Energy-DrinkWie gefährlich sind Energy-Drinks fürs Herz?

Kardiolog*innen sehen den hohen Zucker- und Koffeingehalt in Energy-Drinks als bedenklich. Dies könne in Verbindung mit Stress, Alkohol, wenig Schlaf sowie bei vorgeschädigtem Herzen gefährlich sein.

Getränkedosen
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Energy-Drinks sind beliebt bei Jugendlichen. Bei übermäßigem Konsum bergen sie aber Risiken.

Der süße Geschmack und gezieltes Marketing machen Energy-Drinks bei Jugendlichen besonders beliebt. Viele Ärzt*innen und Ernährungsexpert*innen sehen die Entwicklung mit Sorge. Als bedenklich gelten der hohe Zuckergehalt und das enthaltene Koffein. Aktuelle Studien, etwa zu den Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System der jungen Konsumenten, stützen die Bedenken

Blutdruck steigt schon nach einem Energy-Drink

Dr. Felix S. Oberhoffer vom LMU Klinikum München hat gemeinsam mit Kollegen dazu die EDUCATE-Studie [1] durchgeführt. Diese ergab:

  • Bei gesunden Jugendlichen steigt schon nach dem Konsum einer gewichtsadaptierten Menge eines Energy Drinks (= knapp 100 ml Energy Drink pro 10 kg Körpergewicht) zeitweise der Blutdruck an.
  • Der Herzrhythmus kann sich verändern.

Sein Fazit lautet: „Kindern und Jugendlichen sollte vom Konsum von Energy Drinks abgeraten werden, insbesondere dann, wenn ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko besteht, etwa eine abgeheilte Herzmuskelentzündung, ein korrigierter angeborener Herzfehler, Bluthochdruck, Diabetes oder Übergewicht vorliegen, oder beispielsweise ein ADS-Medikament genommen wird.“

Junge Konsument*innen sollten über die Gesundheitsrisiken und den verantwortungsbewussten Umgang mit Energy-Drinks besser aufgeklärt werden. Oberhoffer empfiehlt: „Nur mäßigen Konsum, nicht gleichzeitig mit Alkohol und nicht vor oder während sportlicher Betätigung.“

Ebenso könnten Stress und exzessive körperliche Aktivität die negativen gesundheitlichen Auswirkungen der Drinks verstärken, ergänzt der Kardiologe Prof. Dr. KR Julian Chun.

Zwei Dosen Energy-Drink für Teenager oft über dem Limit

Ab welcher Dosis besteht Gefahr? Eine 250-ml-Dose eines Energy Drinks enthält im Schnitt 80 mg Koffein. Dies ist etwa 3-mal so viel, wie in der gleichen Menge der meisten normalen Cola-Getränke enthalten ist. Bei Kindern und Jugendlichen sollte jedoch der Konsum von maximal 3 mg Koffein pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag nicht überschritten werden, so die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA).

Für die Praxis heißt das: Schon mit einem halben Liter eines Energy-Drinks liegt ein Teenager mit 50 kg Körpergewicht über diesem Limit. Viele Kinder und Jugendliche konsumieren im Alltag deutlich mehr davon.

Folgen können sein:

  • Herzrasen,
  • Schlaflosigkeit
  • Magen-Darm-Beschwerden,
  • erhöhter Blutdruck,
  • Veränderungen des Herzrhythmus.

„Möglicherweise verstärken weitere Inhaltsstoffe der Energy-Drinks wie Guarana oder Taurin die ungünstigen Wirkungen sogar noch“, so Chun. Diesen Schluss lassen neue Studiendaten zu.

Konsum mit vorgeschädigten Herzen: Todesfall gab Anstoß für Studien

Gefährlich kann dies vor allem bei einem vorgeschädigten Herzen sein. Oberhoffer berichtet von einem tragischen Fall vor einigen Jahren. Eine 16-jährige Schülerin kollabierte im Unterricht aufgrund einer Herzrhythmusstörung. Sie hatte keinen Puls mehr, konnte zunächst reanimiert werden, starb aber einige Tage später in der Klinik [1].

Es stellte sich heraus, dass sie unbemerkt eine Herzmuskelentzündung durchgemacht hatte. Ihr Herz war dadurch vorgeschädigt. In den 3 Tagen vor dem Zusammenbruch hatte die Schülerin auf eine Prüfung gelernt und ein Referat vorbereitet, sehr wenig geschlafen und große Mengen an Energy-Drinks konsumiert.

Das Mädchen war an Oberhoffers Abteilung am LMU Klinikum München behandelt worden. Wahrscheinlich habe die Herzmuskelentzündung den entscheidenden Anteil gehabt: „Bereits die Myokarditis allein ist mit einem erhöhten Risiko für schwerwiegende Rhythmusstörungen assoziiert.“ Doch er ist auch überzeugt: „Dieses Risiko wird potenziell durch den simultanen Konsum größerer Mengen von Energy-Drinks weiter verstärkt!“

Besonders gefährlich: Exzessiver Konsum in Verbindung mit Alkohol, Sport, Stress

Der tragische Todesfall war ein Anlass für ihn, die Auswirkungen der koffeinhaltigen Süßgetränke auf das Herz-Kreislaufsystem von Jugendlichen in eingehenderen Studien wie EDUCATE zu prüfen. Eine internationale Literaturrecherche [2], an der er ebenfalls beteiligt war, bestätigt, dass v.a. der exzessive Konsum von Energy-Drinks in Verbindung mit Triggerfaktoren (Sport, Alkohol, Stress) und Vorerkrankungen das Herz, aber auch andere Organe wie Niere und Gehirn von Jugendlichen gefährden kann.

Verkaufsverbot von Energy-Drinks an Minderjährige?

Verschiedene Ärzt*innen und Organisationen sprechen sich aufgrund der aktuellen Daten für eine Altersgrenze für den Kauf von Energy-Drinks aus. Ein Verkaufsverbot für Energy-Drinks an Minderjährige gibt es z.B. in Litauen und Lettland. Oberhoffer befürwortet dies auch bei uns. Die EDUCATE-Studie zeige, dass bereits die als „unbedenklich“ betrachtete Dosis an Koffein in dieser Altersgruppe sich ungünstig auf das Herz-Kreislauf-System auswirke.

Bei einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft [3] erhielt Oberhoffer Unterstützung vom Kinderkardiologen Prof. Nikolaus Haas. Und auch die Verbraucherzentralen in Deutschland fordern schon länger ein Verkaufsverbot an Minderjährige von Getränken, die mehr als 150 mg Koffein pro Liter enthalten.

Nach Ansicht anderer Expert*innen rechtfertigen die bisherigen Erkenntnisse jedoch einen solchen Schritt bei uns (noch) nicht [4]. Zurzeit sind in Deutschland in einem Erfrischungsgetränk 320 mg Koffein pro Liter erlaubt – dieses Limit schöpfen die Hersteller der Energy-Drinks in der Regel voll aus. Doch ab 150 mg Koffein pro Liter ist ein Warnhinweis Pflicht, dass das Getränk für Kinder sowie schwangere und stillende Frauen nicht geeignet ist.

Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt vor Gesundheitsrisiken für Herz und Kreislauf von Kindern durch den übermäßigen Konsum von Energy-Drinks [5]. Für gesunde Erwachsene bestehe allerdings nach Studienlage bei einem moderaten Konsum innerhalb der EFSA-Grenzwerte (200 mg Koffein als Einzeldosis, bis zu 400 mg/Tag) kein gesundheitliches Risiko, so das BfR.

Quelle: sb/Deutsche Herzstiftung

  1. Oberhoffer FS et al. Energydrinks und ihre Auswirkungen auf die Herz-Kreislauf-Funktion bei Kindern und Jugendlichen. Monatsschrift Kinderheilkunde 2023;  https://www.researchgate.net/publication/371938253_Energydrinks_und_ihre_Auswirkungen_auf_die_Herz-Kreislauf-Funktion_bei_Kindern_und_Jugendlichen
  2. Pengzhu L et al. Energy Drinks and Adverse Health Events in Children and Adolescents: A Literature Review. Nutrients 2023; https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC10255861/#:~:text=This%20literature%20review%20suggests%20that,conditions%20appears%20to%20be%20critical
  3. Anhörung Deutscher Bundestag. Öffentliches Fachgespräch des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft. Mediziner warnen vor Energydrinks und fordern Altersgrenze. https://bundestag.api.proxy.bund.dev/dokumente/textarchiv/2024/kw37-pa-ernaehrung-unterrichtung-buergerrat-1013556
  4. Deutscher Bundestag. Mediziner warnen vor Energydrinks und fordern Altersgrenze. Parlamentsnachrichten 2024; https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1017260
  5. BfR. Kinder und Jugendliche: Übermäßiger Konsum von Energy Drinks erhöht Gesundheitsrisiko für Herz und Kreislauf. 2019; https://www.bfr.bund.de/cm/343/kinder-und-jugendliche-uebermaessiger-konsum-von-energy-drinks-erhoeht-gesundheitsrisiko-fuer-herz-und-kreislauf.pdf