Ketogene DiätKeto-Diät – ein Wundermittel zum Abnehmen?

Eine Keto-Diät scheint kurzfristig gesundheitliche Vorteile zu bringen. Es gibt aber auch Gegenargumente. Johanna Zielinski hat die Vor- und Nachteile abgewogen.

Fisch, Fleisch, Eier, Hülsenfrüchte
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Bei der Keto-Diät stehen v.a. Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Eier und Nüsse auf dem Speiseplan. Kohlenhydrate werden nur in geringem Umfang verzehrt.

Ernährungsformen mit kohlenhydratarmer und proteinreicher Kost ziehen schon länger die Aufmerksamkeit auf sich – darunter auch die Paleo-, South Beach- oder Atkins-Diät. Doch eine echte ketogene Diät legt den Fokus vor allem auf die Fettzufuhr: Sie soll den Großteil der Kalorien liefern. Was genau also beinhaltet die ketogene Diät und ist sie wirklich zu empfehlen? 

Die Keto-Idee

Die ketogene oder Keto-Diät ist eine kohlenhydratarme, fettreiche Ernährungsweise. Sie ist schon seit dem 19. Jahrhundert bekannt und wurde zur Behandlung bestimmter Erkrankungen eingesetzt, z.B. bei Kindern mit Epilepsie.

In den 1970er-Jahren begann dann der Boom von kohlenhydratarmen und proteinreichen Diäten, wobei diese fettarm ausgerichtet sind. Und hier besteht der große Unterschied zu den anderen Diäten:

  • Die ketogene Diät zeichnet sich durch ihren außergewöhnlich hohen Fettanteil aus.
  • Die Eiweißaufnahme spielt eine untergeordnete Rolle. 

Die Idee hinter der Gewichtsabnahme basiert darauf, dass der Körper bei Kohlenhydrat-Entzug als primäre Energiequelle Fett heranzieht. Dabei entstehen Ketonkörper (Keto).

Werden sehr wenig Kohlenhydrate gegessen, holt sich der Körper zuerst die gespeicherte Glukose aus der Leber als Energiequelle und baut vorübergehend Muskeln ab, um Glukose freizusetzen. Ist die gespeicherte Glukose aufgebraucht, beginnt der Körper Fett als Haupt-Energiequelle zu nutzen. Hier produziert die Leber Ketonkörper aus Fett, die dann statt Glukose eingesetzt werden können. Der Körper wird also gezwungen eine andere Art von Brennstoff zu verwenden.

Sammeln sich Ketonkörper im Blut an, spricht man von Ketose. Wie schnell die Ketose eintritt und wie viele Ketonkörper sich im Blut ansammeln, ist von Person zu Person unterschiedlich. Das hängt u.a. vom Körperfettanteil ab.

  • Generell wird bei der ketogenen Diät die Gesamtkohlenhydrataufnahme auf weniger als 50 Gramm pro Tag reduziert.
  • Die Kalorienaufnahme soll über 70–80 % durch die Fettzufuhr,
  • 10-20 % durch Proteine und
  • 5–10 % durch Kohlenhydrate erfolgen.

Die Proteinmenge wird moderat gehalten, da zu viel Protein eine Ketose verhindern kann.

Einige gesunde ungesättigte Fette wie Nüsse, Samen, Avocados oder Olivenöl sind erlaubt. Doch es werden auch die als ungesund geltenden gesättigten Fette aus Ölen (z.B. Kokosnuss), Schmalz und Butter in großen Mengen empfohlen.

Kohlenhydratreiche Lebensmittel werden stark reduziert. Alle Früchte sind z.B. reich an Kohlenhydraten, bestimmte Früchte wie Beeren sind in kleinen Portionen erlaubt.

Die Gemüsezufuhr ist u.a. auf Blattgemüse (z.B. Spinat), Blumenkohl, Brokkoli, Rosenkohl, Spargel, Paprika, Zwiebeln, Knoblauch, Pilze, Gurken, Sellerie und Kürbisse beschränkt. 

Vorteile der Keto-Diät

Studien zeigen, dass innerhalb der ersten 6 bis 12 Monate nach Beginn der ketogenen Diät positive körperliche Veränderungen zu beobachten sind. Darunter vorübergehende Senkungen des Blutdrucks, der Triglyceride, positive Stoffwechselwirkungen und ein Anstieg des HDL-Spiegels (gutes Cholesterin). Auffällig ist auch der kurzfristige Gewichtsverlust. Die mit Übergewicht verbundenen Probleme wie Insulinresistenz, Bluthochdruck und erhöhte Cholesterin- und Triglycerid-Werte entwickeln sich demnach positiv. Diese Effekte sind jedoch meist nach 12 Monaten nicht mehr zu beobachten.

Noch wird geforscht, wie sich Ketose langfristig auswirkt.

Positiv zu bewerten ist auch das gesteigerte Bewusstsein für die Nahrungs- und Nährstoffaufnahme während der Diät. Da diese Ernährungsform sehr restriktiv angelegt ist, benötigt die Umsetzung meist selbst gekochte Mahlzeiten. Zudem wird oftmals ein gesteigertes Sättigungsgefühl (aufgrund des hohen Fettgehalts) und verminderter Hunger zwischen den Mahlzeiten beobachtet. Ebenso bedingt die eingeschränkte Kohlenhydratzufuhr eine Verringerung appetitanregender Hormone wie Insulin und Ghrelin.

Es besteht auch ein wachsendes Interesse an der Verwendung kohlenhydratarmer Diäten, einschließlich der ketogenen Diät, bei Typ-2-Diabetes. Einige Studien zeigen zudem einen möglichen kurzfristigen Nutzen bei neurologischen Störungen, Übergewicht und Adipositas, sowie Stoffwechselstörungen. Für eine allgemeine Empfehlung sind jedoch noch weitere Untersuchungen nötig.

Nachteile der Keto-Diät

Trotz der günstigen Wirkung der Diät auf den HDL- Spiegel, können die damit verbundenen Erhöhungen des LDL-Spiegels ("schlechtes" Cholesterin, Arterienprobleme) sowie den Lipoproteinen sehr niedriger Dichte (VLDL) zu einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.

Zudem können auch Symptome wie Mundgeruch, Kopfschmerzen, Muskelkrämpfe, Übelkeit und Verstopfung („Keto-Grippe“) auftreten.

Einige Wissenschaftler empfehlen die Diät auf 3–6 Monate zu begrenzen und dann allmählich auf eine mediterrane oder pflanzliche Ernährung umzustellen. Wieder andere empfehlen, eine zu restriktive Diät zu vermeiden, da diese langfristig nicht durchzuhalten sei. Zu nennen sind hier z.B. der Verzicht auf mehrere Nahrungsmittel wie Getreide und Hülsenfrüchte, den meisten Obstsorten, Milchprodukte und vielen Gemüsesorten.

Es besteht auch Sorge in punkto Nährstoffmangel – darunter Mikronährstoffe wie Vitamin A, B-Vitamine, Vitamin C und K, Folsäure sowie Ballaststoffe. Ein Ballaststoffmangel kann zu Verstopfung führen. Es ist daher wichtig im Rahmen der Diät täglich eine Auswahl der erlaubten Fleisch-, Fisch-, Gemüse-, Obst-, Nüsse- und Samensorten einzubauen, um eine ausreichende Aufnahme z.B. von Ballaststoffen, B-Vitaminen und Mineralien sicherzustellen.

Es gibt zudem Personengruppen, für die diese Diät nicht in Frage kommt, darunter Betroffene von Essstörungen, bei Problemen mit der Bauchspeicheldrüse, bei Leber- und Nierenerkrankungen, Schilddrüsen- und Gallenblasenerkrankungen oder bei Malabsorption von Fett. Risikoreich ist die hohe Aufnahme an gesättigtem Fett auch in punkto Herzerkrankungen. Die Diät kann das Gewicht zwar kurzfristig drastisch reduzieren kann, es gibt jedoch kaum Belege für einen langfristigen Nutzen. Schneller Gewichtsverlust kann zudem auch auf „Wasserverlust“ zurückzuführen sein und nicht unbedingt auf echten Gewichtsverlust.

Ein Hinweis noch zur "Keto-Azidose": Zu viele Ketonkörper können einen toxischen Säurespiegel im Blut erzeugen, was als Keto-Azidose bezeichnet wird. Während der Keto-Azidose beginnen die Nieren, Ketonkörper mit Wasser über den Urin auszuscheiden, was zu einem übermäßigen flüssigkeitsbedingten Gewichtsverlust führt. Keto-Azidose tritt generell am häufigsten bei Typ-1-Diabetes Betroffenen auf, da diese kein Insulin produzieren, ein Hormon, das die Überproduktion von Ketonen reguliert.

Insgesamt besteht also ein erhöhtes Risiko für Nierensteine, Osteoporose, Lebererkrankungen, erhöhte Harnsäurewerte (Risiko Gicht) und Mikronährstoffmangel.

Fazit

  • Die Forschungsergebnisse zur Keto-Diät in Bezug auf Gewichtsabnahme und langfristigen Nutzen sind begrenzt.
  • Die Diät scheint kurzfristig gesundheitliche Vorteile zu verschaffen. Diese Effekte unterscheiden sich jedoch nach einem Jahr nicht signifikant von den Ergebnissen herkömmlicher Diäten zur Gewichtsabnahme.
  • Da auf mehrere Lebensmittelgruppen verzichtet wird und potenziell unangenehme Symptome entstehen können, kann die Einhaltung der Diät erschwert sein.
  • Eine Betonung von Lebensmitteln mit hohem Gehalt an gesättigten Fettsäuren widerspricht außerdem den Empfehlungen der gängigen Ernährungsrichtlinien.

Es ist jedoch möglich, die Ernährung so zu verändern, dass Lebensmittel mit niedrigem Gehalt an gesättigten Fettsäuren wie Olivenöl, Avocado, Nüsse, Samen und fettem Fisch im Vordergrund stehen. Generell gilt, dass das genaue Verhältnis von Fett, Kohlenhydraten und Protein zur Erzielung gesundheitlicher Vorteile individuell verschieden ist – z.B. aufgrund der genetischen Veranlagung und Körperzusammensetzung.

Um gesundheitlichen Komplikationen vorzubeugen, empfiehlt es sich, einen Ernährungsexperten bzw. Arzt des Vertrauens vor Beginn der Diät zu konsultieren.

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Johanna Zielinski ist Diplom-Ökotrophologin (Ernährungswissenschaften) und absolviert derzeit eine Weiterbildung im Bereich Psychologie. Journalistische Stationen erfolgten beim WDR sowie einem privaten Radiosender. Sie ist als Ernährungsberaterin sowie als freie Autorin und Sprecherin tätig.