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Resistente Stärke steckt u.a. in Vollkornprodukten wie Brot, Haferflocken oder Nudeln (vom Vortag).
Stärke ist ein generell wichtiger Energiespeicher für Pflanzen und wesentlicher Bestandteil vieler pflanzlicher Lebensmittel. Als resistente Stärke werden jene Stärkeanteile in der Nahrung bezeichnet, die unverdaut durch den Dünndarm gelangen und im Dickdarm fermentiert werden. Sie bildet also Nahrung für die Bakterien unseres Darmmikrobioms.
Inzwischen konnten zahlreiche positive gesundheitliche Auswirkungen nachgewiesen werden. Allerdings gibt es noch offene Fragen.
Wie entsteht resistente Stärke?
Werden stärkehaltige Nahrungsmittel kalt, verändert sich teilweise die Struktur der enthaltenen Stärke. Die Kohlenhydrate verformen sich und werden schwer verdaulich. Diese Veränderung dauert etwa 12 bis 24 Stunden. Die gekochten Lebensmittel sollten nach der Abkühlung im Kühlschrank gelagert werden, um ein unerwünschtes Bakterienwachstum zu verhindern.
Resistente Stärke (RS) zählt zu den Ballaststoffen. Sie wird in 5 unterschiedliche Klassen aufgeteilt. Dabei spielen die Herkunft, Struktur und die Verdauungseigenschaften eine wichtige Rolle.
- RS-1 besitzt eine geschützte Struktur und ist für Verdauungsenzyme schwer zugänglich. Man findet sie v.a. in Samen, Hülsenfrüchten und vielen Getreiden.
- RS-2 besitzt dichte Stärkekörner. Sie kommt häufig in roher Nahrung vor – eine leicht unreife Banane enthält z.B. mehr RS vom Typ 2 als eine reife Banane. Dieser Typ kann verdaut werden, wenn die Stärkekörner durch Erhitzen zum Quellen gebracht werden.
- RS-3 besitzt eine geradlinige Struktur von Stärkemolekülen, die sich beim Erkalten in die Doppelhelix-Struktur umwandeln. Sie ist hochresistent und entsteht beim Erhitzen und späteren Abkühlen stärkehaltiger Nahrung z.B. bei Brot und Kartoffeln.
- Beim RS-4 Typ wird die Stärke durch Vernetzungen chemisch verändert. Diese Form ist verarbeitet bzw. modifiziert und künstlich.
- Und bei RS-5 verbinden sich die langkettigen Teile der Amylose und des Amylopektins der Stärke mit Fetten. Dies erhöht ihre Resistenz gegenüber der Verdauung.
Die Untergruppen der resistenten Stärke scheinen laut aktuellen Erkenntnissen wichtige Unterschiede in ihrer Wirkung aufzuweisen – hinsichtlich des Blutzuckerspiegels zeigen z.B. die Typen RS-1 und RS-2 positive Wirkungen, im Gegensatz zum Typ 3.
Derzeit werden die Typen 1 und 2 stärker erforscht – sie scheinen gesundheitlich positive Effekte z.B. auf Insulinresistenz, Blutzuckerspiegel, Darmfunktion und Entzündungen zu haben. Für die Forschung sind die präbiotischen Wirkungen der resistenten Stärke und deren Gesundheitsnutzen ein wichtiger Aspekt. Denn der Ballaststoff stärkt u.a. unser Mikrobiom.
Worin steckt resistente Stärke?
Natürlicherweise findet sich in allen stärkehaltigen Lebensmittel resistente Stärke – z.B. in
- Getreide (Vollkornbrot, Vollkornhaferflocken, Nudeln),
- Reis,
- Hülsenfrüchten (Linsen, Kichererbsen),
- Nüssen und vielen Samen,
- stärkehaltigem Gemüse (Kartoffeln, Karotten) und
- wenig reifen Bananen.
Der Gehalt an resistenter Stärke ist jedoch sehr unterschiedlich und u.a. abhängig von der Herstellung und Zubereitung der Nahrung sowie, ob die Nahrung wieder aufgewärmt wird. Wiederholtes Kochen und Abkühlen führt zu einem leichten Anstieg des resistenten Stärkegehalts in Lebensmitteln.
Kartoffeln, Nudeln und Reis vom Vortag enthalten viel resistente Stärke. Hat sich resistente Stärke einmal in Lebensmitteln gebildet, kann Hitze sie kaum mehr zerstören.
Gesundheitliche Vorteile für das Darmmikrobiom
Resistente Stärke ist wichtig für ein gesundes Darmmikrobiom. Denn die gesundheitlich vorteilhaften „guten“ Bakterien im Dickdarm nutzen sie als Nahrungsquelle – darunter die Milchsäurebakterien. Deren Wachstum und Aktivität werden gefördert - mit positiven Auswirkungen auf die Darmgesundheit.
Die Fermentation resistenter Stärke fördert u.a. die Produktion von Butyrat (kurzkettige Fettsäure, Buttersäure), das ein wichtiges Stoffwechselprodukt für unseren Darm bildet. Butyrat ist der bevorzugte Brennstoff für die Zellen der Darmschleimhaut, fördert die Darmbarriere und schützt vor Entzündungen.
Resistente Stärke bietet auch über den Darm hinaus gesundheitliche Vorteile, z.B. wurde eine Senkung des Risikos für Typ-2-Diabetes beobachtet, indem sie die Insulinempfindlichkeit des Körpers erhöht. Unterschiedliche Stärkearten und -strukturen führen zu Abweichungen in der Verdauung und Resorption und beeinflussen so den Blutzuckerspiegel und den Fettstoffwechsel.
Resistente Stärke als Präbiotikum
Resistente Stärke ist aufgrund ihrer einzigartigen Eigenschaften als Präbiotikum in den Fokus gerückt. Studien zeigen eine wichtige Rolle bei der Balance des Blutzuckerspiegels, dem Fettstoffwechsel, dem Cholesterinspiegel und der Aufnahme von Mineralstoffen.
Die RS zeichnet sich zudem durch eine hohe thermische Stabilität sowie eine geringe Wasserbindungskapazität aus. Dies ist z.B. auch interessant für vielfältige Anwendungen in der Lebensmittelindustrie. Interessant ist auch die mögliche Vorbeugung von einer erneuten Gewichtszunahme nach Gewichtsverlust. So bietet eine RS-reiche Ernährungsweise möglicherweise eine vorteilhafte Zusammensetzung des Mikrobioms – ein wichtiger Faktor für die Erhaltung des Gewichts.
Resistente Stärke kommt natürlicherweise in unserer Nahrung vor und kann leicht in die tägliche Ernährung integriert werden. Auf diese Weise könnte so eine langfristige Lösung zur Behandlung von Übergewicht und den damit verbundenen Stoffwechselstörungen möglich sein. Durch die gezielte Ernährung wird also die mikrobielle Zusammensetzung des Darms strategisch angepasst. RS-basierte Diäten scheinen eine vielversprechende Maßnahme bezüglich chronischer Krankheiten zu sein – nicht zuletzt wegen der Verbindung zwischen RS und Darmmikrobiom.
Was sagt die Wissenschaft?
Übergewicht und Insulinsensitivität
Eine klein angelegte Studie an übergewichtigen Personen zeigt: Die Einnahme von hochdosierter resistenter Stärke in Kombination mit einer ausgewogenen Ernährung kann das Körpergewicht deutlich reduzieren und die Insulinsensitivität verbessern. Grund dafür war die positive Veränderung des Mikrobioms und der Metaboliten. Allerdings existieren auch Studien, die keinen positiven Effekt in punkto Gewichtsregulation nachweisen konnten. Hier ist noch weitere Forschung nötig – mit größeren Probandenzahlen und unterschiedlichen Dosierungen.
Rheumatoide Arthritis
Generell zeigt sich, dass die Metaboliten der resistenten Stärke, insbesondere die kurzkettigen Fettsäuren, einen positiven Einfluss auf entzündliche Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis haben. Eine ballaststoffreiche Ernährung fördert bei Menschen mit Arthritis u.a. die Anzahl bestimmter T-Zellen des Immunsystems, die Autoimmunreaktionen entgegenwirken.
Blutzuckerspiegel
Es existieren Hinweise, dass sich resistente Stärke positiv auf den Blutzuckerspiegel auswirkt: Der Blutzucker steigt weniger stark an und die Insulinempfindlichkeit wird verbessert. Die regelmäßige Aufnahme von resistenter Stärke könnte demnach bei Typ-2-Diabetes und Prädiabetes helfen.
Blutfettwerte
In Tierstudien wurde ein günstiger Einfluss von Butyrat (kurzkettige Fettsäure) auf die Blutfettwerte nachgewiesen. Die positive Wirkung wird u.a. auf die erhöhte Ausscheidung von Sterinen und Gallensäuren über den Stuhl zurückgeführt. Auch der Gallensäuren- und Fettstoffwechsel der Leber wird bei den untersuchten Tieren beeinflusst. Für den Menschen ist noch Forschung notwendig.
Fettleber
Bei einer Fettleber scheint eine höher dosierte Einnahme von resistenter Stärke eine positive Wirkung und Verringerung des Leberfetts zu zeigen.
Bessere Verwertung von Nährstoffen
Studien lassen erkennen, dass resistente Stärke die Aufnahme und Verwertung von Mineralien, Vitaminen und weiteren Nährstoffen fördert. Die durch die Fermentation entstehenden kurzkettigen Fettsäuren verringern den pH-Wert im Dickdarm und fördern so die Umwandlung von Mineralstoffen (z.B. Calcium, Magnesium, Eisen, Zink, Kupfer) in lösliche Ionen (Metall-Kationen). Diese können dadurch leichter absorbiert werden. Welche Mengen für diesen Effekt notwendig sind, ist jedoch noch unklar.
Da resistente Stärke ähnlich wie Ballaststoffe im Körper wirkt und Bestandteil einiger Nahrungsmittel ist, besteht in der Regel kaum ein Risiko für Nebenwirkungen. Bei einer höheren Aufnahme können jedoch Symptome wie Blähungen und Völlegefühl auftreten.
Täglich 30 g Ballaststoffe
Schließlich bleibt zu erwähnen: Unsere westliche Ernährungsweise hat einen zu geringen Anteil an Stärke und Ballaststoffen. Empfehlenswert ist die tägliche Aufnahme von Stärke und Ballaststoffen über vollwertige Getreideprodukte, Kartoffeln, Gemüse und Obst.
- Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung zählt die resistente Stärke zur empfohlenen Ballaststoffmenge von 30 g täglich.
- Und auch in punkto Wissenschaft geht noch mehr: Im Hinblick auf Wirkungsweisen, Dosierung, Prävention und Behandlung von Erkrankungen durch resistente Stärke werden noch weitere Studiendaten benötigt.
- Bojarczuk A et al. Health benefits of resistant starch: A review of the literature. Journal of Functional Foods 2022; https://doi.org/10.1016/j.jff.2022.105094
- Han J et al. Physiological effects of resistant starch and its applications in food: a review. Food Prod Process and Nutr 2023; https://doi.org/10.1186/s43014-023-00156-x
- Li H et al. Resistant starch intake facilitates weight loss in humans by reshaping the gut microbiota. Nat Metab 2024; https://www.nature.com/articles/s42255-024-00988-y
- Chen Z et al. Resistant starch and the gut microbiome: Exploring beneficial interactions and dietary impacts. Food Chemistry 2024; https://doi.org/10.1016/j.fochx.2024.101118
- Baptista N et al. Harnessing the power of resistant starch: a narrative review of its health impact and processing challenges. Frontiers in Nutrition 2024; https://doi.org/10.3389/fnut.2024.1369950
Autorin

Johanna Zielinski ist Diplom-Ökotrophologin (Ernährungswissenschaften) und absolviert derzeit eine Weiterbildung im Bereich Psychologie. Journalistische Stationen erfolgten beim WDR sowie einem privaten Radiosender. Sie ist als Ernährungsberaterin sowie als freie Autorin und Sprecherin tätig.