Spiraldynamik SpezialEntspannter Kiefer - Übungen aus der Spiraldynamik

Zähneknirschen und Kieferpressen belasten die Kiefergelenke und können zu Verspannungen und Schmerzen führen. Diese Übungen aus der Spiraldynamik® entspannen Ihren Kiefer.

Frau mit asiatischem Aussehen fasst sich an den Kiefer.
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Nächtliches Zähneknirschen kann verschiedene Ursachen haben.

von Christian Larsen, Bea Miescher

Der Kaumuskel ist auf den Muskelquerschnitt bezogen der stärkste Muskel des Menschen. Sensibilität ermöglicht zudem präziseste Kraftdosierung, vom kräftigen Biss über die genüssliche Knabberei bis zur kunstvollen Feinmotorik.

Weil der Gesichtsausdruck eng mit Gefühlen verbunden ist, kommt es im Kausystem unter psychischer oder physischer Belastungen zu unbewusster Verspannung: Zähne zusammenpressen oder mit den Zähnen knirschen sind die häufigsten Zeichen. Anhaltende Überlastungen der Muskeln bei Verspannungszuständen führen zu Muskelschmerzen. Sie werden oft als Gesichtsschmerz oder beim Schläfenmuskel als Kopfschmerz wahrgenommen – gerade am Morgen.

Zähneknirschen: Der unbewusste Stressabbau im Mund

Obere und untere Zähne berühren sich normalerweise so gut wie nie, weil die Schwerkraft den Unterkiefer nach unten zieht. Selbst beim Kauen haben die Zähne kaum Kontakt zueinander. Würden sich die Zähne beim Essen gegenseitig abreiben, wären die Zahnkronen rasch zerstört. Genau dies passiert beim nächtlichen Zähneknirschen: Die Zähne mahlen unnatürlich gegeneinander. Es kann zu Zahnlockerungen und deutlichen Schäden an den Zahnkronen führen. Aber damit nicht genug: Auch die Kaumuskeln und Kiefergelenke werden überlastet, was oft zu Kopf- und Gesichtsschmerzen führt. Nächtliches Zähneknirschen ist Ausdruck innerer und muskulärer Verspannung aufgrund von Stress. Das kann hohe Belastung am Arbeitsplatz sein, familiäre Probleme – Kummer und Sorgen des Alltags eben. Nachts bauen sich diese Spannungen über den Kiefer ab: Die Probleme geben zu kauen und zu beißen. Doch Entspannung kann man lernen. Wichtig ist es, sich der Probleme bewusst zu werden. Zu lange dürfen starke Knirscher nicht zögern: Zahnärzte und Kieferspezialisten können gezielt helfen. Beispielsweise mit hufeisenförmigen Schienen, die nachts wie eine Spange getragen werden und die Zähne voreinander schützen. Eine Maßnahme, die das Problem, aber nicht dessen Ursache löst. Entspannungsübungen und eine ausgeglichene Lebensform mit genügend Erholungszeit, befriedigender Arbeit und erfüllenden Beziehungen sind Schritte zu weniger Zerknirschung im Mund.

Informationen vor der Anwendung

Für wen sind die Übungen gut?

Grundsätzlich für alle, mit Ausnahme von frisch Operierten, Verletzten oder wenn Sie akute Schmerzen haben. Holen Sie im Zweifelsfall zahnärztlichen Rat. Bei chronischen Schmerzen ist Üben dann gut, wenn die Schmerzen während oder nach den Übungen nicht zunehmen.

Schmerzen

Auch hier gilt: Im Zweifelsfall den Arzt oder Zahnarzt fragen: Bei richtig ausgeführten Dehnübungen macht sich leichter Zugschmerz in der Dehnposition bemerkbar: Bei gutem Gesundheitszustand darf mit dieser Grenze gespielt werden, solange das Ziehen nicht ruckartig zunimmt, sondern langsam gesteigert wird. Aber Vorsicht vor zu viel Ehrgeiz. 

Richtig und falsch

Oft ist der Unterschied vorerst nur schwer zu erkennen. Vergleichen Sie die Bilder mit richtig und falsch achtsam. Geben Sie sich Zeit und erproben Sie die feinen Unterschiede im eigenen Körper. Die verfeinerte Wahrnehmung ist Ihr Trainingserfolg.

Während der Kindheit muss sich das Gebiss einer enormen Wachstumsdynamik anpassen. Am Übergang vom Kleinkindes- zum Kindesalter beginnt der Zahnwechsel, die Milchzähne werden durch die definitiven Zähne ersetzt. In der Pubertät folgt der Durchbruch der Weisheitszähne. Dabei kann es zu komplexen Fehlstellungen der Zähne sowie des Kieferknochens kommen. Am häufigsten sind Biss-Asymmetrie, eine Verschiebung des Unterkiefers nach links oder rechts, nach vorn (Unterbiss) oder nach hinten (Überbiss). Die meisten Biss-Asymmetrien sind ein kosmetisches und kein funktionelles Problem. Die starke Vorverlegung des Unterkiefers kann zu Problemen vor allem beim Abbeißen führen. Die Rückverlagerung bringt neben den durchaus charmanten Häschenzähnen vermehrte Abnutzung mit sich. Schwer wiegende Missbildungen wie unvollständige Ausbildung der Kieferknochen oder Spaltbildungen von Oberlippe, Oberkiefer und Gaumendach sind selten und gehören in die Hände erfahrener Zahnärzte und Kieferchirurgen.

Übungen

Kieferachter: Das neue dreidimensionale Gefühl

Die typische Mahlbewegung während des Kauens bewusst und auf beide Seiten hin trainiert: a) Mahlbewegung nach unten-links. b) Mahlbewegung nach untenrechts.

Ziel: Mobilisierung der Kiefergelenke, Ausgleich zwischen Arbeits- und Balance-Position der Kaumuskulatur.

Start: Setzen Sie sich aufrecht und entspannt hin, die Lippen sind geschlossen, die Zunge berührt das Gaumendach, der Kiefer ist locker, obere und untere Zahnreihe sind ohne Kontakt. Öffnen und schließen Sie den Mund einige Male ohne Zahnkontakt bis zum Lippenschluss.

Aktion: Öffnen Sie den Mund und schieben Sie den Kiefer gleichzeitig etwas nach links. Zum Schließen führen Sie die Bewegung wieder zur Mitte zurück. Beim nächsten Öffnen nach links schieben Sie nicht mehr den Rückwärtsgang ein, sondern führen die Schlaufe nach oben weiter bis zum Mundschluss. Nun zur rechten Seite: Öffnen nach rechts unten und über eine Schlaufe nach oben zurück zum Mundschluss. Ihr Kiefer bewegt sich dabei in der Form einer liegenden Acht – und wenn Sie das jetzt irgendwie an einen Wiederkäuer erinnert, liegen Sie ganz richtig: Die Natur hat sich für die Kaubewegung einen dreidimensionalen, intelligenten Bewegungsablauf erdacht, der effizient und mit möglichst wenig Abnutzung funktioniert. Das geht nicht nur beim Menschen prima. Führen Sie die Achterbewegung zuerst groß aus, bis sie fließend läuft, dann immer kleiner.

Vermeiden

Kein asymmetrisches „Kurvenschneiden“, die Achterbewegung ist eine symmetrische Bewegung. Zu viel Spannung in der Muskulatur. Beweglichkeit durch Entspannung ist angesagt. Der Unterkiefer kann mit der Hand hin und her bewegt und so gelockert werden.

Kontrolle: Sie werden beim Ausführen der Achterbewegung feststellen, dass eine Seite besser geht als die andere. Auf einer Seite gleiten die Kauflächen in „eingeschliffenen Bahnen“ perfekt aneinander vorbei. Dies ist Ihre gewohnte Kau- oder Arbeitsseite. Bei der Achterschlaufe zur anderen Seite gleiten die Zahnflächenhöcker ungehobelt und holprig aneinander vorbei und scheinen sich zu verkanten. Auf dieser Seite kauen Sie seltener. Führen Sie die Achterschlaufen auf beide Seiten gleich groß aus, „Kurven schneiden“ ist unerwünscht! Die Zähne gleiten locker aneinander vorbei. Kein Pressen! Bleibt die Kiefergelenkmuskulatur verspannt, versuchen Sie Folgendes: Lassen Sie vor Übungsbeginn bewusst los, entspannen Sie. Allenfalls den Kieferstretch ausführen. Erst dann mit der Achterbewegung beginnen.

Dosierung: 3–5 Minuten täglich.

Blitzübung: Achterschlaufe beim Kauen wahrnehmen. Versuchen Sie die Speisen mal links, mal rechts zu mahlen. Der Kaugummi ersetzt das elastische Trainingsband und wird zum Trainingsgerät!

Kiefertrainer: Flexibel und stark bleiben

Ziel: Isometrische – gegen Widerstand ausgeführtes Training – und dynamische Kräftigungsübungen für die Kiefergelenkmuskulatur: der Kieferöffner wohlverstanden. Die Schließmuskeln, die in aller Regel ohnehin zu fleißig sind, werden bewusst nur gedehnt, aber nicht gekräftigt.

Start: Sitzen Sie aufrecht und entspannt, mit allen Fingern einer Hand halten Sie das Kinn fest. Nun wird die Achterbewegung der vorangegangenen Übung in ihre Einzelteile zerlegt und gegen Widerstand als Kräftigungsübung ausgeführt.

Aktion: Drücken Sie nun das Kinn gegen den Widerstand der Hand nach unten, indem Sie den Mund öffnen und den Kiefer ganz leicht vorschieben. Der Unterkiefer schiebt die Hand nach unten, die Kieferöffnermuskulatur arbeitet, die Hand am Kinn gibt den Widerstand. Dosieren Sie diesen so, dass die Kieferöffner aktiviert werden, aber nicht krampfhaft und ruckartig arbeiten müssen. Nun dasselbe mit Seitwärtsbewegung. Die Finger der rechten Hand an den Kiefer legen, etwas unterhalb der Mundwinkel, sodass Sie den Knochen des Unterkiefers als Widerstand fühlen können. Das Kinn schiebt nach rechts, die Hand gibt dosierten Widerstand. Danach dasselbe nach links. Versuchen Sie nun, die Bewegung gegen „wandernden Widerstand“ in Achterschlaufen nach rechts und links zu führen. Sie brauchen dazu beide Hände, die abwechslungsweise Widerstand geben.

Doppelfehler

a) Achten Sie darauf, dass nicht die Hand die Bewegung führt, sondern die Kiefermuskulatur. Die Hand gibt lediglich Widerstand. b) Zu viel Widerstand mit der Hand stresst das Gelenk, besonders den Diskus im Kiefergelenk.

Kontrolle: Die Kiefermuskulatur arbeitet und führt die Bewegung, die Hand bremst lediglich und gibt dosierten Widerstand – jedoch ohne die Führung zu übernehmen. Wie immer können Sie übertreiben: keine Maximalkraft! Die Kiefergelenkmuskeln haben durch das Kauen und das häufige Zähneknirschen ohnehin schon viel bis zu viel Training. Bei dieser Kräftigungsübung geht es mehr um Bewegungsvielfalt und lockere Kraft. Knacken im Kiefer ist das untrügliche Signal, dass zu viel Kraft im Spiel ist. Das stresst vor allem den Diskus, die Unterlagsscheibe zwischen Schädel und Kiefergelenkköpfchen. Gehen Sie die Übung mit wenig Widerstand an und steigern Sie sanft – wie immer bei gesundem Trainingsaufbau.

Dosierung: 3–5 Minuten täglich.

Blitzübung: Immer zwischendurch, beispielsweise beim Nachdenken.

Dr. med. Christian Larsen
Facharzt für Allgemeinmedizin mit Schwerpunkt funktionelle Anatomie und Biomechanik
Forscher, Autor, Preisträger, Dozent und Mitbegründer der Spiraldynamik®

Bea Miescher
Fachjournalistin und Physiopädagogin