LeberkrebsGastroenterologie warnt vor Leberkrebs-Epidemie

Europäische Fachgesellschaften warnen: Ohne dringende Prävention und Früherkennung stehe Europa vor einer Leberkrebs-Epidemie.

Mann hält ein Lebermodell vor der rechten Seite seines Bauches
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Ernährung und Lebensstil sind die wichtigsten Präventionsstrategien für Leberkrebs. Risikogruppen sollten eine Früherkennung erhalten.

Leberkrebs gehört zu den am schnellsten wachsenden Ursachen für Krebstodesfälle in Europa. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen: Die Sterblichkeitsrate wird in den nächsten 10 Jahren voraussichtlich stark ansteigen. Als Reaktion auf diese eskalierende Krise haben die United European Gastroenterology (UEG) und die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) eine gemeinsame Erklärung zur Prävention und Früherkennung von Leberzellkarzinomen (HCC) heute im Rahmen der UEG Week 2025 veröffentlicht.

Leberkrebs hat in Europa zugenommen

Die Leberkrebs-Fallzahlen in Europa haben in den letzten 3 Jahrzehnten erheblich zugenommen:

  • Zwischen 1990 und 2021 stiegen die altersstandardisierten Inzidenz- und Mortalitätsraten stetig an.
  • Im Jahr 2022 forderte Leberkrebs in der EU mehr als 50.000 Todesopfer, wobei die Sterblichkeit bei Männern höher war als bei Frauen.
  • Das hepatozelluläre Karzinom (HCC), die häufigste Form des primären Leberkrebses, ist für einen Großteil dieses Anstiegs verantwortlich.

Professorin Patrizia Burra, Vorsitzende der UEG Public Affairs Group, kommentierte: „Eine einheitliche, evidenzbasierte Strategie ist unerlässlich, um den Anstieg der Leberkrebsfälle in Europa zu stoppen. Um diese Herausforderung für die öffentliche Gesundheit zu bewältigen, muss ein zweigleisiger Ansatz verfolgt werden, der sich sowohl auf Prävention als auch auf Früherkennung konzentriert.

Prävention durch Ernährung und Lebensstil

Durch Prävention können die Ursachen von Lebererkrankungen bekämpft werden. Ernährung und Lebensstil sind hier die wichtigsten Hebel:

  • Eine der Hauptursachen für das hepatozelluläre Karzinom ist die metabolisch bedingte steatohepatische Lebererkrankung (MASLD). Diese wird durch Fettleibigkeit, Typ-2-Diabetes und sitzenden Lebensstil verursacht.
  • Alkoholmissbrauch und virale Hepatitis B und C tragen trotz verfügbarer Impfstoffe und Behandlungen ebenfalls zum Erkrankungsrisiko bei.

 Eine frühzeitige Diagnose, entsprechende Tests und eine rechtzeitige Therapie sind für die Risikominderung unerlässlich.

"Eine mediterrane Ernährung senkt beispielsweise das Risiko für MASLD, während ein hoher Konsum von hoch-verarbeiteten Lebensmitteln das Leberkrebsrisiko erhöht. Prävention muss jedoch über individuelle Entscheidungen hinausgehen. Verhältnispräventive Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit sind unerlässlich, darunter eine verbesserte Kennzeichnung von Lebensmitteln, Beschränkungen für die Vermarktung ungesunder Lebensmittel an Kinder, frühzeitige Ernährungsaufklärung und stärkere Investitionen sowohl in die öffentliche Gesundheit als auch in die Ausbildung von Ärzt*innen", sagt die Gastroenterologin Prof. Patricia Burra.

Früherkennung rettet Leben

Früherkennung ist ebenso entscheidend, da eine rechtzeitige Diagnose den Verlauf der Erkrankung dramatisch verbessern kann.

Das hepatozelluläre Karzinom ist im Frühstadium meist asymptomatisch, aber heilbar, wenn es rechtzeitig erkannt wird. Dennoch werden die meisten Fälle aufgrund von Unterdiagnosen von Lebererkrankungen und ungleichen Zugangsmöglichkeiten zu bildgebenden Verfahren zu spät diagnostiziert.

Die Fachgesellschaften unterstützen eine gezielte, risikostratifizierte Surveillance:

  • Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Überwachung von Patient*innen mit dem höchsten Risiko. Gleichzeitig können unnötige Tests für Personen mit geringem Risiko reduziert werden.
  • Bei Gruppen mit sehr hohem Risiko können fortgeschrittene biochemische Tests, Bildgebung und idealerweise Gentests die Früherkennung verbessern und so eine kurative Behandlung und bessere Langzeitergebnisse ermöglichen.

Erkenntnisse aus ganz Europa zeigen, dass dieser Ansatz die Früherkennungsraten erhöht, die Überlebensrate verbessert und für die Gesundheitssysteme kosteneffizient ist.

"Die risikobasierte Überwachung konzentriert die Ressourcen auf diejenigen, bei denen die Wahrscheinlichkeit einer HCC-Entwicklung am höchsten ist, verbessert die Ergebnisse und vermeidet gleichzeitig unnötige Tests für Patienten mit geringem Risiko", erklärt die Gastroenterologin Prof. Birgit Terjung.

Empfohlene Maßnahmen um Leberkrebs einzudämmen

Aufbauend auf Prävention und Früherkennung fordert die gemeinsame Erklärung der UEG und der DGVS die politischen Entscheidungsträger dazu auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um die Entwicklung von Leberkrebs in ganz Europa einzudämmen, indem sie:

  • Leberkrebs als potenziell vermeidbare und zunehmend verbreitete Priorität im Bereich der öffentlichen Gesundheit anerkennen,
  • strukturierte HCC-Überwachungsprogramme auf der Grundlage von Risikoschwellenwerten einführen und finanzieren,
  • Initiativen im Bereich der öffentlichen Gesundheit unterstützen, die auf die Verringerung von Fettleibigkeit, Alkoholmissbrauch und Hepatitis-Übertragung abzielen,
  • die Ausbildung von Ärzt*innen in den Bereichen Ernährung und Hepatologie ausbauen,
  • einen gerechten Zugang zu Screening-Instrumenten, einschließlich radiologischer Bildgebung, für Hochrisikogruppen gewährleisten,
  • fettleibigkeitsfördernde Lebensmittel besteueren und die Steuerbelastung für gesunde Lebensmittel reduzierten(Zucker-/Fettsteuer), 
  • eine EU-weite Nährwertkennzeichnung fördern, beispielsweise durch Front-of-Pack-Kennzeichnungssysteme wie den Nutri-Score.

Europa könne es sich nicht leisten, die tickende Zeitbombe Leberkrebs zu ignorieren, so das Fazit der Fachgesellschaften. Die Erkenntnisse, Instrumente und Strategien sind vorhanden – nun sei der politische Wille zum Handeln erforderlich.

Hier gehts zum Statement: https://app.box.com/s/g11vp0qkgtpn3kib3op7ryare5ondzeu

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten