ParaplegieAkute Querschnittslähmung: Antikörper-Therapie für bessere Nervenregeneration?

Mehr Selbstständigkeit im Alltag und verbesserte Muskelansteuerung durch Antikörper: Diese neue Therapie zeigt bei Patient*innen mit inkompletter Querschnittslähmung Erfolge.

Symbolbild Querschnittslähmung: Frau im Rollstuhl
K. Oborny/Thieme - Posed by a Model

Die Antikörpertherapie hatte in der Studie hauptsächlich bei inkompletten Querschnittslähmungen positive Effekte.

Antikörper haben positive Auswirkungen auf die Rehabilitation von Menschen mit inkompletter Querschnittslähmung. Das haben Forschende an 13 Kliniken in Deutschland, der Schweiz, in Tschechien und Spanien herausgefunden. 

Mehrere Studien im Tiermodell hatten zuvor gezeigt, dass das körpereigene Protein Nogo-A die Regeneration von geschädigten Nervenfasern im Rückenmark bei akuten Verletzungen hemmt. In der Studie wurde nun der Antikörper NG101 (Anti-Nogo-A) verabreicht. Dieser blockiert das hemmende Protein und soll so die Regeneration des Rückenmarks verbessern. 

Studie 

Die Expert*innen prüften in einer randomisierten, placebokontrollierten und doppelt verblindeten Studie die Verbesserung der motorischen Fähigkeiten über einen Zeitraum von 6 Monaten. 
An der klinischen Studie nahmen insgesamt 126 Personen mit einer akuten kompletten oder inkompletten Querschnittslähmung im Alter von 18-70 Jahren teil. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer wurde mit dem Antikörper behandelt, die übrigen Personen erhielten ein Placebo. Die Verabreichung erfolgte in 6 Anwendungen als direkte Injektion in den Spinalkanal.

Als primärer Endpunkt wurde der „Upper Extremity Motor Score“ (UEMS) festgelegt. Dieser bewertet die motorische Funktion von Armen und Händen. 
Zusätzlich wurde der „Spinal Cord Independence Measure“ (SCIM) erhoben, der die Unabhängigkeit der Patienten untersucht. Dazu zählen Selbstpflege, Atmung, Blasen- und Darm- Kontrolle und Mobilität.

Ergebnisse

  • Nach Ablauf des 6-monatigen Untersuchungszeitraums zeigte sich keine signifikante Verbesserung des UEMS zwischen der Untersuchungs- und der Kontrollgruppe. Insgesamt trägt der Antikörper also nicht zu einer verbesserten Motorik in Armen und Händen bei. 
  • In nachträglichen Analysen (Post-hoc-Analysen) konnten allerdings Verbesserungen im SCIM-Score für Selbstpflege beobachtet werden. 
  • Weiterhin stellten die Forschenden in der Untergruppe der Patienten mit inkompletter Rückenmarksverletzung eine Verbesserung beider Scores fest.

Der Antikörper NG101 war gut verträglich und es kam zu keinen behandlungsbedürftigen Nebenwirkungen. 

Fazit

Die Post-hoc-Analysen zeigen, dass die Antikörpertherapie hauptsächlich bei inkompletten Querschnittslähmungen positive Effekte hat. Die Patienten zeigen Verbesserungen in der willkürlichen Ansteuerung der Muskeln, sowie in der Selbstständigkeit im Alltag. Im Dezember 2024 startete bereits eine Folgestudie mit einem weiterentwickelten Antikörper an ausgewählten Patientenuntergruppen. 

Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg