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Nierensteine (Nephrolithen) und Steine der Harnwege gehören zu den häufigsten Erkrankungen der Nieren. Es handelt sich um Ablagerungen, die sich aus Bestandteilen des Urins bilden. Manche sind nur stecknadelkopfgroß, andere können das gesamte Nierenbecken ausfüllen.
Ihre Entstehung wird gefördert durch:
- eiweißreiche Ernährung,
- Überernährung,
- Fettleibigkeit,
- Bewegungsmangel.
Schätzungen zufolge leiden 5-10 % aller Deutschen einmal in ihrem Leben an Nierensteinen. Sie treten für gewöhnlich zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf, bei Männern doppelt so häufig wie bei Frauen.
Einteilung von Nierensteinen
Nierensteine werden nach unterschiedlichen Kriterien eingeteilt: nach chemischer Zusammensetzung, ihrer Form sowie ihrer Lokalisation. Die bedeutsamsten Unterschiede liegen in ihrer Zusammensetzung, die abhängig von der Ursache variiert:
- Kalziumhaltige Steine machen 70 bis 80 Prozent aus. Am häufigsten sind Kalziumoxalatsteine gefolgt von Kalziumphosphatsteinen.
- Harnsäuresteine (auch Uratsteine) sind zu 15 Prozent vertreten. Reine Uratsteine sind im Röntgenbild nicht erkennbar.
- Magnesium-Ammonium-Phosphat-Steine kommen bei rund 10 Prozent vor. Sie treten überwiegend bei Frauen im Rahmen von Harnwegsinfekten auf.
- Zystin- und Xanthin-Steine haben einen Anteil von 2 Prozent. Sie finden sich bei angeborenen Stoffwechselstörungen.
Sie können
- als Nierenbeckenstein im Nierenbecken und als Nierenkelchstein im Kelchsystem liegen (Nephrolitihiasis);
- sich in den Harnleitern als Harnleitersteine befinden (Ureterolithiasis);
- sich als Harnblasensteine in der Harnblase befinden (Zystolithiasis).
Nierensteine haben, je nach Beschaffenheit, ein unterschiedliches Aussehen.
Ursachen
Die Entstehung der Nephrolithen ist komplex und von vielen Faktoren abhängig. Auf physikalischer Ebene kommt es zu einer Erhöhung der Konzentration von schwerlöslichen Ionen oder anderen Harnbestandteilen bis zur Überschreitung des Löslichkeitsprodukts. So können Nierensteine entstehen, wenn manche Stoffe in zu hoher Konzentration im Urin vorkommen. Zunächst fallen Kristalle aus, später Grieß und zuletzt bilden sich Steine.
Die Erhöhung der Harnbestandteile kann durch eine Vielzahl von Begleitumständen begingt sein:
- Vermehrte Ausscheidung steinbildender Substanzen wie Kalzium, Phosphat, Oxalat, Harnsäure sowie verminderte Ausscheidung nicht-steinbildender Substanzen wie Magnesium und Citrat. Hier kann die Ernährungstherapie sehr gut ansetzen.
- Erhöhte Urinkonzentration durch zu wenig Trinken oder vermehrtes Schwitzen.
- Störung des Kalziumstoffwechsels mit vermehrter Ausscheidung (auch kalziumhaltige Nahrungsergänzungsmittel oder Vitamin D).
- Gestörte Harnsäureausscheidung aufgrund von Enzymdefekten oder einer purinhaltigen Ernährung, Alkohol oder Zerfall von Tumorgewebe.
- Eine pH-Änderung des Urins: Werte unter 5,5 bzw. über 7,0 können Steine begünstigen.
Risikofaktoren für Nierensteine sind:
- entwässernde Nahrungsmittel, die den Harn mit Salzen übersättigen wie Rhabarber und Spargel
- Harnstauung durch Narben, Fehlbildungen oder Verengungen
- Übergewicht, Gicht
- Nahrungsergänzungsmittel mit Kalzium und Vitamin D
- Medikamente wie ASS, Triamteren, Sulphonamide oder Azetalzolamid
- wiederholte Harnwegsinfekte
- Flüssigkeitsmangel allgemein und zu geringe Flüssigkeitsaufnahme
Symptome
Nicht immer verursachen Nierensteine Beschwerden. Oft bleiben sie asymptomatisch und werden zufällig bei einer bildgebenden Diagnostik entdeckt.
Manchmal findet sich eine Mikrohämaturie im Urin. Gelegentlich treten Schmerzen auf, wenn die Steine aus den Nieren Richtung Harnleiter gelangen und langsam abwandern bzw. die Steine für einen Abgang zu groß sind und die Wege verlegen. Nierengrieß und sehr kleine Steine gelangen in den Urin und werden ausgeschieden.
Problematisch werden größere Steine, die Koliken auslösen können.
Mögliche Anzeichen für Nierensteine
Plötzlich auftretende, wellenförmige, stechende, krampfartige Schmerzen, die in die Leiste, den Unterbauch oder die Genitalorgane ausstrahlen können.
- Übelkeit und Brechreiz
- häufiges Wasserlassen
- Stuhlgang und Blähungen gehen nicht mehr ab
- Blut im Urin (Mikro- oder Makrohämaturie)
- motorische Unruhe
- Schweißausbruch, Kollaps
- Fieber, Schüttelfrost, Harnwegsinfekt
Sobald die Steine die Blase erreicht haben, verschwinden die Beschwerden spontan.
Diagnostik
Nierensteine können sehr gut durch Ultraschall festgestellt werden. Dieser wird häufig kombiniert mit einer Röntgenuntersuchung der ableitenden Harnwege, der sog. Ausscheidungsurografie. Auch ein Spiral-CT kann durchgeführt werden; in Einzelfällen eine Blasenspiegelung oder Szintigrafie. Des Weiteren werden Urin- und Blutuntersuchungen durchgeführt, um die Zusammensetzung zu ermitteln und die Ausscheidung zu berechnen.
Therapie
Bei der Behandlung von Nierensteinen gibt es zwei Herangehensweisen. Entweder man wartet den spontanen Abgang ab, oder man greift aktiv ein.
Ist ein Spontanabgang aufgrund der Steingröße nicht möglich und sind die konservativen Methoden wie Analgesie nicht ausreichend, wird aktiv eingegriffen.
Nierensteine können per Blasenkatheter geborgen, per Litholyse aufgelöst oder mit extra-korporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL) zertrümmert werden. Bei einer perkutanen Nephrolitolapaxie (PCNL) wird mit einer Punktionsnadel die Niere durch die Haut punktiert und mittels eines Operationsinstrumentes der Stein zerlegt. Je nach Lage des Steins, noch in der Niere oder schon im Harnleiter, kann mittels Ureterorenoskopie (URS) der Stein aus dem Harnleiter geborgen werden. Manchmal ist im Anschluss eine Harnleiterschiene notwendig.
Eine offene Operation ist heute nur noch selten nötig.
Prophylaxe von Nierensteinen
Was kann man konservativ bei Steinen tun? Und was passiert nach der Steinentfernung? Da Nierensteine eine sehr hohe Rezidivrate aufweisen, ist eine Prophylaxe sehr wichtig.
- Die konservative Behandlung sieht zunächst eine ausreichende Trinkmenge von 2,5 bis 3 Litern pro Tag vor.
- Bei Steinen sollte man auf koffeinhaltige Getränke, Alkohol und süße Limonaden verzichten.
- Wärmeanwendung kann hilfreich sein, ebenso wie körperliche Bewegung (Treppen steigen, Kniebeugen).
- Wenig purinhaltige Lebensmittel essen (wie bei der Therapie der Gicht), da Purine zu Harnsäure abgebaut werden.
- Den Fleischkonsum einschränken.
- Eine kochsalzarme Ernährung anstreben.
- Viel Gemüse und Früchte verzehren.
- Eine normale bis erhöhte Kalziumaufnahme am Tag (800 mg Kalzium pro Tag aus Milch und Milchprodukten. Nicht aus Nahrungsergänzungsmitteln!).
- Übergewicht abbauen, aber vorsichtig sein bei Radikaldiäten.
- Medikamente, die darauf abzielen, dass Kristalle im Harn nicht ausfallen und sich zusammenlegen (Thiazide, Allopurinol, Mineralien)
Ernährungstherapie zur Nierenstein-Prophylaxe
Um zu verhindern, dass ein Nierenstein erneut auftritt, bietet die Ernährungstherapie hilfreiche Möglichkeiten:
- reichlich trinken, evtl. auch alkalische Mineralwässer
- reichlich Obst und Gemüse essen
- salz- und fettarme Ernährung
- Fleischkonsum reduzieren
- Eiweiß richtig dosieren: 0,8 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag
- purinreiche Lebensmittel einschränken (Innereien, Heringe, Makrelen, Sardellen, Haut von Huhn, Krustentiere, Hülsenfrüchte)
- Milchprodukte, am besten fettarme, sind reich an Kalzium, Eiweiß und purinarm
- oxalsäurehaltige Lebensmittel bei Oxalatsteinen reduzieren (Schokolade, Kakao, Rhabarber, Rote Bete, Spinat, Mangold, Kaffee, Cola, schwarzer Tee, Nüsse)
- Alkohol reduzieren, fruktosehaltige Getränke stark einschränken
- auf ausreichende Kalziumzufuhr aus Lebensmitteln achten: Diese verhindern paradoxerweise die Entstehung von Kalziumoxalatsteinen. Kalziumhaltige Nahrungsergänzungsmittel wiederum fördern die Bildung.
Rezept: Pfannkuchen mit frischen Beeren
kalziumreich und oxalatarm
Zubereitungszeit 30 Minuten
Zutaten für 4 Personen
- 6 Eier
- 3 EL Zucker
- 200 g Dinkelmehl 630
- 200 g Weizenmehl 550
- 750 ml fettarme Milch (alternativ Pflanzendrink)
- ½ TL Salz Rapsöl zum Braten
- 250 g frische Beeren der Saison oder gefrorene Früchte
Zubereitung
- Eier und Zucker mit dem Handrührgerät schaumig rühren.
- Das Mehl und die Milch abwechseln einrieseln lassen und gut verrühren.
- Am Ende das Salz hinzufügen.
- Pfannkuchen portionsweise mit etwas Öl in der Pfanne ausbacken.
- Die Früchte waschen und zu den Pfannkuchen servieren.
Autorin
Dr. med. Daniela Oltersdorf ist Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Ernährungsmedizinerin und Buchautorin. Sie ist in eigener Praxis in Calw mit dem Schwerpunkt Ernährungsmedizin niedergelassen.
www.ernaehrungsmedizinoltersdorf.de
Instagram: @fraudoktor_o
Deutsche Gesellschaft für Urologie, Hrsg. S2k-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe der Urolithiasis. Stand: 31.5.2019; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/043-025
Herold G. Innere Medizin. 11. Aufl. Selbstverlag: 2022
Biesalski HK, Bischoff SC, Pirlich M et al. Ernährungsmedizin. 5. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2018: 711-719