Training Ü 60Fit ein Leben lang: 5 Übungen für Ältere

Für den Einstieg in ein Training ist es nie zu spät. Studien zeigen klar: Auch Menschen über 75 Jahren profitieren. 5 Übungen für Über-60-Jährige.

H. Münch/Thieme - Posed by a Model.

Die Standwaage kräftigt die Rücken-, Oberschenkel- und Gesäßmuskeln. Geschmeidige und starke Beine sind die Belohnung dieser Übung.

Haben Sie sich beim Lesen des Titels kurz gefragt, ob der Artikel überhaupt etwas für Sie ist? Selbst wenn Sie zu der Gruppe derer gehören, die laut Definition der Vereinten Nationen, „die Älteren“ ausmacht, also über 60 Jahre alt sind, fühlen Sie sich in diesem Moment vielleicht gar nicht so. Erschwerend kommt hinzu, dass heutzutage 40 das neue 30 und 60 das neue 50 sein soll. Wie soll da noch jemand wissen, wie alt er wirklich ist?

Ein Blick in die Ausweisdokumente kann schon etwas Licht ins Dunkel bringen. Aber das kalendarische Alter sagt glücklicherweise über die Fitness eines Menschen wenig aus. Ganz bestimmt hatten auch Sie schon einmal das Vergnügen jemanden zu treffen, der trotz seines Alters einen besonders vitalen Eindruck machte und noch zu hervorragenden Leistungen fähig war. Solche Begegnungen sind eine echte Inspiration und motivieren mich jedes Mal zu fragen, was diese Menschen zu Ihrem Glück beigetragen haben. Oft höre ich dann, dass diese fitten Senior*innen immer ein bisschen auf sich geachtet haben. Regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung und stützende familiäre und freundschaftliche Kontakte bilden die Zutaten für ein erfülltes Älterwerden.

Die Kerzen auf der Geburtstagstorte verraten nicht Ihr wahres Alter

Denn auch in wissenschaftlichen Studien zeigt sich, dass das Feiern vieler Geburtstage wenig darüber entscheidet, wie alt oder jung Sie wirklich sind. Neben der Veranlagung ist es vor allem Ihr Lebensstil, der Sie biologisch jung bleiben lässt. Wer sich für das Thema Gesundheit begeistert, findet dabei immer wieder die gleichen Erfolgsfaktoren:

  1. Gesunde Ernährung
  2. Regelmäßige Bewegung
  3. Guter Schlaf
  4. Geistige Aktivität
  5. Soziale Kontakte
  6. Innere Balance
  7. Vorsorge und medizinische Begleitung

Neben der inneren Balance ist es wichtig, in jeder Form das richtige Maß zu finden. Sei es beim Essen oder dem Genuss von Alkohol. Aber auch beim Thema Bewegung kann die Übertreibung schaden. Wer seinen Körper mit übertriebenem Ehrgeiz ständig und über längere Zeit zu Höchstleistungen antreibt, riskiert im Alter unter den entstandenen Überlastungsschäden zu leiden. Natürlich braucht es ein Mindestmaß an körperlicher Belastung, damit Training die gewünschten Effekte erzeugt. Aber es muss zur jeweiligen Person passen.

Wenn Sie ermitteln möchten, wie fit Sie wirklich sind lohnt sich der Gang zum Leistungsdiagnostiker, Trainer oder Physiotherapeuten. Diese Fachpersonen verfügen über das Wissen und die Instrumente, um Ihnen einen guten Wiedereinstieg ins Training zu ermöglichen. Des Weiteren bieten Sportverbände wie der DOSB Testungen, wie den Alltags-Fitness-Test (AFT). Der Test kann Ihnen helfen, Ihre aktuelle Leistungsfähigkeit zu ermitteln.

Um nach längerer Bewegungspause wieder fit zu werden braucht es etwas Geduld und Beharrlichkeit. Das heißt jedoch nicht, dass Sie monatelang stur vor sich hintrainieren müssen, bevor Sie etwas spüren! Denn neben den lang- und mittelfristigen Erfolgen dürfen Sie sich auf unmittelbare Trainingseffekte freuen. So kommt es schon nach den ersten Einheiten zu:

  • einem besseren Körpergefühl
  • Wohlbefinden und besserem Schlaf
  • Kreislauf- und Stoffwechselanregung
  • gesteigertem Selbstvertrauen
  • geistiger Aktivierung

Wenn es Ihnen dann gelingt am Ball zu bleiben, dürfen Sie sich auf weitere Früchte Ihrer Bemühungen freuen. Doch vorher geht es in die Flitterwochen.

Vom Honeymoon in wundervolle Routine

Sind Sie noch berufstätig und planen vielleicht in näherer Zukunft den Einstieg ins Rentenleben? Dann geht es für Sie schon bald ein weiteres Mal in die Flitterwochen! Im englischen bekannt als Honeymoon-Jahr, handelt es sich um das erste Rentenjahr.

Genau wie bei frisch Verheirateten ist es eine Zeit voller Euphorie. Die abgelegten Lasten eines stressigen Berufslebens geraten in Vergessenheit und es öffnen sich Räume für neue Routinen. Es ist ein sehr entscheidendes Jahr, denn manche der neuen Gewohnheiten werden Sie lebenslang begleiten. Wer es jetzt schafft, 3–4 Trainingseinheiten pro Woche in den frisch entstehenden Rentenalltag zu installieren, profitiert deutlich im höheren Alter. Nutzen Sie den Zauber der, laut Herrmann Hesse, einem jeden Neuanfang innewohnt und gönnen Sie sich die beste Routine für Ihre Gesundheit.

Es ist nie zu spät

Das Honeymoon-Jahr liegt schon hinter ihnen? Kein Problem! Denn glücklicherweise ist es für den Einstieg in ein Training nie zu spät. In Studien zeigt sich ganz klar, dass auch Menschen über 75 Jahren von der regelmäßigen Bewegung profitieren. Dabei sollten Kraft, Beweglichkeit, Ausdauer und Geschicklichkeit in einer gesunden Mischung beübt werden. Wer es schafft, dem altersbedingten Muskelabbau entgegenzuwirken, bewegt sich sicherer durch den Alltag und kann durch ein besseres Körpergefühl Stürze vermeiden. Wer über genügend Ausdauer verfügt, scheut nicht davor zurück, eine schöne Städtereise zu buchen oder eine Ausstellung zu besuchen.

Das Training schenkt Ihnen Kräfte, die Sie in die vielen schönen Erlebnisse investieren können, die einen wundervollen Lebensabend bereichern.

Langfristige Trainingseffekte

Das sollten Sie beachten

Mit den folgenden 5 Übungen möchte ich Ihnen viel Freude wünschen. Versuchen Sie möglichst 3–4-mal pro Woche zu üben. Verabreden Sie sich dazu gerne mit Freunden oder Nachbarn und gönnen Sie sich nach dem Training vielleicht noch etwas gemeinsame Zeit.

Achten Sie bitte auf Bewegungsgrenzen Ihres Körpers. Die kündigen sich normalerweise mit Spannungsgefühlen an und sind gut spürbar, wenn Sie sich aufmerksam bewegen. Machen Sie die Bewegungen, nach Bedarf, etwas kleiner.

Darum geht es:

  • Mit dieser Übung kräftigen Sie Ihre seitlichen Hüftmuskeln.
  • Das gibt Gangsicherheit und entlastet Kreuz und Hüften.
  • Ganz nebenbei trainieren Sie noch Ihr Gleichgewicht!

Ausgangsposition:

  • Freier Stand oder hinter einem Stuhl, an dessen Rückenlehne Sie sich festhalten können.
  • Die Fußspitze des aktiven Beins wird hochgezogen.
  • Der quere Bauchmuskel wird sanft angespannt, indem Sie den Bauchnabel leicht einziehen, und sichert so die Körpermitte.
  • Nehmen Sie eine schöne aufrechte Körperhaltung ein.

Ausführung: 

  • Das aktive Bein wird gestreckt zur Seite geführt. Die Bewegung findet nur mit dem Bein statt! Der Oberkörper wird schön stabil gehalten.
  • Achten Sie darauf, dass die Schultern tief bleiben.
  • Verlagern Sie so wenig Gewicht wie möglich auf Ihre Hände.

Häufigkeit: 3-4 Einheiten pro Woche, 3 x 15 Wiederholungen pro Seite.

Darum geht es:

  • Mit dem Hackengang halten Sie Ihre Sprunggelenke beweglich und strecken Ihre Knie schön durch.
  • Im Spitzengang kräftigen Sie Ihre Wadenmuskeln und verbessern die Durchblutung Ihrer Unterschenkel. Die perfekte Übung, wenn Sie mal wieder viel zu lange sitzen mussten.
  • Bewegliche Sprunggelenke und kräftige Waden entlasten die Knie. Bei dieser Übung bekommen Sie beides.
  • Gleichzeitig sind Ihre Koordinationsgabe und Ihr Gleichgewichtssinn gefragt.

Ausgangsposition: Sie stehen hüftbreit auf einer freien Fläche.

Ausführung:

  • Stellen Sie sich auf Ihre Zehenspitzen und legen Sie 12-15 Schritte in eine Richtung zurück. Dabei bleiben Sie die gesamte Zeit auf den Zehenspitzen.
  • Dann drehen Sie um und verlagern Ihr Gewicht auf die Fersen. Gehen Sie im Hackengang zurück zu Ihrem Ausgangspunkt.

Häufigkeit: Diese Übung können Sie täglich durchführen. Legen Sie beide Strecken 3 x zurück.

Darum geht es:

  • Die Seiltanzposition ist hervorragend geeignet, um Ihren Gleichgewichtssinn zu trainieren und Fuß- und Wadenmuskulatur zu stärken. Das entlastet sehr gut die Knie.
  • Den Strudel in der Wasserflasche zu erzeugen, stellt einen erhöhten Schwierigkeitsgrad dar, weil die dafür nötigen Bewegungen bis in die Knieregion laufen und dort mit ausgeglichen werden.

Ausgangsposition: Beide Füße stehen auf einer Linie direkt hintereinander. In den Händen halten Sie eine halbgefüllte Wasserflasche etwa auf Brusthöhe.

Ausführung:

  • Üben Sie zuerst einmal, in der Seiltänzerposition sicher zu stehen.
  • Wenn Sie sich gut fühlen und sicher stehen, während Ihr Blick durch den Raum schweift, sind Sie bereit für den Strudel.
  • Schwingen Sie die Flasche so, dass darin ein perfekter Wasserstrudel entsteht.
  • Dann führen Sie die Flasche mit ausgestrecktem Arm in unterschiedliche Positionen, ohne dass Sie das Gleichgewicht verlieren oder der Strudel in sich zusammenfällt.
  • Sie können die Übung auch einhändig machen.

Häufigkeit: 3-4 Einheiten pro Woche, 5-6 Mal einen Strudel aufbauen und dabei die Flasche herumführen.

Darum geht es:

  • Mit der richtigen Technik wird Aufstehen zu einer gesunden Sache.
  • Die Oberschenkelmuskeln werden gestärkt und Gelenke des unteren Körperabschnitts beweglich gehalten.
  • Auch die Muskeln des unteren Rückens werden mit dieser schönen Übung trainiert.
  • Je mehr Sie Ihren gestreckten Oberkörper nach vorne verlagern, desto leichter fällt die Bewegung.

Ausgangsposition:

  • Sitzend auf einem Stuhl. Die Knie stehen mehr als hüftweit auseinander.
  • Die Füße stehen mindestens unter den Knien oder sogar dahinter. So fällt die Bewegung leichter.
  • Der Oberkörper ist schön gestreckt, der Nacken lang, die Schultern tief.
  • Die Arme befinden sich gekreuzt vor der Brust.

Ausführung:

  • Der gestreckte Oberkörper wird nach vorne gebracht und die Beine mit der Ausatmung gestreckt.
  • Sie heben das Gesäß an und gehen bis in den Stand, ohne Ihre Knie zu überstrecken. Achten Sie auf eine gute Bewegungskontrolle.
  • Die Knie bleiben weiter mit den Füßen in einer Achse. Verhindern Sie eine O- oder X-Bein-Stellung.

Häufigkeit: 3-4 Einheiten pro Woche, 3 x 15 Wiederholungen.

Darum geht es:

  • Das langsame und konzentrierte Absenken des gestreckten Oberkörpers verlangt Ihren Beinmuskeln viel Arbeit ab.
  • Die hinteren Oberschenkel- und die Gesäßmuskeln werden im Standbein trainiert.
  • Ihre Rückenmuskeln sind auch gefordert und wenn Sie die Übung schön sauber ausführen, erhalten Sie eine gute Körperstreckung.
  • Starke und geschmeidige Beine sind eine Belohnung dieser schönen Übung.
  • Und ganz nebenbei erhalten Sie noch einen kräftigen Rücken als Bonuszahlung für Ihren Trainingsfleiß!

Ausgangsposition:Hüftweiter Stand.

Ausführung:

  • Aus dem Stand heben Sie Ihre Arme gestreckt zur Decke, während sich Ihr gestreckter Oberkörper nach vorne neigt.
  • Gleichzeitig strecken Sie das rechte Bein in Verlängerung des Oberkörpers nach hinten aus.
  • Sie führen die Bewegung so weit aus, dass sich Oberkörper und rechtes Bein in der Horizontalen befinden.
  • Dann gehen Sie zurück in den Stand.
  • Die Bewegung erfolgt langsam und kontrolliert.

Häufigkeit:3-4 Einheiten pro Woche, 3 x 15 Wiederholungen pro Seite.

Arndt Fengler ist begeisterter Physiotherapeut, Lehrer für kinesiologisches Taping und Faszien-Therapie sowie Buchautor. Er lebt und arbeitet in der Schweiz.

www.arndtfengler.ch