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Im KfN gibt es umfassende Richtlinien und Qualitätsstandards für die Anwendung von ätherischen Ölen und Aromapflegeprodukten. Diese Standards sind Teil des hauseigenen Qualitätsmanagements.
In allen alten Kulturen spielten ätherische Öle in Mythen, Sagen und Symbolen eine wichtige Rolle. Die frühesten Spuren der ätherischen Öle führen zu den Alten Ägyptern ins 3. Jahrtausend vor Christus zurück. Die ätherischen Öle wurden in Form von Räucherkerzen, Salben oder Pflanzenessenzen in heiligen Zeremonien vor allem zur Verehrung der Götter, aber auch damals schon zur Stärkung der Gesundheit oder gegen Krankheiten eingesetzt. Der französische Chemiker und Ingenieur René-Maurice Gattefossé (1881–1950) verwendete 1936 zum ersten Mal in einem Buchtitel den Begriff Aromatherapie [3]. Ihm verdanken wir grundlegende Erkenntnisse und Niederschriften. Ein weiterer bekannter Vertreter der Aromatherapie ist Dr. Jean Valnet (1920–1995). Sein Buch „Aromatherapie“ ist das Standardwerk zur Therapie mit ätherischen Ölen [6]. Heute ist die Aromapflege eine anerkannte komplementäre Pflegemethode und ein wertvoller Bestandteil im Pflegekonzept des Krankenhauses für Naturheilweisen (KfN) in München [1].
Einsatz ätherischer Öle im KfN
Im KfN sind für die Anwendung von ätherischen Ölen, fetten Pflanzenölen und Aromapflegeprodukten Richtlinien und Qualitätsstandards im hauseigenen Qualitätsmanagement (QM) hinterlegt. Diese umfassen die Integration in das Dokumentationssystem, Anwendung und Umsetzung im Pflegeprozess, Beobachtungskriterien, Bereitstellung der Aromapflegeprodukte, die interne Expertengruppe (Aromagruppe) zur Organisation und Qualitätskontrolle sowie verschiedene Fort- und Weiterbildungen.
Die Aromagruppe der Pflege entwickelt die Aromapflege im KfN fortwährend weiter, sichert die Qualitätsstandards, kreiert neue Ölmischungen und steht auch für aromatherapeutische Konsile im Haus bei speziellen Fragestellungen zur Verfügung. Als theoretische Grundlage dienen Standardwerke wie das „Aromapflege-Handbuch“ von Deutsch-Grasl, Buchmayr und Eberle [2] oder „Aromatherapie in Wissenschaft und Praxis“ von den Herausgebern Steflitsch, Wolz und Buchbauer [5]. Der Einsatz ätherischer Öle im KfN wird sowohl von den Patienten als auch den Mitarbeitern sehr geschätzt, als modernes, professionelles und zukunftsorientiertes Arbeiten gesehen und ist aus unserem Krankenhausalltag nicht mehr wegzudenken.
Die Aromatherapie ist als ein Teil der Phytotherapie anzusehen, wobei ätherische Öle, fette Pflanzenöle, Mazerate sowie Hydrolate zur gezielten Therapie eingesetzt werden. Die Anwendung erfolgt nicht nur über den Geruchssinn, sondern auch über die Haut und die Schleimhäute. Nach deutschem Recht ist die Durchführung einer Therapie eine Heilbehandlung, die grundsätzlich Ärzten, Heilpraktikern und Hebammen (nur im Rahmen der Geburtshilfe) vorbehalten ist. Daraus verbietet sich für alle anderen Gesundheitsfachberufe die selbstständige Anwendung von ätherischen Ölen in einer Form (oral, rektal) oder Konzentration, in der sie dem Arzneimittelrecht unterliegt. Unter Aromapflege versteht man die professionelle Anwendung von 100 % naturreinen ätherischen Ölen, fetten Pflanzenölen und Hydrolaten, wobei sie als Aromapflegeprodukte in Konzentrationen von 0,1–5 % angewendet werden. Die pflegerische Anwendung von ätherischen Ölen ist im Rahmen der Grundpflege und der Pflegeprophylaxe möglich und dient dem Wohlfühlen, der Unterstützung anderer therapeutischer Maßnahmen und der Linderung von Symptomen. Der Einsatz von ätherischen Ölen in der Gesundheits- und Krankenpflege ist rechtlich nur dann unproblematisch, wenn er im Sinne des Pflegeprozesses ausgewählt, angewendet und dokumentiert wird. Zu Beginn eines stationären Aufenthalts im KfN wird der Patient mit einem Informationsschreiben über den möglichen Einsatz ätherischer Öle aufgeklärt und sein schriftliches Einverständnis hierzu eingeholt. Alle Aromapflegeprodukte müssen nach der deutschen Kosmetikverordnung zugelassen sein [1].
Durch die vielen Inhaltsstoffe der ätherischen Öle werden sowohl der Körper als auch Seele und Geist angesprochen, sodass physische, aber vor allem auch psychische bzw. psychovegetative Beschwerden gelindert werden können. Außerdem finden sie im KfN Anwendung in verschiedenen Bereichen der Pflegeprophylaxe, dazu zählen die Pneumonie-, Dekubitus-, Intertrigo-, Kontraktur- und Obstipationsprophylaxe. Zudem kommen ätherische Öle zur Haut- und Mundpflege, in der Raumbeduftung, in Form von Wickeln und Auflagen (z. B. Ölkompressen), Waschungen, Teilbädern und Bädern sowie bei Einreibungen (v. a. rhythmische Einreibungen nach Wegmann und Hauschka) und Streichungen zum Einsatz. Die körperliche Zuwendung durch Wickelanwendungen oder Einreibungen schafft Vertrauen und fördert die Beziehung zwischen Pflege und Patient. Diese regen die Selbstheilungskräfte an und wirken auch über das Gefühl, etwas Besonderes zu bekommen, symptomlindernd.
Umsetzung der Aromapflege im KfN
Für die Umsetzung der Aromapflege im KfN kommt der Expertengruppe eine herausragende Bedeutung zu. Unter Leitung einer Aromatherapeutin trifft sich die Aromaexpertengruppe alle 2 Monate, um aufkommende Probleme im Umgang mit den ätherischen Ölen, evtl. Unverträglichkeiten bei Patienten, das Überarbeiten der hauseigenen Standards, die Vorbereitung von internen Aromafortbildungen etc. zu besprechen. Zu ihren Hauptaufgaben/Leistungen zählen:
- regelmäßige Vorstellung von Duftprofilen in der Gruppe, um die Pflanzen und die Wirkungen der ätherischen Öle zu vertiefen;
- Mischen von eigenen Ölen unter hygienischen Bedingungen;
- Evaluierung anhand der Krankheitsbilder und Symptome aktueller Patienten, ob Mischungen ggf. verändert werden sollten;
- Möglichkeit, bei speziellen Fragen ein Konsil durch Experten der Aromagruppe anzufordern.
In unserer Klinik kommen sowohl Pflegeölmischungen als Markenprodukte zur Körperentspannung, Hautstärkung, Hämatompflege, Intimpflege oder Aktivatmung als auch KfN-eigene Aromamischungen zum Einsatz. Für die Mischungen stehen rund 30 naturreine ätherische Öl zur Auswahl. Dabei werden keine ätherischen Öle verwendet, die einen hohen Anteil an Monoterpenphenolen, Eugenol, Kampfer oder Monoterpenketonen haben, um mögliche unerwünschte Wirkungen wie Hypertonie, Senkung der Krampfschwelle für epileptische Anfälle, Cluster-Kopfschmerzen oder Hautreizungen sicher zu vermeiden, wobei die Konzentrationen der einzelnen ätherischen Öle in der Aromapflege bei 2–2,5 % liegen (in der Aromatherapie werden auch höhere Konzentrationen bis ca. 5 % eingesetzt). Es gibt Öle bzw. Ölmischungen, die die Patienten selbst anwenden können, und solche, die nur von der Pflege angewandt werden, z. B. im Rahmen rhythmischer Einreibungen, Wickel und Auflagen. Zu Letzteren zählen z. B. Zitronenbrustwickel, die Lavendel-Herz-Auflage oder auch verschiedene Bauchöleinreibungen (z. B. mit Kümmel- oder Lavendelöl). Patienten können u. a. bei Kopfschmerzen in Eigenregie Pfefferminzöl auf die Schläfen auftragen oder nach Anleitung anregende Rosmarin- bzw. entspannende Lavendelfußbäder selbst durchführen.
Im KfN werden die Öle aber auch interdisziplinär anderen Berufsgruppen zur Verfügung gestellt, z. B. der Physiotherapie- und der Hyperthermie-Abteilung. So werden in der Hyperthermie Aroma-Öl-Raumsprays mit entspannender Musik kombiniert, um die Patienten während der sehr intensiven Wärmebehandlung (moderate Ganzkörperhyperthermie) bestmöglich zu unterstützen. In den Entspannungsgruppen der Physikalischen Abteilung, wie bei der progressiven Muskelrelaxation, finden Raumsprays oder auch Duftstreifen Anwendung. Vernebleröle werden mittels Aromadiffusoren im gesamten Haus verwendet, zur Prophylaxe vor Erkältungskrankheiten, aber auch zur Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens. Unsere Vernebleröle werden dabei jahreszeitenbezogen in der Aromagruppe neu kreiert, wie das Frühlingserwachen-, Sommerfrische-, Herbststärke- oder Winterzauber-Öl. Da die Patienten jedoch überwiegend in Mehrbettzimmern liegen, kommen die Vernebler dort nicht zum Einsatz. Ansonsten werden die Vernebleröle so zusammengestellt und dosiert, dass ihr Aroma nur schwach wahrgenommen wird und sich niemand gestört fühlt.
Jeder Patient erhält bei Aufnahme ins KfN ein Informationsblatt, welches Anwendungsmöglichkeiten und Wirkungen der Aromapflege und damit einhergehender Wickel, Auflagen oder Einreibungen beschreibt. Zu Beginn des stationären Aufenthalts erfolgt eine ausführliche Pflegeanamnese mit Erfassung der ATLs (= Aktivitäten des täglichen Lebens) und des Hautzustands, der Schlafqualität und der psychischen Verfassung. Wichtig ist hierbei auch die Erhebung persönlicher Vorlieben sowie Abneigungen, Unverträglichkeiten und möglicher Allergien. Anschließend werden die Hauptbeschwerden des Patienten und das Pflegeziel formuliert. Die wichtigsten Eigenschaften und Ziele der Aromapflege im Rahmen der ganzheitlichen Pflege sind dabei:
- Stärkung der Selbstheilungskräfte
- Verbesserung von Schlaf- und Ruhephasen
- Förderung des körperlichen, seelischen und geistigen Gleichgewichts
- Verbesserung der Lebensqualität
- Förderung der eigenen Wahrnehmung
- Verbesserung der Immunabwehr
- Verbesserung des Hautbildes
Die Pflegekraft trifft eine Vorauswahl, welche ätherischen Ölmischungen für den Patienten geeignet wären. Aus maximal 3 Mischungen wählt der Patient dann anhand einer Duftprobe mittels Riechstreifen seinen Favoriten aus. In Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgt schließlich die schriftliche Anordnung in der Patientenkurve. Für den Eigengebrauch erhalten ausgewählte Patienten die entsprechende Mischung in einer 10ml-Flasche, die sie dann auch mit nach Hause nehmen und aufbrauchen können.
Generell mischen wir unsere Aromaöle nicht mit anderen mineralölbasierten, konventionellen Pflegemitteln, um keine Unverträglichkeitsreaktionen zu triggern. Die Patienten sollten darauf aufmerksam gemacht werden, die ätherischen Öle mit Bedacht anzuwenden, im Sinne von „Weniger ist mehr“. Die Aufbewahrung sollte licht- und hitzegeschützt erfolgen, das Ölfläschchen nach Gebrauch sofort wieder verschlossen werden. Jede Station besitzt einen Aromawagen, der hauseigene Ölmischungen sowie die o. g. Pflegeöle enthält. Zu allen Ölen wurden KfN-interne Merkblätter erstellt, die den Mitarbeitern des KfN schnell Informationen über Inhaltsstoffe, physische und psychische Wirkweise und mögliche Indikationen aufzeigen. Die Merkblätter dienen der Entscheidungshilfe bei der Auswahl des Öles, aber auch dazu, dem Patienten zuverlässige Informationen zu liefern. Ein Beispiel hierzu findet sich in [Tab. 1].
Zusammensetzung | naturreines ätherisches Pfefferminzöl (Mentha x piperita) |
Wirkung/Eigenschaft | physisch: schmerzstillend, antibakteriell, antiviral, antimykotisch, entzündungshemmend, entkrampfend, durchblutungsfördernd, fiebersenkend, schweißtreibend, erwärmend und kühlendenergetisch: erfrischend, klärend, konzentrationsfördernd |
Indikation | Kopfschmerzen, Migräne, Konzentrationsschwierigkeiten |
Anwendung | max. 1 Tropfen punktuell auf beide Schläfen und/oder Nacken auftragen und verreiben Augenkontakt vermeiden nach dem Auftragen Hände mit Seife waschen |
Vor der Erstanwendung eines Aromaöls empfiehlt sich ein Verträglichkeitstest, dabei wird die ätherische Ölmischung in der Armbeuge aufgetragen. Bei starker Rötung oder Juckreiz wird diese Aromamischung nicht angewendet.
Einmal jährlich erfolgen Inhouse-Schulungen zu verschiedenen Themen der Aromapflege (Basisschulung, Einsatz von Aromaölen in der Palliativmedizin etc.) durch eine externe Aromaexpertin. Zudem werden regelmäßig ca. alle 2 Monate interne Fortbildungen für KfN-Mitarbeiter angeboten. Damit wird der gesetzlichen Vorgabe der regelmäßigen Schulung in der Anwendung von ätherischen Ölen Rechnung getragen. Patienten haben die Möglichkeit, ätherische Ölmischungen von namhaften Herstellern mit ähnlichen inhaltlichen Zusammensetzungen im hauseigenen KfN-Shop käuflich zu erwerben. Ebenso finden sie dort eine Auswahl an Büchern zum Thema, zudem Wickelzubehör, Aromavernebler und Naturkosmetik. KfN-eigene Mischungen werden aus rechtlichen Gründen ausschließlich während des Aufenthalts im Rahmen der Therapie verwendet und können nicht gekauft werden. Wie bereits erwähnt, dürfen die Patienten aber natürlich ihre Ölmischungen nach Ende des stationären Aufenthalts zuhause aufbrauchen.
Fallbeispiel aus dem KfN
Eine 40-jährige Patientin leidet seit einer Covid-19-Infektion im Jahr 2022 unter einem Post-Covid-Syndrom mit chronischer Erschöpfung, Belastungsintoleranz, Belastungsdyspnoe, inneren Unruhezuständen, Konzentrationsstörungen und Brainfog. Sie ist verheiratet, Mutter von 2 Kindern und arbeitete bisher als Sekretärin in Teilzeit. Seit 12 Monaten ist sie arbeitsunfähig und es steht eine Erwerbsminderung im Raum. Daher leidet die Patientin nicht nur unter ihren ausgeprägten Krankheitssymptomen, sondern verständlicherweise auch unter existenziellen Sorgen. Der Hausarzt weist die Patientin nun zur vollstationären naturheilkundlichen Komplexbehandlung ins KfN ein.
Bei der Pflegeanamnese äußert die Patientin, dass sie aufgrund von Konzentrationsstörungen und Erschöpfbarkeit ihren Alltag nur noch schwer bewältigen könne. Trotz ausreichendem Schlaf fühle sie sich permanent müde und erschöpft. Bei der Patientin sind keine Allergien bekannt. Ihr Wunsch ist es, im Rahmen des Klinikaufenthalts Möglichkeiten kennenzulernen, mit denen sie langfristig mehr körperliche und geistige Vitalität sowie emotionale Stabilität erlangen kann.
Anhand der Hauptbeschwerden werden von der Pflege 2 geeignete Aromapflegemischungen ausgewählt und auf Riechstreifen gegeben, woraufhin sich die Patientin für das sog. Sorglos-Öl entscheidet. Als pflegerische Anwendung erhält die Patientin nun täglich rhythmische Fußeinreibungen nach Wegmann und Hauschka mit dem von ihr ausgewähltem Öl. Die rhythmische Einreibung ist eine anthroposophische Pflegemethode, die Selbstheilungskräfte aktiviert, die innere Kraft stärkt und das Vertrauen in den eigenen Körper durch das bewusste Wahrnehmen der Körpergrenzen steigert. Das im Sorglos-Öl enthaltene ätherische Öl der Tonkabohne soll auf die Patientin entspannend wirken, das der Orange stimmungsaufhellend und das der Benzoe ausgleichend ([Tab. 2]). Die Patientin kann die ausgesuchte Ölmischung bei aufkommenden Unruhezuständen und Ängsten auch selbstständig im Bereich des Handgelenks (über der Arteria radialis) auftragen. Im Abschlussgespräch bestätigt die Patienten die wohltuende Wirkung dieser ätherischen Ölmischung. Sie fühle sich nicht mehr so schnell überfordert und möchte die Anwendung ätherischer Öle fest in ihren Alltag integrieren.
Bereich | Hinweis |
Zusammensetzung | Tonka, Neroli, Orange, Benzoe siam, als Trägeröl Mandelöl |
Wirkung/Eigenschaft | physisch: erwärmend, schlaffördernd, hormonregulierend, entspannend energetisch: stimmungsaufhellend, belebend, ausgleichend, erdend |
Indikation | Schlafstörungen, Ängste, Trauer, seelische Traumata, Stress, depressive Verstimmung, chronische Schmerzen, Migräne |
Anwendungsmethoden | rhythmische Fußeinreibung, einige Tropfen auf den Radialispuls geben und verreiben |
Angewendete Öle im KfN
Im Krankenhaus für Naturheilweisen in München entstanden über mehrere Jahre Beschreibungen ätherischer und fetter Pflanzenöle. In der Aromapflege werden fette Öle als Träger- oder Basisöle bezeichnet und als natürlich-gesunde Hautpflege pur aufgetragen, ins Badewasser gemischt oder dienen als Trägersubstanz für ätherische Öle. Fette Öle sind Stoffwechselprodukte der Pflanzen und dienen zur Energiespeicherung. Die Porträts wurden mit Liebe zum Detail und dem Sinn für Schönheit geschrieben und zeigen somit auch die wohltuende und sinnliche Seite des Pflegeberufs. Sie enthalten Informationen über die Botanik der Pflanze, Inhaltsstoffe und Chemotyp sowie Gewinnung und Herstellung. Beschrieben werden der Duftcharakter und seine Wirkebenen, aber auch die Bedeutung und Anwendung in der Geschichte. Im Folgenden werden 2 Öle beschrieben, die in der Rezeptur Sorglos-Öl zur Anwendung kommen.
Neroli – lieblich, kraftvoll frisch
Neroli ist der Angstlöser schlechthin. Es ist das Öl aus den Blüten des Bitterorangenbaums. Das Öl ist sehr kostbar, da die Ausbeute gering ist. Für 1 Liter Öl braucht man 1 Tonne Blüten von einem über 20 Jahre alten Baum. Die Blüten müssen einzeln mit der Hand gepflückt werden, und zwar nur die, die sich gerade öffnen. Die sinnliche Note erhält das Öl durch Indol und Jasmon (aromatische Ester). Der Name kommt von der Herzogin Flavia Orsini, Prinzessin von Neroli, die das Orangenblütenöl in Italiens Gesellschaft im 16. Jahrhundert einführte, indem sie ihre Handschuhe parfümierte. Ihr zu Ehren wurde der Duft Neroli genannt. Auch Kaiser Napoleon liebte das Neroliöl, er führte es in großen Mengen auf seinen Feldzügen mit sich und gebrauchte es verschwenderisch gegen seine Schüchternheit und Angst. Später, als seine Quelle versiegte, nahm er das preiswertere Kölnisch Wasser mit seinem hohen Neroli-Gehalt. Neroli enthält Cumarine, die entspannend und aufhellend wirken. Es ist das am stärksten beruhigend und antidepressiv wirkende Öl in der Aromatherapie. Es senkt sogar die Amplitude der Herzmuskelkontraktion. Es stärkt das Selbstvertrauen, gibt neuen Lebensmut und Antrieb. Zudem entkrampft es langanhaltende Verspannungen. Neroli hat auch eine unvermutet große antibakterielle Wirkung. Es wird auch immer wieder als „Erste Hilfe aus dem Orangenhain“ bezeichnet [1].

Abb. 1 Von allen Zitrusdüften wirkt Neroli am stärksten beruhigend und stimmungsaufhellend.
Mandel – fettes Pflanzenöl
Der Mandelbaum stammt ursprünglich aus China und Kleinasien. Heutzutage finden wir ihn in Kalifornien und im Mittelmeerraum. Die Römer siedelten den Baum in Deutschland an und Karl der Große verordnete den Anbau und die Verbreitung von Mandelbäumen. Der Baum gilt als Symbol der Wachsamkeit und Wiedergeburt, da er im Mittelmeerraum schon im Januar erblüht. Die Mandel ist auch ein Symbol Christi. Die süße Frucht, vom harten Kern umschlossen, steht für das Wesentliche und befindet sich im Inneren, im Geistigen. Die Mandelblüte ist in Mitteleuropa von März bis April und wird an manchen Orten von Mandelblütenfesten begleitet. Wichtigste Inhaltsstoffe sind 86 % Ölsäure, bis 30 % Linolsäure, gesättigte Fettsäuren. Fettbegleitstoffe sind die Vitamine A, B1, B2, B6 und E. Das süße Mandelkernöl wird häufig als Basisöl verwendet, da es ausgesprochen gut verträglich und für alle Hauttypen geeignet ist. Gewinnung und Herstellung des Mandelöls sind kostengünstig und es lässt sich ca. 10 Monate im Dunkeln lagern. Es kann mit allen ätherischen Ölen gemischt werden. Das Öl ist leicht gelblich und von flüssig-weicher Konsistenz. Es wird eingesetzt bei trockener, empfindlicher, schuppender und zu Rissen neigender Haut. Das Bittermandelöl enthält 85 % Amygdalin (Blausäure) und kann giftig wirken, süßes Mandelöl hingegen enthält nur ca. 0,1 % Blausäure und ist gesundheitlich völlig unbedenklich [1].
Autor
Robert Schmidt
Facharzt für Innere Medizin
Zusatzbezeichnungen Homöopathie und Naturheilverfahren
Interessenkonflikt: Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.
- Prinz BK. Wohltuend und sinnlich. Heilberufe 2020; 72: 30-33
- Deutsch-Grasl E, Buchmayr B, Fink M. Aromapflege Handbuch. Leitfaden für den Einsatz ätherischer Öle in Gesundheits-, Krankenpflege- und Sozialberufen. 3. Aufl. Pflach: Aromapflege; 2015
- Gattefossé RM. Gattefossés Aromatherapie. Der Klassiker der Aromatherapie. Aarau/Schweiz: AT; 1994
- Prinz BK. Naturheilkundliche Anwendungen in der Pflege. Praxistipps für den Pflegealltag. Berlin, Heidelberg: Springer; 2021
- Steflitsch W, Wolz D, Buchbauer G, Heuberger W, Stadelmann I. Hrsg. Aromatherapie in Wissenschaft und Praxis. 3. Aufl. Wiggensbach: Stadelmann; 2023
- Valnet J. Aromatherapie. Behandlung von Krankheiten mit Pflanzenessenzen. 8. Aufl. LeMont/Lausanne. Kart; 1976