Definition und Prävalenz des Lipödems
Bei einem Lipödem ist das Unterhautfettgewebe vermehrt. Diese Fettverteilungsstörung, die manchmal als Reiterhosen-Phänomen bezeichnet wird, ist eine chronische Erkrankung. Meist betreffen die symmetrischen Fettanlagerungen die Beine, selten die Arme. Zudem neigen die Betroffenen dazu, vermehrt Wasser ins Gewebe einzulagern, was zur Bildung von Ödemen führt. Zu der sichtbaren Fettvermehrung kommen Beschwerden wie Schmerzen oder Druckempfindlichkeit der Haut hinzu.
Per Definition liegt ein Lipödem erst dann vor, wenn zu der Fettgewebsvermehrung regelmäßig spürbare Beschwerden bestehen. Hände und Füße bleiben bei der Fetteverteilungsstörung unbeeinträchtigt, ebenso der Rumpf. Das führt zu einem Missverhältnis der Proportionen, mit einem normalgewichtigen, schlanken Oberkörper und einem voluminösen unteren.
Das Lipödem tritt praktisch nur bei Frauen auf, am häufigsten zwischen dem 20. und 30 Lebensjahr. Gerne nach hormonellen Umstellungen wie der Pubertät oder Schwangerschaft. Nach Schätzungen sind in Deutschland 500.000 bis 1 Mio. Frauen betroffen.
Ursachen
Die genauen Ursachen des Lipödems sind unbekannt. Erbliche Veranlagung und hormonelle Veränderung spielen eine Rolle.
Fest steht, Ernährung und Körpergewicht können die Erkrankung verschlimmern, auf deren Entstehung haben wir aber keinen Einfluss. Auch sehr schlanke Frauen können eine Fettverteilungsstörung entwickeln.
Auffällig ist, dass oft zwei oder mehr weibliche Familienmitglieder betroffen sind! Für die krankheitstypische Vermehrung des Unterhautfettgewebes sind zwei Gründe verantwortlich. Erstens steigt die Anzahl der Fettzellen an, zweitens werden diese auch größer. Hinzu kommt, dass die Durchlässigkeit der Kapillaren zunimmt, was die Gewebewassermenge erhöht. Falls diese nicht ausreichend abtransportiert werden kann, entstehen Ödeme. Dadurch erhöht sich der Druck im Gewebe und daraus resultieren Spannungsgefühl, vermehrte Empfindlichkeit und Schmerzen. Außerdem neigen diese Patientinnen zu Hämatomen.
Stadieneinteilung und Symptome
Bei einem Lipödem sind die Fetteinlagerungen immer symmetrisch verteilt: seitengleich an Beinen und Armen. Charakteristisch ist, dass Hände, Füße und auch der Oberkörper schlank bleiben.
Natürlich gibt es individuelle Unterschiede von Patientin zu Patientin. Beim Oberschenkeltyp ist das Fettgewebe hauptsächlich am Gesäß und dem oberen Teil der Oberschenkel vermehrt. Dies bezeichnet man als „Reiterhosen-Phänomen“. Ist beim Unterschenkeltyp die ganze Länge der Beine betroffen, nennt man dies auch „Bundhosen- oder Säulenbein“. Erstreckt sich die Fettvermehrung beim Knöcheltyp von der Hüfte bis zu den Sprunggelenken der Füße, wird dazu „Suavenhosen-Phänomen“ („Pumphosen“) gesagt. Circa 30% der betroffenen Frauen haben auch eine Fettvermehrung an den Armen.
Stadien des Lipödems
1. Stadium: Das Fettgewebe in der verdickten Unterhaut ist gleichmäßig verteilt und die Hautoberfläche glatt. Es besteht die sichtbare Tendenz zur „Reiter-Hosen-Form“. Teilweise können sich bereits Strukturen ertastet werden, die sich wie Styroporkügelchen anfühlen.
2. Stadium: Jetzt besteht eine ausgeprägte „Reiter-Hosen-Form“. Das Unterhautfettgewebe wird knötchenartig verdickt, ist aber noch weich. Auf der Hautoberfläche zeigen sich kleine und größere Dellen und Wellen (Matratzenhaut).
3. Stadium: Hier findet sich eine ausgeprägte Umfangsvermehrung mit einem stark verdicktem und verhärtetem Unterhautfettgewebe. Dies bildet nun grobe, deformierende Fettlappen, Überhänge und Furchen. Diese Fettwülste entstehen hauptsächlich an der Oberschenkelinnenseite sowie an den Knien. Viele Patientinnen klagen bereits über X-Beine.
Symptome
- Vermehrte Druckempfindlichkeit und Schmerzen. Die betroffenen Stellen spannen und reagieren empfindlich auf Druck.
- Schwere und geschwollene Arme und Beine, die nicht nur durch die Fettansammlung, sondern auch durch die Ödeme hervorgerufen sind.
- Blaue Flecken durch die durchlässigen Blutgefäße
- Bei einem fortgeschrittenen Lipödem kann ein Lymphödem entstehen, da die Lymphflüssigkeit nicht mehr richtig abfließen kann. Manchmal findet man ein Lipo-Lymph-Ödem als Mischform.
- Auch offene Stellen und zusätzliche Erysipele können vorkommen.
- Eine Behinderung beim Gehen und ein Wundscheuern der betroffenen Stellen ist möglich.
- Letztendlich kann sogar eine Fehlstellung der Beine durch die Fettwülste der Oberschenkelinnenseiten entstehen. Sogar eine Arthrose kann das vermehrte Fettgewebe hervorrufen.
Diagnose
Meistens sucht die Patientin den Arzt auf, weil sich durch eine Diät die Fettmenge an den Beinen und Hüften nicht reduzieren lässt. Außerdem klagt die Patientin bei dem Gespräch über ein Schweregefühl, Schmerzen oder Neigung zu Blutergüssen. Bei der Anamnese erkundigt sich der Arzt nach weiteren krankheitstypischen Symptomen. Leider gibt es keine Laboruntersuchung oder ein bildgebendes Verfahren, um ein Lipödem sicher festzustellen. Daher sind die Anamnese und die körperliche Untersuchung maßgeblich und bilden die Basisdiagnostik. Leistungen zur Therapie werden deshalb erst im Anschluss gewährt.
- Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese)
- Anschauen (Inspektion)
- Abtasten (Palpation)
Oft treten die Veränderungen nach einer Schwangerschaft oder der Pubertät auf. Außerdem findet sich eine familiäre Häufung. Bei der körperlichen Untersuchung wird speziell auf die Symmetrie und die Fettgewebsproportionen geachtet:
- Beim Eindrücken von Gewebe bleibt beim Lipödem keine Delle zurück
- Das Kneifen an der Außenseite der Oberschenkel („Pinch-Test“) bereitet den Patientinnen Schmerzen, während der Kniff an der Innenseite nicht weh tut. Normalerweise verhält es sich genau umgekehrt.
- Mit dem „Stemmer-Test“ kann man ein Lipödem von einem Lymphödem unterscheiden. Lässt sich die Hautfalte zwischen 2. und 3. Zehe oder Finger nicht anheben, spricht das gegen ein Lipödem.
- Die Haut fühlt sich im Bereich des Lipödems im Vergleich zur Haut am Bauch oder Rücken knotig an.
- Bei einer Abmagerungskur oder durch massiven Sport kann das Fettgewebe des Lipödems nicht verringert werden (Leitsymptom).
Die Diagnose eines Lipödems ist nicht immer einfach, da sie bei fülligeren Patientinnen oftmals als eine Adipositas fehlgedeutet wird. Die Unterscheidung zwischen Adipositas und Lipödem fällt oft schwer. Eine Diät kann Aufschluss bringen, da trotz Gewichtsabnahme das Missverhältnis zwischen den Proportionen von Extremitäten und Rumpf bestehen bleibt.
Falls die Klinik zur Diagnosestellung nicht ausreicht, kann als bildgebendes Verfahren ein CT oder MRT durchgeführt werden. Hierbei lassen sich das Ausmaß und die Lokalisation der Fettvermehrung erfassen. Eventuell hilft die Tabelle von Marshall und Schwahn-Schreiber bei der sonografischen Beurteilung und Vermessung der Subkutis und Cutis. Da ein Zusammenhang von Lipödem und Schilddrüsenunterfunktion besteht, sollte bei gewissen Symptomen eine Blutuntersuchung durchgeführt werden.
Der Body-Mass-Index eignet sich bei Patientinnen mit Lipödem nicht. Es wird empfohlen, die Waist-Hip-Ratio oder Waist-Height-Ratio oder Umfangs- und Volumenmessung der Extremitäten anzuwenden.
Differentialdiagnosen: Extremitäten-Lipohypertrophie (vom Aussehen ähnlich, jedoch ohne Schmerzen), gynoide Adipositas (Birnenform), benigne Lipomatose, Morbus Decrum, Ödeme aufgrund anderer Ursachen.
Therapie des Lipödems
Ein Lipödem kann nicht geheilt werden, da die Ursachen nicht bekannt sind. Die Therapie zielt darauf, den Befund und die Symptome zu verbessern und eine weitere Zunahme des Fettgewebes zu verhindern.
- Zunächst erfolgt eine Kompressionstherapie mittels Kompressionsstrümpfe- oder Hosen. Sie verzögert oder stoppt die Zunahme des Lipödems, allerdings müssen die Strümpfe regelmäßig getragen werden.
- Im fortgeschrittenen Stadium kann eine Lymphdrainage hilfreich sein, um weitere Wassereinlagerungen zu verhindern.
- Viel Bewegung steht maßgeblich auf dem Programm und so sollen Aqua-Jogging, Gymnastik, Walken, Radfahren usw. helfen, Kalorien zu verbrauchen. Zusätzlich hat das Wasser eine Art „Kompressionsdruck“ von außen und daher sind Sportarten, die im Wasser durchgeführt werden, besonders nützlich. Außerdem werden die Gelenke, durch den „tragenden Effekt“ des Wassers, nicht so stark belastet.
- Eine Ernährungsumstellung zu einer vollwertigen Ernährung ist sehr wichtig, damit nicht noch mehr Gewicht zugenommen wird und die Patientin nicht zusätzlich unter einem Übergewicht leidet.
- Die einzige Möglichkeit das krankhaft vermehrte Fettgewebe zu entfernen, bietet die Fettabsaugung (Liposuktion). Verschiedene Studien haben gezeigt, dass sich die Symptome und Beschwerden verbessern und dies über mehrere Jahre hinweg anhält. Auch auf die Mobilität und die Lebensqualität wirkt sich die Fettabsaugung positiv aus.
Eine Langzeitstudie belegt, dass es einen Zusammenhang mit Zunahme eines Lipödems und einer Gewichtszunahme gibt. Ein Lipödem wird nicht stärker durch eine Gewichtsabnahme.
Daher ist eines der Hauptziele eine angepasste Ernährung mit Gewichtsreduktion bei Übergewichtigen und einer vollwertigen Ernährung bei Normalgewichtigen, damit es nicht zusätzlich zu einem Übergewicht oder Adipositas kommt.
Rezept: Fenchel-Apfel-Salat mit Hähnchenbrust
Fenchel ist eine vitamin- und mineralstoffreiche Gemüsepflanze. Er enthält fast doppelt so viel Vitamin C wie Orangen. Man kann ihn roh und gegart essen.
Dieser Low Carb Salat ist eiweißreich, kalorienarm und macht lange satt.
Zubereitungszeit 10 Min.
Zutaten für 2 Personen
- 100 g Joghurt
- 2 TL Senf
- 2 TL Apfelessig
- 1 TL Salz, Pfeffer, ½ TL Zucker
- 1 großer säuerlicher Apfel (Boskoop, Braeburn)
- 1 kleine Fenchelknolle
- 300 g gegarte Hähnchenbrust
Zubereitung
- Aus Joghurt, Senf, Apfelessig, Salz, Pfeffer und Zucker ein Dressing anrühren.
- Den Apfel und Fenchel waschen, putzen und raspeln.
- Die Hähnchenbrust Würfel und alle Zutaten in einer Schüssel vermengen.
Autorin
Dr. med. Daniela Oltersdorf ist Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Ernährungsmedizinerin und Buchautorin. Sie ist in eigener Praxis in Calw mit dem Schwerpunkt Ernährungsmedizin niedergelassen.
www.ernaehrungsmedizinoltersdorf.de
Instagram: @fraudoktor_o
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AWMF S1 Leitlinie Lipödem
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