LebenserwartungDeutschland fällt bei Lebenserwartung in Westeuropa weiter zurück

Deutschland gehört in Westeuropa zu den Schlusslichtern bei der Lebenserwartung und verliert weiter: Der Abstand hat sich in den letzten 20 Jahren um 1 Lebensjahr vergrößert.

Illustration: 3 Menschen laufen auf einer Linie mit Zahlen zwischen 60 und dem Ziel 100 Jahre
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Bei der Bevölkerung über 65 Jahre ist die Sterblichkeit deutlich erhöht im Vergleich zu anderen westeuropäischen Ländern.

Eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) und des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung hat die Sterblichkeitstrends über mehrere Jahrzehnte untersucht:

  • Im Jahr 2000 betrug der Rückstand Deutschlands auf die durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt im restlichen Westeuropa rund 0,7 Jahre.
  • Bis 2022 hat sich der Abstand auf 1,7 Jahre vergrößert.

Sterblichkeitslücke wächst stetig

„Der Beginn der 2000er Jahre markiert einen Wendepunkt in der Dynamik der Sterblichkeitsentwicklung in Deutschland“, fasst Dr. Pavel Grigoriev vom BiB die Ergebnisse zusammen. Seitdem ist die Sterblichkeitslücke zwischen Deutschland und den anderen westeuropäischen Ländern relativ stetig angewachsen.

Wie aus der Untersuchung hervorgeht, konnte Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung im Jahr 1990 zunächst den Rückstand gegenüber Westdeutschland und Westeuropa erheblich verringern. Hierzu trugen auch massive finanzielle Investitionen in die Gesundheitsversorgung bei.

Bis Anfang der 2000er Jahre hatte die Lebenserwartung der Frauen in Ostdeutschland zu Westdeutschland aufgeschlossen und auch gegenüber dem restlichen Westeuropa erheblich aufgeholt.

Die Männer in Ostdeutschland konnten zunächst ebenfalls den Abstand gegenüber Westdeutschland und dem restlichen Westeuropa reduzieren. Allerdings ist bei ihnen im Gegensatz zu den Frauen bis heute ein Abstand von rund einem Jahr gegenüber Westdeutschland geblieben.

Seit der Jahrtausendwende haben jedoch sowohl West- als auch Ostdeutschland gegenüber den anderen Ländern Westeuropas an Boden verloren. Betrug der Rückstand von Deutschland bei der Lebenserwartung der Männer im Jahr 2000 rund 0,7 Jahre, ist dieser bis 2022 auf 1,8 Jahre angestiegen. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei den Frauen: Hier vergrößerte sich der Abstand bei der Lebenserwartung von 0,7 Jahren (2000) auf aktuell 1,4 Jahre. Lediglich im ersten Pandemiejahr 2020 wurde bei beiden Geschlechtern eine kurzfristige Annäherung an den westeuropäischen Durchschnitt verzeichnet, da die Coronasterblichkeit in Deutschland zunächst deutlich geringer ausfiel als in anderen Ländern Westeuropas.

Einzelne Altersgruppen

Zum wachsenden Rückstand Deutschlands in der Lebenserwartung tragen einzelne Altersgruppen in unterschiedlicher Art und Weise bei:

  • Die Sterblichkeit von Menschen unter 50 Jahren liegt im westeuropäischen Durchschnitt.
  • Bei der Bevölkerung über 65 Jahre ist die Sterblichkeit deutlich erhöht.
  • Bei den Frauen weisen in Deutschland gerade Personen im Alter ab 75 Jahren eine höhere Sterblichkeit auf als Gleichaltrige im westeuropäischen Ausland.
  • Dagegen tragen bei den Männern insbesondere die Alter zwischen 55 und 74 Jahren zur Lücke bei.

Nachholbedarf bei Prävention und Früherkennung

„Um Deutschlands Rückstand bei der Lebenserwartung zu verringern, müsste die Sterblichkeit insbesondere im höheren Alter reduziert werden“, folgert Mitautor Dr. Sebastian Klüsener vom BiB.

Handlungsbedarf scheint bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu bestehen. So weisen internationale Vergleiche auf Aufholbedarf bei der Prävention und der Früherkennung dieser Erkrankungen hin.

Ähnliches gilt für die Bereiche Tabak- und Alkoholprävention sowie gesunde Ernährung. „Hier besteht noch einiges Potenzial, um uns für den momentanen Alterungsprozess der Gesellschaft besser aufzustellen“, so Klüsener.

Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung