
Diät oder Ernährungsumstellung? Letzteres braucht mehr Geduld - bringt aber nachhaltigere Effekte.
Alljährlich im Frühjahr beginnt der mediale Diäten-Boom. Der in den Wintermonaten angesammelte „Speck“ soll einem optisch ansprechenden Körper für die freizügigere Saison weichen.
Zahlreiche Methoden und Modelle zur Gewichtsreduktion werden empfohlen – mitunter auch einseitige und gefährliche Diäten. Den Überblick zu behalten, gestaltet sich schwierig. Zudem herrscht häufig Uneinigkeit darüber, welche Nahrungsmittel gegessen werden sollen, wie viel davon und zu welchem Zeitpunkt. Fraglich ist auch, wo der Fokus gelegt werden soll: Sind es die Nährstoffe, die Kalorienzahl oder die Essgewohnheiten?
Erkenntnisse werden widerlegt oder erneut in Frage gestellt. Dies erschwert es zudem zu ergründen, was eine ideale Ernährung ausmacht. Diäten zur Gewichtsabnahme haben eine lange und immer wiederkehrende Geschichte. Doch gibt es wirklich eine ideale Diät?
Diät oder Ernährungsumstellung?
Um ein paar Kilos zu viel in den Griff zu bekommen, mögen manche Diäten kurzfristig akzeptabel sein. Doch bei stark übergewichtigen Menschen, oder von Adipositas sowie Begleiterkrankungen Betroffenen, ist eine zeitlich begrenzte Diät nicht anzuraten. Es stellt sich anfangs zwar häufig ein schneller Abnehmerfolg ein. Meist verflüchtigt sich dieser jedoch beim Beenden der Diät und bei der Rückkehr zu früheren Essgewohnheiten.
Bekommt man jedoch das Gefühl, dass die Ernährung über einen gewissen Zeitraum gesünder geworden ist, kann dies zu einer Verbesserung des Essverhaltens führen. Zum Beispiel wenn der Konsum von zuckerhaltigen Süßigkeiten und Convenience Food verringert oder gänzlich gestrichen wird. Langfristigkeit zahlt sich aus.
Bei der aktuell häufig empfohlenen mediterranen Diät ist der Begriff Diät irreführend. Es handelt sich eigentlich um eine langfristige, gesundheitlich vorteilhafte Ernährungsumstellung. Der Fokus liegt nicht primär auf dem Gewichtsverlust. Im Vergleich zur typischen westlichen Ernährung ist die mediterrane Ernährung reich an Obst und Gemüse, Vollkornprodukten und fettem Fisch ist und wird mit einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs assoziiert.
Es stellt sich auch die Frage, ob eine ideale Diät jemals ergründet werden kann. Denn hierfür gibt es viele Faktoren zu berücksichtigen. Angefangen von der Lebensmittelherstellung, ihrer Verarbeitung bis hin zur Kombination unterschiedlicher Lebensmittel. Zudem sind wir individuell verschieden - was für den einen Körper gut funktioniert, ist für den anderen weniger ideal.
Abnehmen ist etwas Individuelles
Der Erfolg einer diätbedingten Gewichtsabnahme wird also von vielen Variablen beeinflusst, angefangen vom individuellen Genotyp bis hin zum persönlichen Lebensstil. Und die ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse können im Hinblick auf die persönliche Ernährung dazu beitragen, den Ausbruch von Krankheiten zu verzögern und möglicherweise die Lebenszeit zu verlängern.
Wenn es z.B. um Gewichtsreduktion bei Adipositas geht, sind Diäten häufig kontraproduktiv. Adipositas ist eine chronische Erkrankung, die eine langfristige Ernährungsumstellung benötigt. Eine kurzfristige Energiebegrenzung durch eine Diät kann zwar ein erster Schritt sein. Diesem muss aber der weitaus aufwendigere Schritt einer dauerhaften Ernährungsumstellung folgen.
Studien zu genetischen Variationen im Zusammenhang mit Gewichtsverlust haben gezeigt: Die ausgewählte Ernährungsweise kann den Verlust erheblich beeinflussen. Das verdeutlicht, dass es keine ideale Diät gibt und auch mehr als ein Ernährungsstil zur Behandlung von Adipositas eingesetzt werden kann.
Hinzu kommt: Essen ist eine sehr persönliche Erfahrung und beinhaltet mehr als nur die Versorgung des Körpers mit Energie oder der Zufuhr von Nährstoffen. So sind z.B. auch soziale und religiöse Faktoren sowie Emotionen mit unserem Ernährungsstil verknüpft.
Präzisionsernährung als vielversprechende Strategie
Inzwischen gibt es den Begriff der Präzisionsernährung. Man geht davon aus, dass jeder Mensch unterschiedlich auf eine bestimmte Diät oder einen bestimmten Nährstoff reagiert. Laut wissenschaftlichen Erkenntnissen scheint dies eine vielversprechende Strategie für eine sichere und effektive Gewichtsabnahme und -erhaltung sein.
Das Konzept der Präzisionsernährung findet z.B. Anwendung bei der Ernährungstherapie von Krebs und beim Typ-2-Diabetes. Das noch junge Forschungsgebiet ist also darauf ausgerichtet, die Komplexität der Ernährung im Zusammenhang mit Genetik, Mikrobiom, zirkadianem Rhythmus und dem Lebensstil zu erfassen. So sollen individuelle Unterschiede aufgedeckt und spezielle personalisierte Ernährungsempfehlungen möglich werden.
Gesundheitsförderliche Ernährungsmuster
Es gibt verschiedene Ernährungsmuster, die chronischen Krankheiten vorbeugen und die Lebenserwartung erhöhen können. Diese basieren auf ähnlichen Prinzipien. Dazu gehören:
- Verzicht auf hochverarbeitete Lebensmittel, zuckerhaltige Getränke (Softdrinks),
- Verzehr gesundheitsförderlicher und hochwertiger Kohlenhydrate, Proteine und Fette.
Grundsätzlich sollte man sich vollwertig, pflanzenbasiert, fettarm und ballaststoffreich ernähren - Obst und Gemüse, Vollkornprodukte, Nüsse, Hülsenfrüchte und Samen zählen zu einer guten Basis.
Eine gesundheitsförderliche Ernährung ist mit einer höheren Lebenserwartung, einem geringeren Risiko für chronische Erkrankungen und einer Verbesserung der Genexpression verbunden. Dabei variiert die genaue Zusammensetzung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung individuell - z.B. abhängig von Alter, Geschlecht, Lebensstil, körperlicher Aktivität, kulturellem Hintergrund, verfügbaren Lebensmitteln und Ernährungsgewohnheiten.
Grundprinzipien einer gesundheitsförderlichen Ernährung
Die Grundprinzipien einer gesunden Ernährung bleiben gleich. Bereits in jungen Jahren sind gesundheitsförderliche Ernährungs- und Lebensstilgewohnheiten wichtig, um u.a. Übergewicht vorzubeugen. Laut WHO zählen ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel zu den größten Gesundheitsrisiken weltweit.
Die Energieaufnahme sollte in Balance mit dem Energieverbrauch stehen. Um eine ungesunde Gewichtszunahme zu vermeiden, empfiehlt die WHO:
- Der Gesamtfettanteil sollte 30 % der Gesamtenergieaufnahme nicht überschreiten.
- Die Aufnahme gesättigter Fette sollte weniger als 10 % sowie die Aufnahme von Transfetten weniger als 1 % der Gesamtenergieaufnahme betragen.
- Anstatt gesättigter Fette und Transfette, sollten ungesättigte Fette aufgenommen werden.
- Der Verzehr von freiem Zucker sollte auf weniger als 10 % besser auf weniger als 5% der Gesamtenergiezufuhr reduziert werden.
- Die Salzzufuhr sollte weniger als 5 g pro Tag betragen. Häufig stammt der Großteil des Salzes aus verarbeiteten Lebensmitteln (z. B. Fertiggerichten, Wurstwaren) oder aus Lebensmitteln, die in großen Mengen verzehrt werden (z. B. Brot).
- Es werden mindestens 400 g oder 5 Portionen Obst und Gemüse pro Tag empfohlen u.a. wegen einer ausreichenden Ballaststoffzufuhr.
Fazit
Die Frage nach einer idealen Ernährungsweise ist sehr individuell. Statt einer kurzfristigen Diät zur Gewichtsreduktion, empfiehlt sich eine langfristige Änderung der Ernährungsgewohnheiten und des Trinkverhaltens – und damit auch des Lebensstils u.a. mit mehr Bewegung. Dies verlangt Geduld – was sich aber auszahlt.
Wird das Gewicht langsam reduziert und werden gesundheitsförderliche Gewohnheiten etabliert, kann dies meist auch beibehalten werden, ohne wieder in ungesunde Ernährungsmuster zurückzufallen. Generell ist es nie zu spät, mit der Entwicklung gesünderer Gewohnheiten zu beginnen und so der „Diäten-Falle“ zu entkommen.
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Autorin

Johanna Zielinski ist Diplom-Ökotrophologin (Ernährungswissenschaften) und absolviert derzeit eine Weiterbildung im Bereich Psychologie. Journalistische Stationen erfolgten beim WDR sowie einem privaten Radiosender. Sie ist als Ernährungsberaterin sowie als freie Autorin und Sprecherin tätig.