Inhalt
In diesem Blogbeitrag geht es um die Problematik, die die Erkrankung mit sich bringt, anhand eines Patientinnen-Beispiels. Ich schreibe bewusst Patientinnen, da ich keine Männer mit Lipödem betreue. Meistens suchen die Patientinnen meine Praxis auf, da sie sich durch eine Ernährungsumstellung eine Verbesserung ihrer Lipödem-Symptomatik erhoffen oder eine Beratung für eine operative Therapie benötigen.
Definition des Lipödems
Bei einem Lipödem ist das Unterhautfettgewebe vermehrt. Diese Fettverteilungsstörung, die manchmal als Reiterhosen-Phänomen bezeichnet wird, ist eine chronische Erkrankung. Meist betreffen die symmetrischen Fettanlagerungen die Beine, selten die Arme. Der Oberkörper bleibt schlank bzw. unverändert, was eine sanduhrförmige Silhouette hervorruft. Entweder haben die Frauen ein ausladendes Gesäß, eher Reiterhosen-Beine, oder die Fetteinlagerung geht bis zu den Knöcheln und das Bein erscheint säulenartig.
Zudem neigen die Betroffenen dazu, vermehrt Wasser ins Gewebe einzulagern, was zur Bildung von Ödemen führt. Zu der sichtbaren Fettvermehrung kommen Beschwerden wie Schmerzen oder Druckempfindlichkeit der Haut hinzu.
Per Definition liegt ein Lipödem erst dann vor, wenn zu der Fettgewebsvermehrung regelmäßig spürbare Beschwerden bestehen. Hände und Füße bleiben bei der Fetteverteilungsstörung unbeeinträchtigt, ebenso der Rumpf. Das führt zu einem Missverhältnis der Proportionen, mit einem normalgewichtigen, schlanken Oberkörper und einem voluminösen unteren.
Das Lipödem tritt praktisch nur bei Frauen auf, am häufigsten zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Oft nach hormonellen Umstellungen wie der Pubertät oder einer Schwangerschaft. Nach Schätzungen sind in Deutschland 500.000 bis 1 Million Frauen betroffen
Ein Fall aus meiner Praxis
Die allermeisten Frauen, die an einem Lipödem erkrankt sind, kennen ihren veränderten Körper schon lange. Häufig berichten sie, dass sie entweder nach der Pubertät oder nach einer Schwangerschaft die dicken Beine, Schenkel und oder ein dickes Gesäß bemerkt haben. Am Anfang akzeptieren sie diese körperlichen Veränderungen meist noch, da sie annehmen, dass sie mit hormonellen Veränderungen ihres Körpers zusammenhängen. Manche kennen diese Figur auch von ihrer Mutter und/oder Großmutter.
Das Lipödem wird, gerade wenn die Frauen unter Übergewicht oder Adipositas leiden, noch prominenter. Diese Fettzellen speichern Fett stärker als normale Körperfettzellen und die Situation wird für die Frauen immer belastender. Oft haben sie schon einige Diäten hinter sich gebracht, die leider nicht den erhofften Erfolg gebracht haben. Das heißt: Die Frauen nehmen zwar im oberen Körperbereich ab, an Gesäß und Beinen jedoch nicht. Manchmal klagen sie auch über Schmerzen und Druckempfindlichkeit an den Beinen.
So auch eine meiner Patientinnen. Sie berichtete darüber hinaus, dass gehäuft blaue Flecken bei ihr auftraten. Sie klagte über vermehrte Druckempfindlichkeit und Schmerzen an den Beinen. Die betroffenen Stellen spannten und reagierten empfindlich auf Druck. Dies konnte ich über den Pinch-Test bestätigen.
Pinch-Test
Der sog. Kneiftest an der Außenseite der Oberschenkel bereitet Patientinnen mit Lipödem Schmerzen, während der Pinch-Test an der Innenseite nicht weh tut.
Bei Gesunden verhält es sich genau umgekehrt.
Auch diese Patientin litt unter geschwollenen Beinen, die nicht nur durch die Fettansammlung, sondern auch durch die Ödeme hervorgerufen wurden. Sie litt an einem Lipo-Lymph-Ödem. Bei einem fortgeschrittenen Lipödem kann ein Lymphödem entstehen, da die Lymphflüssigkeit nicht mehr richtig abfließen kann. Daraus kann ein Lipo-Lymph-Ödem als Mischform resultieren.
Weitere Folgeerscheinungen wie offene Stellen oder Erysipele waren bei ihr bislang nicht aufgetreten. Allerdings empfand sie das Gehen mittlerweile als belastend, da ihre Beine bereits eine Fehlstellung hatten. Diese X-Form war bei ihr durch die Fettwülste an den Oberschenkelinnenseiten entstanden. Unter einer Arthrose litt sie noch nicht.
Sie kam zu mir in die Praxis zur Ernährungsberatung. Sie wollte eine Fettabsaugung beantragen, die von den gesetzlichen Krankenkassen nur nach konventioneller Therapie, also Abnehmen, Sport und Begleitung durch eine Ernährungsfachkraft, übernommen werden. Deshalb war die Diagnosestellung bei dieser Patientin mittels Anamnese, Inspektion und Palpation bereits erfolgt. Die Untersuchungen wie Körperfettbestimmung, Sonografie zur Messung der Dicke des Fettgewebes und Laboruntersuchungen hatte sie ebenfalls bereits durchführen lassen.
Da sie seit dem jungen Erwachsenenalter unter einer Adipositas Grad 2 litt, fiel das Lipödem bei ihr zunächst nicht sofort ins Auge. Erst nachdem sie ein Kind bekam und abnehmen wollte, sah man die ungleichmäßige Fettverteilung. Diäten führten bei ihr nicht zum Erfolg, da, wie sie selbst es nannte, "der dicke Hintern und die monströsen Oberschenkel" blieben.
Dass Diäten ein Lipödem nicht verbessern, gehört zu den Leitsymptomen der Erkrankung: Bei einer Abmagerungskur oder durch massiven Sport kann das Fettgewebe des Lipödems nicht verringert werden.
Eine familiäre Häufung bestand auch in ihrer Familie. Ein weiterer Grund, warum die Diagnose oft so spät gestellt wird: „Es sehen ja alle so aus!“
Wenn die Patientinnen sich auf die Waage stellen, wird schließlich immer ein erhöhtes Gewicht angezeigt (aufgrund des dicken Gesäßes/der Beine). Daher eignet sich der Body-Mass-Index nicht bei Patientinnen mit Lipödem, hier soll besser die Waist-Hip-Ratio oder Waist-Height-Ratio oder Umfangs- und Volumenmessung der Extremitäten verwendet werden.
Da das Lipödem nicht geheilt werden kann, ist das Therapieziel die Symptome zu verbessern.
Therapie
Meine Patientin erhielt bereits Lymphdrainagen und Kompressionsstrumpfhosen, die sie aufgrund der Druckempfindlichkeit nicht tolerierte. Sie geht regelmäßig laufen, macht Aquajogging und kam zu mir zur weiteren Ernährungstherapie.
Die Ernährungsberatung ist für den Antrag zur Lipsuktion für 6 Monate vorgeschrieben. Zum anderen wollte sie sich beraten lassen, ob sie selbst noch etwas an ihrer Ernährungsweise verbessern konnte.
Eine Ernährungsumstellung hin zu einer vollwertigen Ernährung ist sehr wichtig, damit nicht noch mehr Gewicht zugenommen wird, da die „entarteten Fettzellen“ im unteren Körperbereich dies mit einer vermehrten Zunahme quittieren. Sie hatte bereits ihre Ernährung umgestellt, dadurch auch schon Gewicht abgenommen und benutzte eine Ernährungs-App zum Tracken der täglichen Kalorien.
Ich legte ihr nahe, unbedingt ein Frühstück einzunehmen. Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass Patienten, die abends mehr und dafür morgens weniger essen eher zunehmen als Patienten, die morgens frühstücken und die meisten Mahlzeiten vor 14 Uhr zu sich nehmen, auch wenn die Kalorienanzahl die gleiche ist. Unser Stoffwechsel hat seine Hauptaktivität am frühen Nachmittag. Deshalb kann durch die Mahlzeitenumverteilung eine verbesserte Kalorienbilanz erzielt werden.
Ich berechnete ihren aktuellen Kalorienbedarf mit der Mifflin-St.-Jeor-Formel und empfahl ihr ein Kaloriendefizit von 500 kcal pro Tag anzustreben. Wichtig ist, den Aktivitätsindex richtig einzuschätzen, da viele Patienten*innen einen höheren Kalorienverbrauch durch Aktivität vermuten als es tatsächlich der Fall ist und deshalb keine Negativbilanz erreichen.
Die Diät sollte zudem eiweißreich (normalerweise 0,8g pro kg KG), fettarm und kohlenhydratreduziert sein. Eiweiß hat wenig Kalorien, sättigt aber sehr gut und kann so für eine erfolgreiche Diät entscheidend sein.
Anhand eines 1-wöchigen Ernährungsprotokolls der Patientin prüfte ich, ob noch Optimierungen möglich sind.
Verlauf
Die Patientin hat mit ihrer Reduktionsdiät von 500 kcal täglich pro Monat zwischen 2 und 2,5 kg abgenommen. Dies sah man bei ihr deutlich im Gesicht und am Oberkörper. Zusätzlich nahm ihr Bauchumfang während der Betreuungszeit um 10 cm ab. Diese erfreulichen Resultate bestärkten die Patientin, die Diät bzw. neue Ernährung beizubehalten.
Die Diät hatte jedoch keinen Einfluss auf die dicken Beine und das breite Gesäß. Natürlich konnte die Ursache des Lipödems durch die Ernährungsberatung und -therapie nicht behoben werden. Deshalb wollte die Patientin auch nach der Ernährungstherapie eine Liposuktion. Nur diese kann die entarteten Fettzellen entfernen. Die Patientin stellte nach Abschluss der vorgeschriebenen Ernährungsberatung letztendlich den Antrag zur Liposuktion.
Fazit
Das Hauptziel der Ernährungstherapie bei Lipödem ist
- eine angepasste Ernährung mit Gewichtsreduktion bei Übergewichtigen und
- eine vollwertige Ernährung bei Normalgewichtigen, um Übergewicht oder Adipositas zu vermeiden.
Auch wenn die Ursache eines Lipödems mit Ernährungstherapie nicht beeinflusst werden kann, ist sie elementar: Lipödem-Patientinnen sollten ihre Ernährung so umstellen oder gestalten, dass auch bei schlanken Patientinnen erst gar kein Übergewicht entsteht, denn dadurch würden diese besonderen Fettzellen vermehrt Fett speichern. Bei adipösen Patientinnen zielt die Ernährungsberatung darauf, Gewicht abzunehmen, denn Übergewicht kann z.B. Gelenke stärker belasten, zu vermehrter Reibung der Gliedmaßen aneinander führen oder zusätzliche Erkrankungen wie Diabetes auslösen.
Wichtig sind auch begleitende Maßnahmen wie Lymphdrainage und ggf. Kompressionsstrümpfe, ebenso wie die Stärkung der Motivation, Sport zu treiben und sich vermehrt zu bewegen.
2 eiweißreiche Rezepte
Frisée Salat mit glasierter Hähnchenbrust und Kaki
Für 4 Personen, Zubereitungszeit 15 Min.
Zutaten
- 1 Frisée Salat
- 1 Hähnchenbrust
- 1 Kaki
- 3 EL Öl
- 1 EL Honig oder Reissirup
- 1 EL Sesam
- 1 EL Apfelessig
- ¼ TL Salz, 1 Prise Pfeffer, ½ TL Zucker
Zubereitung
- Den Salat waschen und klein zupfen.
- Die Hähnchenbrust in Streifen schneiden, würzen und mit etwas Öl in einer Pfanne 7 Min. anbraten.
- Den Honig auf das Fleisch geben und mit Sesam bestreuen. 3 Min. karamellisieren lassen.
- Die Kaki schälen und klein würfeln.
- Den Salat in eine Schüssel geben, das Fleisch und die Kaki hinzufügen.
- Ein Dressing aus Essig, Öl und den Gewürzen anrühren und über den Salat gießen.
- Alles vermischen und auf 4 Tellern verteilen.
Dazu passt geröstetes Brot.
Gefüllte Paprika mit Hirse und Zucchini
Vegetarisch. Für 4 Personen, Zubereitungszeit 45 Min.
Zutaten
- 4 grüne Paprika
- 125 g Hirse
- 250 ml Gemüsebrühe
- 1 Möhre
- 1 kleine Zucchini
- 1 kleine weiße Zwiebel
- ½ rote Paprika
- ½ Stange Stangensellerie
- 3 EL Olivenöl
- 1 Bund Basilikum
- Salz, Pfeffer
- 2 EL Butter
- 1 EL Dinkelmehl
- 250 ml Wasser
- 400 g passierte Paprika
- 1 Knoblauchzehe
Zubereitung
- Die Paprika waschen, den Deckel abschneiden und aushöhlen.
- Die Hirse nach Packungsanleitung in der Gemüsebrühe kochen.
- Zucchini, Zwiebel, Paprika, Möhre und Sellerie waschen, teils schälen und fein würfeln.
- Das Basilikum waschen und kleinzupfen.
- Das Gemüse in Olivenöl kurz anbraten. Mit Basilikum, Salz und Pfeffer abschmecken und mit der Hirse vermischen.
- Die Butter im Topf schmelzen, das Mehl einrühren und bräunen lassen. Mit Wasser aufgießen und mit einem Schneebesen gut durchrühren. Die passierte Paprika und die Knoblauchzehe hinzugeben und 10 Min. köcheln lassen. Danach den Knoblauch entfernen.
- Den Backofen auf 200 Grad Ober- und Unterhitze vorheizen. Die Paprika befüllen, die Sauce in die Auflaufform gießen und die Paprika hineinsetzen.
- Für 25 Min. im Backofen backen.
- Marshall M, Schwahn-Schreiber C. Prävalenz des Lipödems bei berufstätigen Frauen in Deutschland (Lipödem-3-Studie). Phlebologie 3 /2011
- AWMF. S1 Leitlinie Lipödem. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/037-012
- www.forum-adipositas.de
- Stiefelhagen P. Das Lipödem: nicht nur ein kosmetisches Problem. MMW Fortschr Med 2016; doi: 10.1007/s15006-016-8932-3
- Rey LE, Koch N, Raffoul W. Traitement chirurgical du lipœdème [Surgical Treatment for Lipedema]. Praxis 2018; doi: 10.1024/1661-8157/a003091
Autorin
Dr. med. Daniela Oltersdorf ist Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Ernährungsmedizinerin und Buchautorin. Sie ist in eigener Praxis in Calw mit dem Schwerpunkt Ernährungsmedizin niedergelassen.
www.ernaehrungsmedizinoltersdorf.de
Instagram: @fraudoktor_o