
Beeren-Importe aus Risikogebieten können als Träger Viren zu uns in die Tiefkühltruhen bringen.
Viren in Lebensmitteln aufgrund von verunreinigtem Wasser und anderen äußeren Einflussfaktoren können teils lebensbedrohliche Erkrankungen auslösen.
Hepatitis A
Zunehmende Starkregenereignisse und damit einhergehende Überschwemmungen sind der ideale Nährboden für die Verbreitung von Erregern wie Hepatitis–A- und –E-Viren (HAV und HEV) sowie Noroviren. Gerade Beeren-Importe sind davon betroffen und können als Träger diese Viren zu uns in die Tiefkühltruhen bringen. Vor allem Importe aus tropischen Gebieten, Teilen des Mittelmeerraumes und Osteuropa sowie aus Ländern mit unzureichenden Hygienebedingungen weisen nicht selten eine hohe Virenlast auf.
„Etwa 30 Prozent der zu uns importierten Beeren, wie Heidelbeeren, Himbeeren, Erdbeeren, kommen aus potentiellen Risikogebieten. Somit steigt natürlich auch bei uns das Risiko, sich mit Hepatitis- oder Noroviren anzustecken“, erklärt Prof. Jürgen Wenzel vom nationalen Konsiliarlabor für HAV und HEV am Standort Regensburg.
Die Übertragung erfolgt relativ simpel: Verunreinigtes Wasser tritt bei Naturereignissen wie Überschwemmungen über die Ufer oder aus der Kanalisation und kontaminiert so die Früchte auf nahegelegenen Feldern oder das Obst wird mit kontaminiertem Wasser gewaschen. Viren werden dann durch das Schockfrosten mit haltbar gemacht.
„Durch das Frosten finden nicht nur die Früchte, sondern auch anhaftende Viren ideale Bedingung vor, um sich nach dem Auftauen den Menschen als Wirt zu suchen und Erkrankungen auszulösen“, so Dr. Mathias Schemmerer vom Konsiliarlabor in Regensburg. Eine Inaktivierung der Viren würde erst nach mehrminütigem Erhitzen auf mindestens 70 Grad Celsius erfolgen.
Beeren und Hepatitis A
- Bei Beeren handelt es vornehmlich um das Hepatitis-A-Virus, das insbesondere bei Erwachsenen zu einer akuten Leberentzündung, der klassischen „infektiösen Gelbsucht“, führen kann.
- „Liegt eine andere Grunderkrankung vor, kann eine Hepatitis-A-Infektion schwerwiegend bis hin zum Tod verlaufen. Grundsätzlich kann es daher ratsam sein, sich gegen Hepatitis-A impfen zu lassen, gerade bei vorbestehenden Erkrankungen der Leber, wenn man viel reist oder gerne Tiefkühlbeeren verzehrt“, sagt Prof. Jürgen Wenzel.
- Gerade bei Beerenlieferungen kann es vorkommen, dass lebensmittelassoziierte Krankheitsausbrüche in verschiedenen EU-Staaten auftreten, die jedoch allesamt von einer einzigen Charge betroffenen Obstes herrühren.
Hepatitis E
Etwas anders verhält es sich bei einer Infektion mit dem Hepatitis-E-Virus. Auslöser können Schweine- oder Wildschweinfleisch und Rohprodukte daraus sein.
„Dagegen kann man sich in Europa nicht impfen lassen. Die meisten Infektionen verlaufen zwar asymptomatisch, jedoch kann eine Hepatitis-E-Erkrankung bei immunsupprimierten Patienten chronisch und lebensbedrohlich werden“, so Schemmerer.
Der Experte empfiehlt: „Um das Risiko einer Hepatitis-E-Infektion durch die Nahrungsaufnahme zu minimieren, ist es unbedingt notwendig, das Fleisch vollständig durchzugaren. Patienten mit geschwächtem Immunsystem sollten z.B. keine Rohwürste essen.“
Gerade bei schwerwiegenden Infektionen unterstützt das Team um Professor Wenzel und Dr. Schemmerer bei der Diagnostik. „Jedes Virus hat seine Besonderheiten. Je mehr wir darüber wissen, desto besser ist es für die Patienten, da eine individuell abgestimmte Therapie erfolgen kann“, fasst Professor Wenzel zusammen.
Infektionsketten nachvollziehen, Infektionsgeschehen eindämmen und bei der Diagnostik unterstützen
Um eine Ausbreitung solcher Lebensmittelviren möglichst zu verhindern bzw. Infektionsketten nach einem Virusausbruch nachverfolgen zu können, wurden von der Europäischen Kommission 3 eng vernetzte Referenzlaboratorien im Konsortium zu einem offiziellen EU-Referenzlabor ernannt. Neben dem UKR für Deutschland sind dies das National Institute for Public Health and the Environment (RIVM) in Bilthoven / Niederlande und das Norwegian Institute of Public Health in (NIPH) in Trondheim / Norwegen.
„Unsere Aufgabe ist es, Untersuchungsproben, die wir z.B. von Gesundheitsämtern übermittelt bekommen, auszuwerten. Wir wollen den molekularen Fingerabdruck der Viren entschlüsseln, mögliche Ähnlichkeiten herausarbeiten und Infektionsketten besser nachvollziehen“, sagt Wenzel.
Als nationales Konsiliarlabor für Hepatitis-A- und -E-Viren leisten die Spezialisten des Instituts für Mikrobiologie und Hygiene des Universitätsklinikums Regensburg (UKR) wichtige Arbeit, indem sie der Herkunft dieser Viren auf den Grund gehen, die Verbreitung überwachen und Unterstützung bei der Diagnostik betroffener Patienten geben. Das Labor wurde zusammen mit Partnern in den Niederlanden und Norwegen zum offiziellen EU-Referenzlabor (EURL) für „food- and water-borne viruses“ ernannt.
Quelle: Universitätsklinikum Regensburg