3 Übungen für Dauersitzer10 Minuten Training für Vielsitzer

Einfach aufstehen und loslegen: Physiotherapeut Arndt Fengler hat 3 Übungen zur vitalisierenden Unterbrechung des Dauersitzens, die sich auch fürs Büro eignen.

Frau sitzt am Schreibtisch und hält sich ihren schmerzenden Rücken
sebra/stock.adobe.com - Stockphoto. Posed by a Model.

Rückenschmerzen? Geschwollene Beine? Die effektivste Option dagegen ist: Bewegung!

Vielleicht kennen Sie den Slogan „From farm to table.“? Mit ihm werben Restaurants für die Qualität ihrer Produkte und möchten darauf aufmerksam machen, dass die angebotenen Speisen nur einen kurzen Weg zwischen dem Erzeuger und Ihrem Teller zurücklegen mussten.

Übersetzt könnte man es „Von Hof zu Tisch“ nennen. Gemeinhin verspricht dieser Hinweis besondere Frische und Qualität. Als Bonus erhalten wir das gute Gefühl wieder dichter an der Natur zu sein, die idealerweise der Produktionsort unserer leckeren Mahlzeit sein sollte.

Wie komme ich zu dieser Einleitung, wo es im Beitrag doch um „Vielsitzerei“, ihre Folgen für unsere Gesundheit und einen Weg aus der Bewegungslosigkeit gehen soll? Lassen Sie uns dafür einen kleinen Blick auf die Geschichte werfen.

Vom Acker zur Akte in 250 Jahren

Während um 1750 noch ca. 90% aller Berufstätigen in der Landwirtschaft bewegungsreichen Tätigkeiten nachgingen, veränderten sich die körperlichen Anforderungen innerhalb der folgenden 250 Jahre drastisch. Mit der industriellen Revolution wurden die Tätigkeiten monotoner und die Zahl der Stellen in Büro und Verwaltung nahmen deutlich zu. Diese Entwicklung bekam ab den 1980er-Jahren mit der einsetzenden Digitalisierung noch einen deutlichen Schub.

Heute arbeiten ca. 50% aller Berufstätigen der Industriegesellschaften sitzend. Dabei ist eine durchschnittliche Sitzdauer von 8 – 10 Stunden pro Tag normal. Inklusive des Medienkonsums in der Freizeit bringen es manche Menschen sogar auf über 11 Stunden täglich.

Unser Weg vom Acker zur Akte hat Bewegungsgewohnheiten und -gelegenheiten drastisch verändert. Von Qualitätsgewinn und gesteigerter Frische kann man in diesem Fall  überhaupt nicht sprechen. Im Gegenteil! Körper und Geist leiden unter der Bewegungslosigkeit auf vielfältige Weise.

Sitzen – ein Risko für Leib und Leben

Einige unangenehme Folgen des Sitzens sind sehr deutlich spürbar. Auch Sie mussten vielleicht schon einmal erleben, wie sich Ihr Kreuz nach einer langen Autofahrt anfühlte und waren froh, als Sie sich endlich wieder bewegen konnten, um die teilweise schmerzhaften Verspannungen abzuschütteln. Oder Sie mussten feststellen, dass Ihre Unterschenkel nach einem langen Tag im Büro ordentlich geschwollen waren, weil die Durchblutung der Beine sich im Sitzen verschlechterte.

Neben diesen spür- und sichtbaren Folgen gibt es teilweise noch deutlich unangenehmere, die wir oft viel zu spät erkennen. So fördert der Bewegungsmangel Herz-Kreislauf-Probleme und steigert das Risiko für Bluthochdruck. Auch Übergewicht und Zuckerkrankheit können durch den sitzenden Lebensstil gefördert werden. Und auch auf mentaler Ebene kann die Vielsitzerei Schäden anrichten. So steigt die Gefahr an einer Depression zu erkranken, während unsere Denkfähigkeit und Kreativität eher abnehmen.

Zum Glück gibt es einen einfachen Weg aus dieser Falle und den zeige ich Ihnen natürlich mit größter Freude!

Mit Bewegungsvielfalt gesund bleiben

Neben den 3 Übungen, die ich Ihnen als vitalisierende Unterbrechung des Dauersitzens empfehlen möchte, können Sie Körper und Geist mit den folgenden Maßnahmen richtig Gutes tun.

  • Nutzen Sie Mikroaktivitäten im Sitzen: Ein entspannendes Schulterkreisen, Fußbewegungen oder kleine Veränderungen der Sitzposition. Der Körper freut sich über jedes Angebot.
  • Stehtelefonate: Führen Sie Telefonate stehend durch und nutzen Sie die Gelegenheit ein paar Schritte durch den Raum zu machen.
  • Werden Sie zum Walkie-Talkie: Tauschen Sie das „Sitzungszimmer“ mit der Natur und führen Sie ein Gespräch mit Kolleg*innen beim Spazierengehen.
  • Bewegungssnacks: Gönnen Sie Körper und Geist alle 60 Minuten ein Häppchen Bewegung von 5 – 10 Minuten. Das ist hervorragend investierte Zeit, denn sie hält gesund und steigert Ihre Produktivität.
  • Von Leidensgenossen zu Trainingspartnern: Tauschen Sie sich mit anderen zu diesem Thema aus. Bestimmt lernen sie dabei weitere Strategien kennen oder Sie finden jemanden der mit Ihnen gemeinsam der Bewegungslosigkeit entfliehen möchte.

Ganz sicher werden Ihnen noch viele weitere Möglichkeiten einfallen, wenn Sie erstmal danach suchen. Ganz wichtig ist, dass jede Minute in Bewegung zählt! 

Als Inspiration für einen bewegungsreicheren Alltag möchte ich Ihnen gerne die folgenden 3 Übungen ans Herz legen und wünsche Ihnen viel Spaß und Erfolg.

3 Übungen zur vitalisierenden Unterbrechung des Dauersitzens

Darum geht es:

  • Bringen Sie sich mit dieser Übung erstmal wieder in Schwung!
  • Sie aktivieren Arme und Beine, Ihre Hüften werden mobilisiert.
  • Ein tolles Aufwärmprogramm für die folgenden Übungen.

Ausgangsstellung:  Sie üben stehend und benötigen um sich etwas Platz.

Ausführung:

  • Heben Sie im Wechsel die Beine vor den Körper.
  • Starten Sie mit 20 - 30 kleinen Bewegungen.
  • Steigern Sie sich in den folgenden Wiederholungen und ziehen Sie die Knie bis auf Hüfthöhe.
  • Bleiben Sie achtsam für Ihre persönlichen Bewegungsgrenzen und respektieren Sie diese.
  • Wenn Sie das rechte Knie heben, berühren Sie es mit der linken Hand und umgekehrt. 

Häufigkeit: Üben Sie 3 Sätze mit jeweils 20 bis 30 Wiederholungen.

Variante: Der „Kraftkick“ – Drücken Sie das gehobene Knie aktiv in die gegenüberliegende Hand und halten Sie die Position, bei sanft eingezogenem Nabel, für 3 Sekunden. Ihre schrägen Bauchmuskeln werden es lieben.

Darum geht es:

  • Sie strecken den gesamten Körper und trainieren Ihr Gleichgewicht.
  • Schulter- und Rückenmuskeln werden gestärkt. 

Ausgangsstellung:  Begeben Sie sich in den hüftweiten Stand und strecken Sie Ihre Arme nach oben. Ihr Nabel ist sanft eingezogen.

Ausführung:

  • Neigen Sie den Körper leicht nach vorne, während Sie Ihr rechtes Bein nach hinten ausstrecken.
  • Aktivieren Sie dabei bewusst Ihre Gesäßmuskulatur.
  • Versuchen Sie Ihr Gleichgewicht für mindestens 3 Sekunden zu halten und strecken Sie den ganzen Körper bewusst durch.
  • Gehen Sie dann zurück in den Stand und strecken Sie bei der nächsten Wiederholung das linke Bein nach hinten aus.

Häufigkeit: 3 Sätze mit jeweils 12 Wiederholungen.

Darum geht es:

  • Sie kräftigen Ihre Hamstrings, Rücken- und Gesäßmuskeln.
  • Zusätzlich wird die gesamte hintere Faszienkette der Beine und des unteren Rückens geschmeidiger.

Ausgangsstellung:  Begeben Sie sich in den hüftweiten Stand und kreuzen Sie die Arme vor dem Brustkorb.

Ausführung:

  • Neigen Sie den gestreckten Oberkörper nach unten.
  • Die Knie bleiben in einer Minibeuge.
  • Achten Sie darauf, im gesamten Rücken gerade zu bleiben und lassen Sie den Nacken lang werden, indem Sie Ihr Kinn einziehen.
  • Gehen Sie in die Vorneige, bis Sie in den hinteren Oberschenkeln ein sanftes Dehnen spüren oder bis in der Hüfte ein rechter Winkel entstanden ist.
  • Halten Sie die Position für 2-3 Sekunden und richten Sie sich dann mit geradem Rücken wieder auf.

Häufigkeit: Trainieren Sie 3 Sätze mit 12 bis 15 Wiederholungen.

Arndt Fengler ist begeisterter Physiotherapeut, Lehrer für kinesiologisches Taping und Faszien-Therapie sowie Buchautor. Er lebt und arbeitet in der Schweiz.

www.arndtfengler.ch