Avena sativaViele Pläne und keine Energie? Wie Dir der Hafer helfen könnte

Der Hafer könnte helfen, wenn geistige und körperliche Energie fehlen. Erste Studien zeigen, dass er die geistige Fitness und Stressreaktionen positiv beeinflusst.

Hafer (Avena sativa)
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Hafer (Avena sativa).

Hafer, Haferkraut und Haferstroh

Für die medizinische Anwendung von Hafer gibt es in Apotheken 2 verschiedene Drogen: Das Haferkraut (Avenae herba) und das Haferstroh (Avenae stramentum). Die Ernte des Haferstrohs erfolgt nach der Blüte des Hafers. Das Haferkraut wird vor der Vollblüte geerntet. Der Hafer ist dann noch grün, weshalb die Droge bisweilen auch als „grünes Haferkraut“ bezeichnet wird. Die Inhaltsstoffe von Kraut und Stroh des Hafers unterscheiden sich bisherigen Analysen zufolge nur minimal.

Anwendungsgebiete des Hafers

Große Unterschiede gibt es ihrem Einsatz in der Pflanzenheilkunde: Haferstroh findet vor allem als Haferstrohbad Anwendung. Das Haferstrohbad wird bei entzündlichen und juckenden Hauterkrankungen empfohlen. [1]

Das Haferkraut wird hingegen innerlich angewendet. Zu seinen traditionellen Einsatzmöglichkeiten zählen nervöse Erschöpfung, Blasenschwäche, Rheuma, Schlaflosigkeit und Bindegewebsschwäche. [1] In Grundlagenforschungen zeigte sich ein leberschützender Effekt und Hinweise auf Harnsäure senkende Eigenschaftes des Haferkrauts. [1] In den letzten Jahren gerieten – in der Forschung und in der Anwendung – vor allem die Wirkungen des Hafers auf unser Nervensystem in den Fokus. Kein Wunder: Die Belastung durch Stress nimmt stetig zu. Und viele sind noch auf der Suche nach günstigen und wirksamen Maßnahmen, die Erholung und Regeneration fördern. Der Hafer könnte hierbei eine interessante Option sein.

So sieht es auch das Herbal Medicinal Product Committee (HMPC). Es stuft in seiner Monografie Haferkraut als traditionelles pflanzliches Arzneimittel ein. Basierend auf langjähriger Erfahrung kann es innerlich zur Linderung leichter Stresssymptome und als Schlafhilfe verwendet werden. Hinweis! Die Kommission E stellte für Haferkraut hingegen eine Negativmonografie aus, da zum Zeitpunkt der Monografieerstellung noch keine ausreichenden Belege für eine Wirksamkeit vorlagen.

Die Avenanthramide des Hafers und ihre Wirkung

Haferkraut enthält eine Reihe von interessanten Inhaltsstoffen. Diese Inhaltsstoffe könnten eine Wirkung auf unser zentrales Nervensystem haben. Dazu zählen die sogenannten Avenanthramide. Sie sind fast ausschließlich im Hafer zu finden. Diese Alkaloide wirken antioxidativ, entzündungshemmend und juckreizstillend [2]. Die letzten beiden Wirkungen zeigen sich vor allem bei der äußerlichen Anwendung. Zusammen mit den Flavonoiden und Triterpenen (sogenannte Steroidsaponine) des Hafers könnten sie auch unseren Gehirnstoffwechsel günstig beeinflussen. Wahrscheinlich könnten diese Wirkstoffe den anregenden Botenstoff Dopamin fördern und u.a. mit 2 Enzymen (Monoaminoxidase B und Phosphodiesterase-4) im Gehirn interagieren. Diese Enzyme spielen bei der kognitiven Leistung eine Rolle.

Ähnlichkeiten mit unseren Sexual- und Stresshormonen

Die Steroidsaponine ähneln der Struktur unserer Steroidhormone. Zu den Steroidhormonen zählen zum Beispiel die Geschlechtshormone Östrogen und Testosteron und das Stresshormone Cortisol. Sie sehen nicht nur ähnlich aus, sie scheinen auch ähnlich zu wirken. Die strukturelle Ähnlichkeit mit unseren Hormonen scheint Steroidsaponinen die Fähigkeit zu verleihen, auf den Stoffwechsel unserer Sexual- und Stresshormone zu wirken [3][4]. Dies könnte mit ein Grund sein, warum Haferkraut erfahrungsgemäß bei Libidoverlust, sexueller Schwäche oder stressbedingten Beschwerden hilfreich sein könnte. 

Haferkraut: Vielversprechende Forschungsergebnisse

In ersten klinischen Studien konnte ein Extrakt aus Haferkraut zum Beispiel die kognitiven Leistungen von 36 älteren Menschen steigern [5]. Ähnliche Ergebnisse lieferte eine Studie mit 45 Menschen im mittleren Alter: Nach der Einnahme von einem Extrakt aus Haferkraut konnten sie Arbeiten am Computer besser erledigen [6].

Auch wenn die beiden Studien vielversprechend klingen, sind sie aufgrund der geringen Anzahl an Probanden nur begrenzt aussagekräftig. Anders bei einer 2020 veröffentlichte Studie: 132 Probanden wurden erfasst und dabei zahlreiche Parameter ermittelt, die den Effekt von Haferkraut auf kognitive Leistung, Stimmung und Stress ermitteln sollten. Veränderungen der Stimmung konnten keine ermittelt werden. Es zeigte sich jedoch, dass in der Studie schon eine einmalige Gabe des Extraktes die kognitiven Leistungen steigert, während die längerfristige Einnahme sich günstig auf die Stressreduktion auswirkt [7]. Dies könnte sich wiederum positiv auf den Energiehaushalt auswirken.

Die Ergebnisse dieser Studien klingen in Anbetracht der bereits in der Erfahrungsheilkunde gemachten Erfahrungen mit Hafer als Kräftigungsmittel plausibel.

Wie Du Haferkraut anwenden kannst

Als Nahrungsergänzungsmittel sind mittlerweile verschiedene Extrakte aus Haferkraut erhältlich. In der Praxis greife ich dennoch lieber auf die Teezubereitung zurück. Die Teezubereitung bietet ein paar entscheidende Vorteile. Im Gegensatz zum Nahrungsergänzungsmittel ist das in Apotheken erhältliche Haferkraut für die Teezubereitung streng überprüft hinsichtlich Identität und Unbedenklichkeit. Zudem ist es günstig zu erwerben und bietet noch eine interessante Möglichkeit: Bei der Teezubereitung ist die Patientin und der Patient direkt indie Herstellung des Arzneimittels involviert. Dieser Umstand allein kann selbstermächtigend und heilsam wirken.

Rezept: Tee aus Haferkraut

Zutaten
  • Haferkraut (Avenae herba)
Zubereitung

Übergieß bis zu 3x tägl. 1 EL des Haferkrauts (Avenae herba) aus der Apotheke mit ¼ Liter siedendem Wasser. Lasse es zugedeckt 20 Minuten lang ziehen. Trinke den Tee ungesüßt vor den Mahlzeiten.

Hinweis! Aufgrund der leicht diuretischen Wirkung des Hafers empfehle ich, den Tee nicht mehr nach 18 Uhr zu trinken. Sonst könnte die Nachtruhe gestört sein.

Hinweis! Für die innerliche Einnahme von Haferkraut sind nach heutigem Erkenntnisstand weder Gegenanzeigen noch unerwünschte Wirkungen bekannt, auch keine Wechselwirkungen mit Medikamenten. Aufgrund der diuretischen Wirkungen sollten Menschen, die Herzmedikamente oder Diuretika einnehmen, Haferkraut erst nach ärztlichem Einverständnis anwenden.

Auch eine längerfristige Einnahme ist möglich, wenn Dir Haferkraut guttut. Grundsätzlich würde ich empfehlen, nach einer sechswöchigen Einnahme eine zweiwöchige Pause einzuhalten.

Und zum Schluss

„Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.“ So beginnt das Gedicht „Das Göttliche“ von Johann Wolfgang von Goethe (1749 –1832). „Unermüdet schaff er das Nützliche, Rechte…“, heißt es gegen Ende des Textes. Alles schön und gut. Doch fehlt uns heute oft die Energie, was Rechtes auf die Beine zu stellen. Etwas zu tun, was uns und anderen guttut und nützt. Haferkraut könnte uns dabei helfen, unsere kleinen und großen Ziele besser zu erreichen. Denn das Haferkraut könnte uns nicht nur konzentrierter machen. Durch die Beeinflussung der Stressreaktion könnte es auch unsere Belastbarkeit stärken. 

Wichtiger Hinweis!

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.

Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.

Heilpraktiker mit dem Therapieschwerpunkt Phytotherapie

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