
Für Naturtherapien wie Waldbaden konnten u.a. bei Schlafstörungen, Stress und Fatigue positive Effekte nachgewiesen werden.
Naturräume und Naturerfahrungen wirken sich positiv auf die körperliche und seelische Gesundheit aus. Ein Problem: Gerade den Patient*innen, die besonders davon profitieren würden, fällt der Weg in den Wald schwer. Zum Beispiel weil sie unter Erschöpfung oder depressionsbedingter Antriebslosigkeit leiden.
Die Carstens-Stiftung fördert deshalb mit rund 750.000 Euro 2 innovative Projekte.
Waldbaden - vielversprechender Therapieansatz
Vier von fünf Menschen, die eine onkologische Erkrankung überlebt haben, leiden noch Jahre nach Abschluss der Therapie unter den biopsychosozialen Folgen. Zu den häufigsten Symptomen gehört die krebsbedingte Erschöpfung (cancer-related fatigue). Sie hat negative Auswirkungen auf die Schlafqualität und steht in direkten Beziehungen zu emotionalen und kognitiven Symptomen. Zu letzteren gehören auch Depressionen.
Insbesondere das Waldbaden kristallisiert sich als vielversprechend heraus. Erste positive Effekte konnten u.a. auf Schlafstörungen, Fatigue, Depressivität, Ängstlichkeit, Konzentrationsstörungen, Stressempfinden und Lebensqualität nachgewiesen werden. Dabei scheinen der Ort und die Sinneswahrnehmungen eine entscheidende Rolle zu spielen.
Menschen mit krebsbedingter Fatigue oder Depression würden also vermutlich in hohem Maße vom Waldbaden profitieren. Allerdings fällt ihnen der Weg in den Wald gerade wegen der Erschöpfung und Antriebslosigkeit auch besonders schwer, ganz zu schweigen von den räumlichen Entfernungen in einem städtisch geprägten Umfeld. Mit finanzieller Unterstützung der gemeinnützigen Karl und Veronica Carstens-Stiftung nehmen sich nun zwei innovative Projekte genau dieser Problematik an.
FOREST – Studie zum Waldbaden bei krebsbedingter Fatigue
Dr. Claudia Löffler vom Uniklinikum Würzburg, Dr. Marcela Winkler vom Robert-Bosch-Klinikum Stuttgart und Prof. Holger Cramer vom Uniklinikum führen an den Standorten Würzburg und Stuttgart eine randomisierte kontrollierte Studie zum Waldbaden bei krebsbedingter Fatigue durch.
Es sind 4 Arme geplant. Insgesamt werden 172 Patient*innen randomisiert, d.h. durch einen Zufallsmechanismus einer von 3 Interventionsgruppen oder einer Wartekontrollgruppe zugeteilt. Verglichen werden reales Waldbaden (Arm 1), mittels Virtual-Reality-Brille simuliertes Waldbaden (Arm 2), imaginiertes Waldbaden (Arm 3) und keine Intervention (Arm 4).
Die Studienteilnehmenden von Arm 1 werden sich in Laubmischwäldern aufhalten. Für die Arme 2 und 3 wird eine eigene Mischung ätherischer Öle entsprechend der Baumarten zusammengestellt, um eine bessere Vergleichbarkeit des Erlebnisses zu erreichen. Die Applikation erfolgt während der VR-Simulation bzw. Imagination über Aromazerstäuber. Die Interventionen sollen jeweils 30 Minuten dauern und einmal wöchentlich über einen Zeitraum von 8 Wochen durchgeführt werden.
Der primäre Zielparameter ist die Symptomreduktion im Hinblick auf ein Cluster aus krebsbedingter Fatigue und den assoziierten Variablen Schlaf, Depressivität und Konzentration, die mittels multivariabler Varianzanalyse untersucht werden. Es wird vier Messzeitpunkte geben: Vor der Intervention, nach der Hälfte der Intervention, nach der Intervention und zwei Monate nach Ende der Intervention. Neben validierten Fragebögen werden Blutuntersuchungen und so genannte Wearables zur Erfassung von Vitalparametern eingesetzt.
NatureDeep - naturfokussierte Achtsamkeitsübungen und Hypnose bei Depression
Im zweiten Projekt NatureDeep konzentriert sich ein Team der Charité Berlin auf die Wirkung von naturfokussierten Achtsamkeitsübungen und Hypnose bei Depressionen.
35 Patient*innen mit leichten bis mittelschweren Depressionen werden in 3 Gruppen randomisiert. Die erste Gruppe führt naturfokussierte Achtsamkeitsübungen im Berliner Stadtwald durch. Die zweite Gruppe imaginiert unter Hypnose eine vergleichbare Natur und führt die gleichen Achtsamkeitsübungen in einem Trancezustand durch.
In beiden Gruppen erhalten die Teilnehmenden weiterhin ihre bestehende Routineversorgung wie Psychotherapie und/oder antidepressive Medikamente. Für beide Interventionen sind wöchentliche Gruppensitzungen von jeweils 90 Minuten Dauer über einen Zeitraum von insgesamt 8 Wochen vorgesehen. Zusätzlich werden die Teilnehmenden angehalten, die Übungen mindestens dreimal pro Woche für jeweils 30 Minuten selbständig durchzuführen.
Die dritte Gruppe dient als Kontrolle und wird lediglich die Routineversorgung fortführen, jedoch keine naturheilkundliche Intervention erhalten.
Ergebnisse in 3 Jahren erwartet
Mit der Auswahl und Zusammenstellung der Interventionen soll eine Brücke zwischen traditionellen Verfahren, Mind-Body-basierten Interventionen und modernsten Technologien geschlagen werden. Ziel ist es, mittelfristig möglichst vielen Patient*innen ein auf ihre individuelle Situation zugeschnittenes, effektives Werkzeug für die eigene Gesundheit an die Hand geben zu können.
Die Ergebnisse beider Projekte werden in 3 Jahren erwartet.
Quelle: Uniklinikum Würzburg