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Lebensmittelintoleranzen können sich in der Praxis unterschiedlich darstellen und die Diagnosefindung manchmal schwierig machen. Der folgende Fall aus meiner Praxis zeigt, wie eine Laktoseintoleranz durch Ernährungsumstellung erfolgreich behandelt werden kann.
Ein Fall aus der Ernährungspraxis
Die Patientin kam zu mir in die Praxis, da sie wiederholt rechtseitige Unterbauchschmerzen, Ziehen und Blähungen litt. Sie war deswegen bereits bei ihrem Hausarzt vorstellig. Er hatte sie untersucht und lediglich ein geblähtes Abdomen gefunden. Zum Entblähen empfahl er ihr Lefax. Außerdem sollte sie gynäkologisch abgeklärt werden.
Bisher keine Appendektomie oder andere Unterbauchoperationen sowie Schwangerschaften. Sie wurde bereits von ihrem Gynäkologen auf Zysten oder andere Ursachen für Beschwerden im Unterbauch untersucht. Die durchgeführten Untersuchungen und auch das Blutbild waren komplett unauffällig.
Aufgrund einer Schilddrüsenunterfunktion nimmt sie jeden 2. Tag L-Thyroxin 50, da sie sich bei der täglichen Einnahme zu unruhig fühlt, aber eigentlich noch Symptome der Unterfunktion hat. Des Weiteren nimmt sie Vitamin D und Eisen.
Da die Unterbauchschmerzen, gerade wenn es bei Frauen doch keine Ovarialzysten oder ein schmerzhafter Eisprung sind, auch von Nahrungsmitteln kommen könnten, empfahl ich ihr, ein Ernährungstagebuch zu schreiben. Daraufhin meinte sie, dass sie bereits die Vermutung hat, unter einer Laktoseintoleranz zu leiden. Es sei ihr schon aufgefallen, dass sie Milchprodukte nicht immer gut verträgt. Außerdem sei ihre Akne bei einem häufigen Genuss von Milch stärker ausgeprägt. Zusätzlich bekommt sie von sauren Früchten oft rote Flecken im Gesicht und Juckreiz.
Da wir bei diesem Gespräch schon mögliche Unverträglichkeiten in Betracht zogen, besprach ich mit ihr, die Milchprodukte für 4 Wochen wegzulassen und auf Symptome zu achten.
Ernährungsinterventionen
Die Patientin ist schlank, 1,70m groß und wiegt 58 kg, das ergibt eine BMI von 20 und einen Energiebedarf nach der BASAROT Tabelle (BMR 20,9) Pal 1,6 von 2097 kcal. Da sie ein Normalgewicht hat, sollte sie diese Kalorien auch ohne Milchprodukte, weiter zu sich nehmen. Das gleiche gilt für den Eiweißbedarf, der bei 0,8 g pro kg KG liegt.
Wir besprachen, dass es nötig ist, den Eiweißanteil, der durch Wegfallen der Milchprodukte entsteht, durch andere eiweißreiche Lebensmittel auszugleichen. Diese wären: Fisch, Fleisch, Eier, Hülsenfrüchte, Getreide und grünes Gemüse sowie Nüsse und Mandeln.
Ebenso soll sie auf eine ausreichende Kalziumzufuhr von 1000 mg pro Tag achten. Diese kann sie ganz einfach durch kalziumreiches Mineralwasser oder angereicherte Milchersatzprodukte decken.
Nach 4 Wochen soll sie, falls keine weiteren Beschwerden auftraten, laktosefreie Milchprodukte austesten. Bei einer Akne ist die milchfreie Ernährung durchaus eine Option. Da die Haut einen Zyklus von 4 Wochen hat, soll die Weglass-Diät solange durchgeführt werden.
Anschließend können saure Obstsorten oder histaminhaltige Nahrungsmittel genau unter die Lupe genommen werden, da sie auch auf Tomaten, Schokolade und Wein Hautsymptome bekommt. Abschließend wäre der H2-Atem-Test bei einem Gastroenterologen zur Diagnosesicherung einer Laktoseintoleranz durchzuführen.
Verlauf
Die Patientin stellte sich 6 Wochen nach unserem ersten Termin wieder bei mir vor. Sie erzählte erfreut, dass ihre Unterbauchschmerzen, das Grummeln und auch die Müdigkeit verschwunden seien. Die Akne war komplett weg.
Da sie so glücklich über ihr neues Wohlbefinden war, hat sie zwar eine Woche lang laktosefreie Milchprodukte, beschwerdefrei, getestet, aber sie wollte „ohne“ bleiben. Der Effekt auf ihre Haut war so eindrucksvoll. Sie hatte nun bereits milchfreie Wochen ausprobierte und wusste, wie sie auch in Zukunft Eiweiß und Kalzium ohne Milchprodukte ersetzen konnte.
Laktoseintoleranz
Die Laktoseunverträglichkeit ist ein weitverbreitetes Phänomen. In südlichen Ländern vertragen 40-70 % der Bevölkerung keine Laktose. In Asien sind es fast 100%. Dort gibt es traditionell keinen Milchkaffee oder Käsebrötchen zum Frühstück. Zusätzlich nimmt die Enzymproduktion im Alter ab. Auch eine akute oder chronische Darmerkrankung (CED) sowie eine längere Antibiotikaeinnahme kann eine Laktoseintoleranz zur Folge haben.
Ursachen
Da der Dünndarm zu wenig Laktase (Enzym) herstellt, gelangt die Laktose in den Dickdarm und wird dort von Bakterien vergärt. Die daraus entstandenen Säuren, Wasserstoffe, Kohlendioxide und Methane verursachen die typischen Beschwerden.
Symptome
Zu den typischen Symptomen gehören Blähungen und Durchfall. Auch Übelkeit, Magengrummeln, Völlegefühl, Mundgeruch, Erbrechen und Verstopfung zählen zu den Symptomen.
Ganz gemein sind auch allgemeine Symptome wie Kopfschmerzen, belegte Zunge, Heißhungerattacken, Abgeschlagenheit und Erschöpfungszustände. Diese sind keine typischen Zeichen einer Nahrungsmittelunverträglich, sondern können auf so ziemlich alles hinweisen. Auch psychische Beschwerden wie Depressionen, Konzentrationsstörungen oder Unruhe können sich einstellen.
Therapie
Aus meiner Erfahrung ist die Laktoseintoleranz unter den Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten am besten in den Griff zu bekommen. Es gibt mittlerweile überall laktosefreie Milchprodukte. Auch wird auf den Lebensmittelverpackungen auf Milchzucker hingewiesen.
Hier kann Milchzucker enthalten sein: Süßwaren, Eis, Backwaren, Fertiggerichte und Instant-Erzeugnisse. Sogar Fleisch- und Wurstwaren enthalten oft versteckte Laktose.
Selbst im Urlaub kann auf Laktose problemlos verzichtet werden, da gerade in südlichen Ländern die Menschen keine Laktose vertragen. Es bietet sich an, die laktosefreien Milchprodukte auf ihren Geschmack auszutesten. Bei Butter lohnt es sich kaum, diese zu kaufen, da der Laktosegehalt von Grund auf sehr gering ist. Selbst Sahne und Joghurt enthalten wenig Laktose. Daher einfach testen, ob „normale“ Produkte nicht doch vertragen werden.
Außer Haus kann zunächst versucht werden, das Milchprodukt mit einem Laktase-Präparat einzunehmen. Beim Kochen und Backen kann Milch durch Pflanzendrinks ersetzt werden. Butter durch Öl oder Butterschmalz. Des Weiteren können gereifte Käsesorten verzehrt oder auf einen veganen Käseersatz zurückgegriffen werden. Dieser ist meist auf Kokosöl- und Stärkebasis.
Austauschliste für Nahrungsmittel bei Laktoseintoleranz
- Milch > laktosefreie Frisch- oder H-Milch, alternativ Mandel-, Hafer-, Hanf-, Cashew-, Haselnuss-, Reis-Drink, Sojamilch
- Butter (bei normaler Portionsgröße irrelevante Mengen an Laktose) > laktosefreie Butter, Pflanzenmargarine, Ghee
- Sahne > laktosefreie Sahne, pflanzlicher Sahneersatz wie Hafer- oder Mandelsahne, vegane Creme oder Schlagcreme
- Joghurt (wie bei Butter ist aufgrund der Fermentation der Milchsäurebakterien der meiste Milchzucker bereits vergärt) > laktosefreier Joghurt individuell zu testen, da häufig unnötig; pflanzlicher Joghurt auf Kokos- oder Sojabasis sowie Haferjoghurt
- Quark (auch hier aufgrund der Milchsäurebakterien kaum Laktose enthalten) > je nach Portionsgröße kann er durch einen laktosefreien Quark ausgetauscht werden
- Käse (wie bei den gereiften Milchprodukten ist aufgrund des Fermentationsprozesse die Laktose weitgehend abgebaut. Daher lohnt es sich nicht, einen laktosefreien Hartkäse wie Emmentaler zu kaufen, da er keine Laktose mehr enthält) > Frischkäse oder Butterkäse kann man durch ein laktosefreies Produkt ersetzten und dazu pflanzliche oder vegane Käsesorten austesten. Diese sind auf Kokos- oder Mandelbasis und mittlerweise sogar schmackhaft!
Rezepte bei Laktoseintoleranz
Gomasio als Kalziumquelle
Gomasio (Sesamsalz) ist eine hervorragende Kalziumquelle.
Zubereitungszeit 15 Minuten
Zutaten für 1 Glas
- 100 g ungeschälter Sesam
- 10 g Meersalz
Zubereitung
- Den Sesam unter fließendem Wasser gut abspülen und anschließend abtropfen lassen.
- Sesamkörner in eine Pfanne geben und unter Rühren so lange rösten, bis sie zu knacken beginnen. Dann auf einem Teller abkühlen lassen.
- Meersalz und Sesam vermischen und mit einem Mörser nicht zu fein mahlen.
- In ein Glas füllen und trocken lagern.
Tipp: Perfekt für die Basenküche und als Würzmischung gut geeignet um den Salzkonsum zu reduzieren. Außerdem ist Sesam sehr reich an Kalzium.
Selbstgemachter Pflanzendrink als Milchersatz
Zubereitungszeit 20 Minuten + Einweichzeit bei Mandeln über Nacht
Zutaten für 1 Flasche
- 200 g blanchierte Mandeln oder Hanfsamen oder Macadamianüsse
- 1 l Wasser sowie Wasser zum Einweichen
- 1 Prise Salz
- etwas Reissirup zum Süßen
- ein Nuss- oder Haarsieb
- 2 EL Rapsöl b.B.
Zubereitung
- Mandel über Nacht in Wasser einweichen. Das Wasser am nächsten Morgen wegschütten. Hanfsamen und Macadamia können direkt zur Herstellung verwendet werden.
- Die Mandeln/ Hanfsamen/ Macadamia in 1 l gesalzenem Wasser aufkochen, abkühlen lassen und dann pürieren.
- Alles durch ein Haarsieb (Mulltuch) filtern und etwas nachsüßen.
- Falls einem der Drink „zu dünn“ erscheint, einfach mit 2 EL Rapsöl aufschlagen.
- Den Trester zum Backen weiterverwenden. Kaltstellen.
Tipp: Aus dem Pflanzendrink lässt sich auch frische Pflanzensahne herstellen. Dazu benötigt man 150 ml des Drinks, 20 ml Rapsöl, 1 Prise Salz und 1 TL Tapiokastärke. Die Sahne erwärmen, damit die Stärke bindet und schön andickt.
Blumenkohl-Kartoffel-Suppe
Zubereitungszeit 20 Minuten
Zutaten für 4 Personen
- 500 g Blumenkohl
- 300 g Kartoffeln
- 3 EL Olivenöl
- 300 ml Gemüsebrühe
- 1 Limettenblatt
- 1 Stange Zitronengras angedrückt
- 40 ml vegane Sahne oder 3 EL weißes Mandelmus
- 1 TL Currypulver
- Salz, Pfeffer
Zubereitung
- Den Blumenkohl waschen, vierteln, vom Strunk befreien und in Stücke teilen.
- Die Kartoffeln waschen, schälen und in Würfel schneiden.
- Öl in einen Topf geben und das Gemüse kurz anschwitzen. Mit der Gemüsebrühe ablöschen, das Limettenblatt, das Zitronengras und das Currypulver hinzugeben und 15 Minuten köcheln lassen.
- Das Limettenblatt und das Zitronengras entfernen, Sahne hinzufügen und alles pürieren.
- Mit Salz und Pfeffer abschmecken und in 4 Suppenteller gießen.
Tipp: Hier passt auch Kokosmilch als Sahneersatz hervorragend.
Schupfnudeln
Zubereitungszeit 40 Minuten
Zutaten für 4 Personen
- 1 kg mehligkochende Kartoffeln
- 1 TL Salz
- 150 g Mehl
- 2 Eier
- Pfeffer
- 1 Prise Muskatnuss
- Ghee oder Rapsöl zum Anbraten
Zubereitung
- Die Kartoffeln waschen und in der Schale 20 Minuten kochen. Noch heiß pellen und durch eine Spätzlepresse drücken.
- Die weiteren Zutaten hinzufügen und vermengen, nicht kneten.
- Auf einer bemehlten Arbeitsplatte zu 4 Rollen formen, gleichgroße Stücke abschneiden und in Schupfnudel-Form rollen.
- In einer Pfanne mit etwas Ghee oder Öl ca. 7 Min. ausbacken.
Als Beilage zu Fleisch oder als Süßspeise mit Kompott genießen.
- Oltersdorf D. Familienküche frei von Laktose, Fructose und Histamin. Stuttgart: TRIAS Verlag; 2022
- Biesalski HK, Bischoff SC, Pirlich M, Weinmann A, Hrsg. Ernährungsmedizin. 5. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2018
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung. DGE-Beratungsstandards. Lebensmittelunverträglichkeiten, Laktoseintoleranz. Bonn; 2021
Autorin
Dr. med. Daniela Oltersdorf ist Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Ernährungsmedizinerin und Buchautorin. Sie ist in eigener Praxis in Calw mit dem Schwerpunkt Ernährungsmedizin niedergelassen.
www.ernaehrungsmedizinoltersdorf.de
Instagram: @fraudoktor_o