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Heilung im Schlaf finden
Im Einflussgebiet des antiken Griechenlands gab es über 300 besondere Heilstätten, die sogenannten Asklepieia. Diese waren dem griechischen Gott der Heilkunst, Asklepios, geweiht. Ein Asklepieion lässt sich mit heutigen Kurkliniken vergleichen: Kranke, die dort Hilfe suchten, blieben meist eine längere Zeit vor Ort. Ein Asklepieion hatte meist Wohnmöglichkeiten, um sie zu beherbergen. Kranke kamen in den Genuss verschiedener Therapien und bekamen meist diverse Ratschläge für eine gesunde Lebensführung. Das zentrale Element eines Asklepieions war aber der Heilschlaf.
Auf den Heilschlaf stimmten sich die Besucher mit verschiedenen rituellen Vorbereitungen ein. Dazu zählten Kräuteranwendungen, Waschungen und die Trauminkubation. Letzteres leitet sich als Begriff vom lateinischen Wort „incubare“ ab, was unter anderem „sich zum heilsamen Schlaf oder Traum vorbereiten/hinlegen“ bedeutet. Eine Trauminkubation lässt sich mit einem Gebet vergleichen: Der Gott Asklepios wurde gebeten, sich den Träumenden im Schlaf zu zeigen. Er sollte sie heilen oder ihnen Ratschläge für ihre Genesung geben. Dann legten sich die Hilfesuchenden in einem sakralen Raum (oft ein Tempel) zum Schlafen hin.
Inschriften verschiedener Asklepieia lassen vermuten, dass dies zumindest bisweilen erfolgreich war. Sie waren von Menschen verfasst, die bewegende Träume hatten – die ihre Gesundheit und Wohlbefinden nachhaltig prägten.
Der Heilschlaf im Christentum
Der Asklepioskult erhielt sich teilweise auch noch im christlich geprägten Europa. Nur traten an die Stelle des griechischen Gottes die beiden als Heilige verehrten Zwillinge Kosmas und Damian. Sie sollen im 4. Jahrhundert nach Christus im heutigen Syrien als christliche Ärzte gelebt und gewirkt haben. Nach ihrem Märtyrertod während der römischen Christenverfolgung unter dem Kaiser Diokletian (240–312) wurden sie – ähnlich wie Asklepios – als Schlüsselfiguren des Heilschlafs verehrt. Sie erschienen Kranken im Traum, welche innig um ihren Beistand gebetet hatten. Dieser Kult ist bis heute lebendig. Die Verehrung von Kosmas und Damian als Heiler im Schlaf finden wir noch im Süden Italiens und in England [2]
Heilschlaf aus heutiger Sicht
Guter Schlaf kann heilsam sein. Er fördert Regeneration, Gedächtnis, Infektabwehr und die Selbstregulation vieler körperlicher Prozesse. Er hilft dem Gehirn, gesund zu bleiben, und senkt das Risiko, an Übergewicht und schweren Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems wie Herzinsuffizienz und des Stoffwechsels wie Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken [3]. Träume können nach unserem heutigen Verständnis zudem helfen, seelische Konflikte zu lösen.
Der Asklepios-Kult maß Träumen noch größere Bedeutung zu: Träume galten als eine wichtige Schnittstelle zwischen Körper, Seele und Geist. Diese Schnittstelle konnte nach dem damaligen Verständnis genutzt werden, um im Traum Ursachen für körperliches oder seelisches Leiden zu ergründen, die eigenen Selbstheilungskräfte zu aktivieren, heilende Botschaften zu empfangen oder – wenn keine Heilung mehr möglich war – sich mit dem Unabänderlichen zu versöhnen.
Erste Studien lassen vermuten, dass Träume und insbesondere Klarträume (in denen sich Menschen bewusst sind, dass sie träumen) tatsächlich ein großes heilendes Potenzial haben. Dies konnte unter anderem bei Menschen mit Depressionen gezeigt werden [4]: Wenn sie lernten, negative Träume bewusst zu verändern, schöpften sie mehr Zuversicht, auch tagsüber negative Gedankenspiralen wandeln zu können. Es bestehen zudem viele Fallberichte, die zeigen, dass durch bewusste Traumarbeit wie der Trauminkubation positive innere Bilder und Erlebnisse erzeugt werden können, die sich positiv auf Physiologie und Seelenleben niederschlagen [5].
Eine moderne Trauminkubation mit Lorbeertee
Mich fasziniert das Thema Heilschlaf seit Jahren, ich habe mich dazu viel ausgetauscht, viel experimentiert und viele heilsame Erfahrungen gemacht. Dabei habe ich mich vor allem an den Praktiken des Asklepios-Kults bedient, insbesondere an der Trauminkubation, die sich meiner Erfahrung nach gut mit Heilpflanzen kombinieren lassen. Eine davon ist der Lorbeer (Laurus nobilis), den auch einzelne Asklepieia gebrauchten [1].
Lorbeer gilt als eine Pflanze, die Konzentration und Gedächtnis fördert. Sein ätherisches Öl hemmt den Abbau des Botenstoffs Acetylcholin im Gehirn, der für Aufmerksamkeit und Erinnerungsfähigkeit sorgt. Beides sind wertvolle Wirkungen für das Heilschlafen, insbesondere für das Heilträumen. Eine gesteigerte Aufmerksamkeit kann dafür sorgen, dass wir nicht zu tief in einen traumlosen Schlaf fallen. Und ein starkes Gedächtnis ist ein Garant dafür, dass wir heilsame Traumbotschaften beim Aufwachen nicht schon vergessen haben [6]. Damit können sie noch lange nachwirken.
Die folgende Trauminkubation mit Lorbeertee führst Du am besten in den frühen Morgenstunden durch, wenn Du bereits tief geschlafen hast, aber noch weiterschlafen könntest. Ich stelle mir hierfür maximale einmal pro Woche den Wecker auf 5:00 Uhr. Öfter würde ich den Wecker für solche Übungen nicht stellen, sonst kommt Dein Schlafrhythmus durcheinander.
Nach dem Aufstehen für die Trauminkubation mit Lorbeertee kannst Du folgendermaßen vorgehen:
- 1 EL Lorbeerblätter (Lauri folia) mit ¼ Liter heißem Wasser überbrühen und zugedeckt 10 Minuten lang ziehen lassen. Ist der Tee ausreichend abgekühlt, trinkst Du ihn anschließend im Bett. Mache Dir dabei deinen Wunsch bewusst, Heilung zu erfahren. Schaffst Du es Dir vorzustellen, dass Dein Leiden tatsächlich heilbar ist oder gelindert werden kann? Wer könnte Dir dabei im Traum helfen? Eine spirituelle Meisterin, die Du kennst, ein Fabelwesen oder vielleicht Asklepios selbst?
- Lege Dich wieder schlafen. Schließe die Augen und visualisiere beim Einschlafen in dem weiten Raum vor Deinen Augen eine heilsame Präsenz, die heilende Energie auf Dich strömt. Lass Dich dabei mit jedem Ausatmen tiefer in die Entspannung fallen.
- Falls Du eingeschlafen bist, frage Dich gleich beim Aufwachen, welche Erinnerungen Du an die Zeit des Schlafes hast. Hattest Du einen Traum? Erlebe ihn so lebendig wie möglich nach und schreibe ihn danach auf – zum Beispiel in einem Traumtagebuch.
Tipp
Für das Zubereiten und Trinken des Tees benötigst Du rund 20 Minuten. Ein erneutes Einschlafen ist für die meisten kein Problem. Wer nach dem Zubereiten des Tees aber keinen Schlaf mehr findet, der kann sich beim nächsten Mal den Lorbeertee bereits abends zubereiten, ihn in einer Thermoskanne neben das Bett stellen und dann morgens trinken.
Wichtig: Für die allermeisten Menschen ist Heilträumen völlig unbedenklich. Menschen, die jedoch aufgrund von neurologischen oder psychischen Erkrankungen zwischen Wirklichkeit und Wahnvorstellung nicht unterscheiden könnten, sollten sich nicht darin üben.
Lorbeer wird gut vertragen: Wechselwirkungen, Nebenwirkungen oder Gegenanzeigen sind nicht bekannt. Monografien von Seiten von ESCOP, Kommission E oder HMPC stehen noch aus, die Anwendung von Lorbeer zum Heilschlafen kann aufgrund der Erkenntnisse der Erfahrungsheilkunde geschehen.
Und zum Schluss …
Die Zeit des Schlafs ist kein bloßer Lückenfüller zwischen Abendessen und Frühstück. Der Schlaf ist ein heilsamer Ort, an dem wir regenerieren und neue Energien tanken können.
Wenn wir uns ein Beispiel am antiken Asklepios-Kult nehmen, können wir nach dem Einschlafen einen heilsamen Kosmos betreten, in dem kraftvolle Erlebnisse und Erkenntnisse auf uns warten. Dabei kann uns meiner Erfahrung nach der Lorbeer ein guter Begleiter sein.
Wichtiger Hinweis!
Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.
Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.
- Oberhelma SM. Dreams, Healing, and Medicine in Greece: From Antiquity to the Present. Routledge; 2020
- Kahan BD. Cosmas and Damian in the 20th century?.The New England journal of medicine 1981; 305(5): 280–281
- Worley SL. The Extraordinary Importance of Sleep: The Detrimental Effects of Inadequate Sleep on Health and Public Safety Drive an Explosion of Sleep Research. P T. 2018 Dec; 43(12): 758-763
- Sackwild L, Stumbrys T. The healing and transformative potential of lucid dreaming for treating clinical depression. International Journal of Dream Research. 14. 296-308
- Gackenbach J. The Potential of Lucid Dreaming for Bodily Healing. Lucidity Letter. December 1988, Vol. 7, No. 2
- Wanitschek A, Vigl S. Klarkraut. Luzides Träumen mit Pflanzen – eine Anleitung. Aarau (CH). AT Verlag; 2024
Sebastian Vigl
Heilpraktiker mit dem Therapieschwerpunkt Phytotherapie