Psoas richtig dehnenIliopsoas: So dehnen Sie Ihren Hüftbeuger!

Der Iliopsoas, kurz Psoas, ist bei Vielsitzern oft verkürzt, was zu Schmerzen in Rücken, Hüfte und Beinen führen kann. Wir erklären Ihnen, was Ihr Psoas alles leisten muss und zeigen Ihnen 2 schnelle Dehnungsübungen fürs Büro.

Junge Frau dehnt ihren Hüftbeuger vor pinkem Hintergrund.
ViDi Studio/Stock.adobe.com - Posed by a model.

Ihren Hüftbeuger regelmäßig zu dehnen kann sogar Ihre Rückenschmerzen lindern.

Was ist der Psoas überhaupt?

Der Iliopsoas, der Lenden-Darmbein-Muskel, ist unser größter Hüftbeugemuskel und liegt tief verborgen im Bauchraum. Er verläuft von dem vorderen seitlichen Teil unserer Lendenwirbelsäule über die Leiste zu unserer Oberschenkelinnenseite. Er verbindet die Becken- und Lendenregion und fungiert als wichtiger Dreh- und Angelpunkt. Zu seinen Aufgaben gehört es nicht nur, seinem Namen gerecht zu werden und die Hüfte zu beugen, sondern auch die Neigung des Rumpfes zur Seite einzuleiten und den Oberschenkel nach außen zu drehen. Diese Funktionen benötigen wir bei alltäglichen Bewegungen, um uns Socken anzuziehen oder die Schuhe zu binden.

Ist unser Psoas zu schwach oder zu verspannt, kann er seine Aufgaben nicht mehr erfüllen. Am ehesten spüren Sie das, wenn Sie lange gesessen haben und spontan aufstehen möchten. Wenn Sie Ihren Psoas durch Bewegungsmangel vernachlässigen und er durch langes Sitzen verspannt und verkürzt ist, meldet er sich nicht direkt. Stattdessen wird der Muskel seine Verstimmung durch  Netzwerkpartner mitteilen.

Ein Leistenschmerz im Sitzen, ein Knacken im unteren Rücken mit anschließender schmerzhafter Bewegungsstarre, eine »Kreuzlahmheit« oder das Durchbrechgefühl in der Lendenwirbelsäule könnten die Nachrichten sein, mit denen der Psoas übermittelt, dass es ihm nicht gut geht und er sich nach Ausgleich sehnt.

2 Psoas-Dehnungsübungen fürs Büro

Psoas-Dehnung am Schreibtisch

Ziel: Das lange Sitzen am Schreibtisch  macht unsere Muskeln und das Fasziensystem steif und unbeweglich. Unser Psoas ist über viele Stunde in einer verkürzten Position im Dauereinsatz und braucht zwischendurch die Gelegenheit, sich wieder dehnen zu dürfen. Insbesondere bei Rückenschmerzen sollten Sie diese Übung täglich in Ihren Arbeitsalltag einbauen.

Hilfsmittel: Stuhl, alternativ die Kante der Schreibtischplatte

Ausführung

  • Grundsätzlich sollte Ihr Bürostuhl so eingestellt sein, dass Ihr Becken etwas höher sitzt als Ihre Kniegelenke. Aus dieser Position erfolgt dann auch die Dehnung.
  • Um Ihren rechten Psoas zu dehnen, rutschen Sie weit an die rechte Kante Ihres Schreibtischstuhls. Sie sollten jetzt nur noch mit Ihrem linken Oberschenkel und Gesäß auf der Sitzfläche aufliegen. Das rechte Bein steht im Hüftgelenk gestreckt und im Kniegelenk angewinkelt daneben. (1)
  • Achten Sie darauf, dass Ihre Beckenschaufeln während der gesamten Übung auf gleicher Höhe bleiben und Sie nicht mit der rechten Beckenseite nach hinten aufdrehen. Auch sollte Ihr Schambein leicht nach vorne-oben Richtung Nase gekippt bleiben und Ihr Gesäß nicht in eine »Entenpo«-Position wegrollen.
  • Möglicherweise spüren Sie an dieser Stelle schon einen leichten Zug oder ein Dehnungsgefühl in Ihrer Leiste oder dem Bauchraum. Dann können Sie wieder durch tiefe Atemzüge in den  Bauchraum ein Lösen der Gewebsspannung unterstützen.
  • Eine Dehnung im Oberschenkel mit Verlauf über das Kniegelenk deutet auf vermehrte Faszienspannung der Oberschenkelmuskulatur hin, auch diese darf natürlich gerne mitgedehnt werden.
  • Eine Verstärkung der »unteren« Psoas-Dehnung erreichen Sie, indem Sie den rechten Fuß nach außen drehen und somit durch eine Innenrotation im Hüftgelenk den Psoas auf Länge dehnen.
  • Eine zusätzliche Seitneigung nach links mit dem rechten angehobenen, gestreckten Arm dehnt den »oberen« Psoas im Bauchraum. (2) Auch hier sind tiefe Atemzüge wirkungsvoll, durch die Sie die Verbindungen zwischen Zwerchfell und Psoas mobilisieren. Nach 10 bis 12 Atemzügen sollte das Dehnungsgefühl nachlassen und Sie können die Seite wechseln.
  • Versuchen Sie diese Dehnung wenigstens 2-mal täglich in Ihren Arbeitsalltag einzupflegen, Ihr Rücken wird es Ihnen danken!

Piriformis-Dehnung am Arbeitsplatz

Ziel: Durch langes Sitzen am Arbeitsplatz verspannen sich häufig die Gesäßmuskeln, allen voran Ihr Pirifomis. Mit einer gezielten Dehnung bringen Sie diesen wieder auf Länge und mobilisieren  zusätzlich Ihre Hüften in Außenrotation, die für viele Alltagssituationen, wie z. B. Socken und Schuhe anziehen, wichtig ist.

Hilfsmittel: Ihr Schreibtisch

  • Der Schreibtisch sollte etwa hüfthoch eingestellt sein.
  • Stellen Sie sich vor den Schreibtisch. Nun legen Sie Ihr linkes Bein in Hüfte und Knie angewinkelt auf die Schreibtischplatte. (1)
  • Je nachdem, wie stark Sie das Bein anwinkeln, sollten Sie eine Dehnung seitlich oder im hinteren Teil Ihres Gesäßes spüren. Stellen Sie diese bitte so ein, dass Sie es gut aushalten und Ihr  persönliches »Wohlwehgefühl« nicht überschreiten.
  • Atmen Sie bitte gleichmäßig ein und aus und spüren Sie nach, wann das Dehnungsgefühl nachlässt. Nach etwa 10 bis 12 Atemzügen sollte die Spannung nachgeben.
  • Wenn Sie spüren, dass sich Ihre Gewebsspannung aufgelöst hat, können Sie die Dehnung erneut verstärken, indem Sie Ihren Oberkörper nach vorne neigen. Durch die Hüftbeugung  verkleinern Sie den Winkel in der Leiste, was wiederum zu einer vermehrten Dehnung des Piriformis führt (2).
  • Auch hier warten Sie wieder ab, bis sich das Gewebe löst. Sanfte Bewegungen im Atemrhythmus mobilisieren Ihr Gewebe zusätzlich.
  • Wenn Sie das Gefühl haben, dass die Dehnung ausreichend stattgefunden hat, wechseln Sie die Seite. 

Richtig üben

  • Grundsätzlich sollten Sie anfangs etwa 10 bis 15 Minuten Zeit einplanen, um eine Übung zu erlernen und richtig umzusetzen. Bitte nehmen Sie sich diese Zeit, um Ihr Körpergefühl während der Übung wahrzunehmen, Ihre persönlichen Grenzen auszuloten und nicht zu überschreiten. Nur so kann ein effektives Training stattfinden, das im geübten Zustand 3 bis 5 Minuten Zeit pro  Übung in Anspruch nimmt.

  • Entscheiden Sie sich als Einsteiger am Anfang für nur eine kräftigende und eine mobilisierende Übung.

  • Auch wenn es anfangs etwas mühsam erscheint, werden Sie nach 1 bis 2 Wochen schon erste kleine Trainingserfolge wahrnehmen können! Sie werden feststellen, dass es Ihnen besser gelingt, den Muskel zu aktivieren, und die Ausführung leichterfällt. Auch wird sich Ihre Beweglichkeit durch die Mobilisationsübungen positiv verändern, das Spannungsgefühl lässt nach und das Bewegungsausmaß vergrößert sich. Prima, Sie sind auf einem guten Weg!

  • Bitte lassen Sie sich auch Zeit mit dem Wechsel zu einem höheren Trainingslevel. Ihr Körper braucht die Zeit, sich auf neue Trainingsreize und neue Bewegungsmöglichkeiten einzustellen.  Führen Sie sich immer wieder ins Bewusstsein, dass Sie sich möglicherweise viele Jahre in unnatürlichen Haltungen und Bewegungsmustern aufgehalten haben.

  • Es ist auch möglich, bei den Einsteigerübungen zu bleiben und diese dauerhaft fortzusetzen. Wenn es Ihnen damit gut geht und Sie spüren, dass Ihre anfänglichen Beschwerden wie z. B.  Rücken- oder Beinschmerzen ausbleiben, machen Sie alles richtig.

  • Einen Wechsel zum Fortgeschrittenen-Programm würde ich Ihnen frühestens nach 6 Wochen empfehlen, einen Wechsel zum sportlichen Programm nach weiteren 6 Wochen.

  • Nutzen Sie die Tests aus dem Buch "Psoas-Trainning für Vielsitzer", um Ihre Fortschritte im Training zu dokumentieren. Halten Sie die Entwicklung als Foto fest. Bitten Sie jemanden, Sie zu fotografieren, während Sie sich in der endgradigen Testposition befinden. Nach 6 Wochen wiederholen Sie die Prozedur (am besten am selben Ort und in derselben Kleidung!). Oft lässt der Vergleich der Bilder  Verbesserungen sehr überzeugend sichtbar werden.

Ischias- und Rückenschmerzen lindern dank Psoas-Training – Langes Sitzen und einseitige Belastung können zu Verkürzung und Verspannung des Iliopsoas führen. In dem Buch "Psoas-Training für Vielsitzer" von Kristin Adler und Arndt Fengler finden Sie Übungen aus der Physiotherapie und Osteopathie, die dabei helfen, Schmerzen und Beschwerden gezielt zu lindern.

Kristin Adler ist Physiotherapeutin und in eigener Praxis als Manual-Therapeutin tätig. Sie hat zahlreiche Zusatzqualifikationen in der manuellen Triggerpunkt und Faszientherapie, im Faszientraining und im Kinesiologischen Taping. In diesen Bereichen ist sie seit 2007 auch als Dozentin tätig, unterstützt Charity-Projekte und hält Fachvorträge unterschiedlichster Art. Außerdem ist Kristin Adler seit 2010 Heilpraktikerin. "Meine langjährigen Erfahrungen in der Behandlung des Bewegungsapparats lassen sich hervorragend mit der naturheilkundlichen Behandlung der organischen Systeme kombinieren."

Arndt Fengler wurde schon während seiner Ausbildung zum Physiotherapeuten klar, dass er seine Berufung gefunden hatte. "Die Freude an der Arbeit ist meine Energiequelle." Diese nutzt er u. a. für zahlreiche Weiterbildungen. Bis 2021 arbeitete er als Manual-Therapeut, Heilpraktiker, Osteopath und Sportosteopath in eigener Praxis in Hannover. Außerdem ist er seit 2007 weltweit als Lehrer für Kinesiologisches Taping und Faszientherapie unterwegs. Arndt Fengler lebt in der Schweiz. Er arbeitet dort als Physiotherapeut und betreibt mit seiner Frau eine Gesundheits- und Massagepraxis.