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Die richtigen Nahrungsmittel können Blutzuckerspitzen vermeiden helfen.
Durch eine ausgewogene und gesundheitsförderliche Ernährung haben wir die Möglichkeit, zu einem gesunden Blutzuckerspiegel beizutragen. Auch der generelle Lebensstil spielt eine wichtige Rolle.
Unsere westliche Ernährungsweise, dabei vor allem der Konsum von zuckerhaltigen Getränken und hochverarbeiteten Lebensmitteln, wird mit der Entstehung von Übergewicht und Diabetes in Verbindung gebracht. Langfristig kann ein hoher Blutzuckerspiegel unseren Körper negativ beeinflussen. Darum ist es wichtig, den Blutzucker weitgehend unter Kontrolle zu halten, um körperliche Schäden zu vermeiden oder zu verzögern - z.B. solche der Augen, Nieren oder des Herzens.
Wahl der Kohlenhydrate
In unserem Körper werden Kohlenhydrate (Zucker, Stärke) während der Verdauung in Einfachzucker gespalten und im Blut aufgenommen. Dieser Vorgang beginnt bereits im Mund. Im Dünndarm gelangen die Einfachzucker ins Blut. Das beeinflusst unseren Blutzuckerspiegel, also die Menge an Glukose im Blut.
Zucker bezeichnet man auch als einfache Kohlenhydrate, Stärke hingegen als komplexe Kohlenhydrate. Wichtig ist es zu wissen, welche Lebensmittel Kohlenhydrate enthalten, gesunde Kohlehydrate zu wählen, auf Portionsgrößen zu achten und Lebensmitteletiketten bewusst zu lesen. Denn so entdeckt man auch versteckte Zuckergehalte in verarbeiteten Lebensmitteln.
- Generell sollte die Aufnahme von raffinierten Kohlenhydraten, einschließlich freiem und zugesetztem Zucker, reduziert werden.
- Empfehlenswerte Kohlenhydratquellen sind z.B. Gemüse, Obst, Vollkornprodukte wie Naturreis, Hülsenfrüchte wie Bohnen und Linsen, Nüsse, Samen, oder ungesüßte Milchprodukte wie Joghurt.
Ballaststoffe & Co.
Die genannten empfehlenswerten Kohlenhydratquellen sind meist auch gute Ballaststoffquellen. Der Verzehr von Ballaststoffen wirkt sich förderlich auf den Blutzucker aus, da sie die Resorption von Glukose im Dünndarm verlangsamen. Das Sättigungsgefühl hält dadurch länger an.
Ballaststoffe sind eine wichtige Stellschraube für Diabetiker, da sie den Blutzuckeranstieg nach einer Mahlzeit abfangen können. Hier spielen v.a. die löslichen Ballaststoffe, wie Beta-Glukane eine Rolle, um Blutzuckerspitzen zu verringern und der Insulinresistenz entgegenzusteuern. Studien zeigen, dass auch die unlöslichen Ballaststoffe die Glukosetoleranz verbessern können und damit zur Prävention von Diabetes geeignet sind.
- Für Erwachsene werden mindestens 30 Gramm Ballaststoffe (Richtwert der Deutschen Gesellschaft für Ernährung) täglich, besser 40 Gramm, empfohlen.
- Eine pflanzenbasierte Ernährung bietet eine gute Grundlage. Blattgemüse wie Salat, Grünkohl und Spinat und nicht stärkehaltiges Gemüse (z.B. Paprika, Tomaten und Zwiebeln) sind ballaststoff- und nährstoffreich und zugleich kalorienarm.
- Bei Obst ist es ratsam, ganze Früchte zu verzehren. Alle Früchte enthalten natürlichen Zucker, Beeren (Erdbeeren, Himbeeren, Heidelbeeren) jedoch relativ wenig. Sie enthalten außerdem reichlich Ballaststoffe. Studien deuten darauf hin, dass Beeren auch Tannine enthalten, die die Zuckeraufnahme in den Blutkreislauf verlangsamen können.
Fett ist nicht gleich Fett
Übergewicht birgt das Risiko an Diabetes Typ 2 zu erkranken. Studien zeigen, dass fettreiche Ernährung (v.a. gesättigte Fette) ein Auslöser für Diabetes sein kann. Denn neben dem Aufbau von überschüssigem Fettgewebe, kann dieses den Blutzuckerspiegel nicht mehr ausreichend regulieren.
Die Ursache hierfür ist die unzureichende Bildung des Enzyms Hexokinase 2 durch fettreiche Ernährung, das normalerweise den Zucker im Gewebe abbaut. Es entwickelt sich eine Insulinresistenz, der Abtransport und Abbau des Zuckers im Fettgewebe ist verringert. Zudem gerät der Zuckerstoffwechsel in der Leber aus der Balance - sie spielt eine wichtige Rolle, da sie Glukose aus Glykogen freisetzt und auch neue Glukose herstellt, wenn der Blutzuckerspiegel sinkt. Durch die Imbalance wird mehr Zucker produziert. Die Veränderungen im Stoffwechsel des Fettgewebes und der Leber führen langfristig zu einem dauerhaft erhöhten Blutzuckerspiegel.
Doch Fett ist nicht gleich Fett. Gesunde Fette können helfen, den Stoffwechsel zu unterstützen und Insulinresistenz zu vermeiden. Das wirkt sich indirekt positiv auf den Blutzuckerspiegel aus. Werden gesunde Fette verzehrt, fördert dies das Sättigungsgefühl, sie verlangsamen die Verdauung und auch die Zuckeraufnahme ins Blut. Dadurch wird der Blutzuckerspiegel weniger belastet.
- Mehrere Studien weisen darauf hin, dass die Aufnahme von ungesättigten Fettsäuren das Diabetesrisiko senken kann.
- Gesättigte Fettsäuren (v.a.in tierischen Fetten) können das Diabetesrisiko steigern.
- Zu den gesunden fettreichen Lebensmitteln gehören u.a. ungesalzene oder salzarme Nüsse, Leinsamen oder Samen von z.B. Kürbis, Sonnenblumen oder Sesam.
Klug kombinieren
Die Kombination von Lebensmitteln oder der Ernährungstrend "Nutrient Sequencing" sind weitere Möglichkeiten, den Blutzucker unter Kontrolle zu halten.
Nutrient Sequencing
Bei Nutrient Sequencing konzentriert man sich auf die Reihenfolge der Nahrungsaufnahme: So kann das Verspeisen von Kohlenhydraten nach pflanzlichen und/oder proteinreichen Lebensmitteln kurzfristig Vorteile bringen. Das bedeutet: z.B. zuerst das Gemüse, danach Proteine und Fette und zuletzt Kohlenhydrate. Studienergebnisse deuten darauf hin, dass der Verzehr von Kohlenhydraten am Ende einer Mahlzeit mit geringeren Glukose- und Insulinschwankungen einhergeht.
Studien zum Nutrient Sequencing sind noch rar, die Ergebnisse scheinen jedoch konsistent. Vermutlich verzögert der Verzehr von Fetten, Ballaststoffen und Proteinen die Magenentleerung und entschleunigt dadurch die Aufnahme von Zucker aus den Kohlenhydraten in den Blutkreislauf. Das wirkt sich auch positiv auf die Sättigung aus. Die Forschungsergebnisse zeigen zwar Vorteile, insbesondere für Menschen mit Diabetes oder Prädiabetes, diese Ernährungsstrategie ist jedoch keine universelle Lösung und sollte auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt sein.
Mediterrane Ernährung oder Keto-Diät?
Wissenschaftler haben 2 beliebte Diäten hinsichtlich ihrer Wirkung auf Blutzuckerspiegel, Gewichtsverlust und kardiometabolische Risiken verglichen. Sie kommen zu diesen Ergebnissen:
- Die Keto-Diät zeichnet sich als extrem kohlenhydratarm und fettreich aus.
- Bei der mediterranen Ernährung liegt der Fokus vorwiegend auf Vollkornprodukten, Fisch, Olivenöl und Gemüse.
- Beide Diäten eignen sich laut Studie bezüglich der Kontrolle des Blutzuckerspiegels und der Gewichtsabnahme.
- Ein Manko der Keto-Diät ist jedoch der geringere Anteil an Nährstoffen, insbesondere an Ballaststoffen. Außerdem war die Diät für die Studienteilnehmer langfristig schwieriger einzuhalten.
- Im Gegenzug empfanden die Teilnehmer das Konzept der mediterranen Ernährung leichter durchzuführen, mit ähnlichem Effekt.
Der Wasser- Effekt
Kleine Maßnahmen können dabei helfen, zu viel Zucker zu reduzieren. Zum Beispiel ist es ratsam statt zuckerhaltiger Getränke, kalorienarme oder -freie Getränke wie Wasser und ungesüßten Tee zu genießen.
Studien zeigen: Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (v.a. Wasser) stabilisiert den Blutzuckerspiegel und verbessert die Insulinempfindlichkeit.
Laut einer aktuellen Studie hilft hier auch das strategische Trinken. So sollte nicht erst Wasser getrunken werden, wenn der Durst kommt, sondern bereits etwa 250 ml morgens und 500 ml vor dem Mittag- und Abendessen. Insbesondere bei Diabetikern zeigten sich so innerhalb von 8 Wochen den Blutzucker senkende Effekte.
Das Trinken vor den Mahlzeiten erzeugt ein Sättigungsgefühl, was die Wahrscheinlichkeit von einem Zuviel an Nahrung verringert.
Generell steht die ausreichende Aufnahme von (stillem) Wasser im Zusammenhang mit einer Vielzahl von positiven gesundheitlichen Effekten, die auch aktuell im Interesse der Forschung stehen. Aus dem täglichen Genuss von stillem Wasser lässt sich auch ein schönes Ritual etablieren, z.B. ein Glas nach dem Aufstehen, eines vor den Mahlzeiten, eines am Vor- und Nachmittag für die Konzentration.
Eine Frage des Lebensstils
Generell ist es hilfreich, den Lebensstil anzupassen.
Ausreichend Bewegung
Ausreichend Bewegung wirkt sich positiv auf den Blutzuckerspiegel aus – und das auf mehreren Wegen. Längere, regelmäßige und mäßig intensive Aktivitäten wie Laufen, Radfahren und Schwimmen können den Blutzuckerspiegel senken. Hier nutzt der Körper Glukose aus dem Blut zur Energiegewinnung. Generell haben aerobes Training und Widerstandstraining positive Auswirkungen auf die Blutzuckerkontrolle.
Eine Kombination von aerobem und Widerstandstraining scheint bei Menschen mit Diabetes Typ 2 am wirksamsten hinsichtlich des Blutzuckerspiegels zu sein. Die Auswirkungen von Bewegung auf den Blutzuckerspiegel hängen jedoch von mehreren Faktoren ab, z.B. dem Fitnessniveau oder der Insulinempfindlichkeit.
Guter Schlaf
Auch Schlaf ist ein wichtiger Faktor. Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen Schlafdauer und -qualität und dem Blutzuckerspiegel. Unzureichender Schlaf (kurz, Schlafstörungen…) kann den Blutzuckerspiegel erhöhen und damit auch das Risiko für Typ-2-Diabetes. Wichtig ist also auch die Länge und Qualität (Tiefschlaf) unseres Schlafs hinsichtlich des Blutzuckers und der Insulinsensitivität.
Stressmanagement
Und last but not least gehört auch Stress zu den Einflussfaktoren. Studien weisen auf einen starken Zusammenhang zwischen Stress und erhöhtem Blutzuckerspiegel hin. Denn Stress löst die Ausschüttung der Hormone Cortisol und Adrenalin aus. Diese beeinträchtigen die Insulinfunktion und können zu Insulinresistenz sowie einem erhöhten Blutzuckerspiegel führen.
Fazit
Viele Lebensmittel, die wir im Alltag einkaufen, sind verarbeitet und enthalten viel Zucker.
- Bei der blutzuckerfreundlichen Ernährung liegt der Schlüssel u.a. in der Ausgewogenheit und in der Kombination von Kohlenhydraten mit Proteinen, Ballaststoffen und gesunden Fetten.
- Auch der Flüssigkeitshaushalt ist eine wichtige Stellschraube.
- Studien deutet zudem darauf hin, dass eine zuckerarme Ernährung in den ersten Lebensjahren (auch während der Schwangerschaft) das Risiko für Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht im Erwachsenenalter senken kann. Die mediterrane Ernährung bietet hierzu nach aktuellem Wissensstand eine gute Basis.
Es lohnt sich also von Anfang an, einen bewussten und ausgewogenen Ernährungs- sowie Lebensstil zu fördern.
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Autorin

Johanna Zielinski ist Diplom-Ökotrophologin (Ernährungswissenschaften) und absolviert derzeit eine Weiterbildung im Bereich Psychologie. Journalistische Stationen erfolgten beim WDR sowie einem privaten Radiosender. Sie ist als Ernährungsberaterin sowie als freie Autorin und Sprecherin tätig.