainingsziel kann ich bei der IHHT die Hypoxie auf bis zu 9 % Sauerstoff (entspricht etwa 6800 m über dem Meeresspiegel) und eine Hyperoxie auf 32–34 % Sauerstoff bei normalem Luftdruck einstellen. Durch dieses Intervalltraining werden optimale Ergebnisse erzielt und Nebenwirkungen eines Höhenaufenthalts vermieden.

Wie läuft IHHT in der Praxis ab?

Vor jeder Trainingseinheit führe ich über einen Zeitraum von 200 RR-Intervallen (Herzperiodendauern, je nach Puls dauert dies etwa 3–6 min) eine Messung der Herzratenvariabilität (HRV) durch. Diese gilt in der Medizin weltweit als Goldstandard für die Darstellung des Stresszustandes. Es gibt zwei HRV-Parameter, die hierfür essenziell sind:

  • Stressindex (SI): macht Aussagen über die Aktivität des Sympathikus
  • Root Mean Square of Successive Differences (RMSSD): ein Standardmaß für die parasympathische Herzregulation

Bei dem RMSSD handelt es sich um das Ergebnis einer mathematischen Formel, welche die zeitlichen Differenzen zwischen zwei aufeinanderfolgenden Herzschlägen auswertet. Anhand dieses Wertes lässt sich ablesen, wie gut der Parasympathikus im Körper für Erholung und Regeneration sorgt. Ein gesunder Mensch zeigt RMSSD-Werte zwischen 20–40 ms, Sportler liegen häufig bei 60 ms. Ein Wert kleiner als 10 ms weist darauf hin, dass der Körper nicht mehr in der Lage ist, sich ausreichend zu erholen.

Erst die Differenz zwischen den beiden Werten gibt Auskunft über die gesamte Regulationsfähigkeit des Körpers. Als Faustregel gilt: Je kleiner die Differenz, desto schlechter kann der Körper auf Stress reagieren. Nach meiner Erfahrung gibt es auch Patienten mit schlechten SI/RMSSD-Ausgangswerten, die bei Belastungen (Hypoxie) trotzdem gut gegensteuern können. Das sind häufig Menschen, die sehr viel arbeiten und sich wenig Zeit für sich selbst nehmen. Ihr System ist quasi auf Stress „trainiert“. Langfristig führt aber auch dieser Kompensationsversuch in eine chronische Erschöpfung.

Das Ergebnis des HRV-Tests gibt mir Rückschlüsse auf die Regulationsfähigkeit des Körpers und erlaubt mir, die Hyper- und Hypoxie-Expositionsdauer individuell einzustellen.

Ablauf

Während des 40- bis 45-minütigen Trainings liegt der Patient entspannt auf einer Liege und atmet über eine Atemmaske im Wechsel sauerstoffreduzierte und sauerstoffangereicherte Normalluft ein. Zum Beispiel könnten dies 3 min Hyperoxie, gefolgt von 5 min Hypoxie in 6 Zyklen sein.

Während des gesamten Trainings erfolgt eine Echtzeit-Überwachung zahlreicher Vitalparameter: Die Sauerstoffsättigung im Blut wird gemessen, zusätzlich der Puls und gleichzeitig die HRV. Gerade der RMSSD-Wert liefert wertvolle Hinweise, ob der Patient sich in den einzelnen Phasen (Hypoxie/Hyperoxie) in einem entspannten oder gestressten Zustand befindet.

Nach der Behandlung

Die meisten meiner Patienten fühlen sich nach einer Trainingseinheit sehr gut, vital und fit. Selten kommt es vor, dass jemand mit Kopfschmerzen reagiert. Häufig ist das ein Zeichen, dass nach dem Training zu wenig Flüssigkeit aufgenommen wird. Denn durch das Höhentraining ist der Harndrang vermehrt, weshalb auf eine ausreichende Hydratation geachtet werden sollte.

Viele meiner Patienten sind im Anschluss erstaunt, dass der Vorgang nicht anstrengend ist. Einige schlafen dabei sogar kurz ein. Andere Patienten berichten, dass sie während der Hypoxiephase genau dort ein Kribbeln wahrgenommen haben, wo ihr zu behandelnder Bereich liegt. Das kann zum Beispiel eine Fraktur oder Verletzung oder auch ein Organ wie der Magen sein.

Nach dem Training analysiere ich mit dem Patienten die während des IHHTs aufgezeichneten Daten. Somit kann ich eine individuelle Anpassung für das Folgetraining vornehmen.

Anzahl der Einheiten

Je nach Ausgangssituation und Trainingsziel empfehle ich zunächst 10–15 Anwendungen. Die Auswirkungen einer solchen Anwendung sind vergleichbar mit den physiologischen Effekten eines vierwöchigen aktiven Alpenaufenthaltes. Dieses Training kann entweder als Kur 1- bis 2-mal im Jahr wiederholt werden oder als kontinuierliche Therapie im wöchentlichen oder 14-tägigen Wechsel angewendet werden.

Aus der Praxis

Die IHHT kann sowohl als sportliche Trainingsmaßnahme als auch therapeutisch eingesetzt werden, wie folgende zwei Fallbeispiele verdeutlichen.

Fallbeispiel 1: Höhenvorbereitung vor geplanter Bergexpedition

Ein 60-jähriger Mann kam in meine Praxis, um sich vor einer bevorstehenden Bergexpedition vorzuakklimatisieren. Damit wollte er sein Risiko, höhenkrank zu werden, so gering wie möglich halten. Er war normalgewichtig und sportlich. Vor einigen Jahren hatte er bereits Erfahrungen in großer Höhe mit Übelkeit, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Herzrhythmusstörungen, Blutdruckabfall und Schwindelgefühl gemacht. Nun wollte er die Expedition nicht durch einen notwendigen Abstieg und seine Gesundheit nicht durch die Entwicklung eines Lungen- und Gehirnödems gefährden. Das Höhentraining war für ihn eine Möglichkeit, sich gezielt und rechtzeitig an die Sauerstoffmangelbedingungen anzupassen. Nach zehn Trainingseinheiten über fünf Wochen war seine Leistungsfähigkeit signifikant verbessert. Den Aufstieg hat er problemlos bewältigt.

Fallbeispiel 2: Fatigue bei Multipler Sklerose

Eine 70-jährige Frau besuchte meine Praxis. Sie war an Multiple Sklerose (MS) erkrankt und konnte sich seit 20 Jahren nur mit einem Rollstuhl fortbewegen. Sie litt nun zusätzlich unter erhöhter Erschöpfbarkeit beziehungsweise starker Ermüdbarkeit (Fatigue), die bei 53–92 % aller MS-Patienten auftritt. Seit dieser Zeit arbeiten wir – abgesehen von einigen Ausnahmen – wöchentlich mit dem Höhentraining. Es zeigt sich dabei, dass das Höhentraining nicht nur einen kurzfristigen Effekt, sondern auch langfristige positive Effekte auf ihre Beschwerden hat.

Zusammenfassung

Nahezu alle Lebewesen benötigen zur Energiezufuhr intakte Mitochondrien. Belastungen durch Stress, Umweltgifte, Schlafmangel, falsche Ernährung und Alter können dem dynamischen mitochondrialen Netzwerk schaden. Die Folge: Dem Körper fehlt es an Energie, und er wird anfälliger für chronische Erkrankungen. Mithilfe einer kontrollierten IHHT wird der mitochondriale Stoffwechsel reprogrammiert, indem defekte Mitochondrien eliminiert und gesunde zur Teilung angeregt werden. Dieses führt zu verschiedenen positiven Effekten wie der Aktivierung des Zellstoffwechsels und der Fettverbrennung, der Steigerung der physischen und psychischen Belastbarkeit und der Stärkung des Immunsystems.

Dr. rer. nat. Keren Grafen
Neurobiologin und Heilpraktikerin

[1] Serebrovskaya TV.. Intermittent hypoxia research in the former Soviet Union and the Commonwealth of Independent States: history and review of the concept and selected applications. High Alt Med Biol 2002; 3: 205-221 DOI: DOI: 10.1089/15270290260131939.

[2] Serebrovskaya TV. et al. Combination of intermittent hypoxic training with exogenous nitric oxide treatment improves rat liver mitochondrial oxidation and phosphorilation under acute hypoxia. Fiziol Zh 2001; 47: 85-92

[3] Bernardi L. et al. Respiratory and cardiovascular adaptations to progressive hypoxia. Effect of interval hypoxic training. Eur Heart J 2001; 22: 879-887 DOI: DOI: 10.1053/euhj.2000.2466.

[4] Puri S, Panza G, Mateika JH. A comprehensive review of respiratory, autonomic and cardiovascular responses to intermittent hypoxia in humans. Experimental Neurology 2021; 341: 113-709 DOI: DOI: 10.1016/j.expneurol.2021.113709.

[5] Goossens GH, Blaak EE. Adipose tissue oxygen tension: implications for chronic metabolic and inflammatory diseases. Current Opinion in Clinical Nutrition and Metabolic Care 2012; 15 (06) 539e546 DOI: DOI: 10.1097/MCO.0b013e328358fa87.

[6] Lempesis IG. et al. Oxygenation of adipose tissue: a human perspective. Acta Physiologica 2020; 228 (01) e13298 DOI: DOI: 10.1111/apha.13298.

[7] Lecoultre V. et al. Ten nights of moderate hypoxia improves insulinsensitivity in obese humans. Diabetes Care 2013; 36 (12) e197ee198 DOI: DOI: 10.2337/dc13-1350.

[8] Ivashkiv LB.. The hypoxia-lactate axis tempers inflammation. NatureReviews Immunology 2020; 20 (02) 85e86 DOI: DOI: 10.1038/s41577-019-0259-8.

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