Weißer GänsefußDer Weiße Gänsefuß – nur ein lästiges Ackerunkraut?

Der Weiße Gänsefuß ist eines der häufigsten Ackerunkräuter und trotzdem den Wenigsten bekannt. Er hat aber einige kulinarische Überraschungen zu bieten.

Weißer Gänsefuß, oberer Pflanzenteil, in der Natur
Oleh Marchak/stock.adobe.com

Die jungen Blätter im oberen Teil des Weißen Gänsefußes sehen aus wie mit Mehl bestäubt oder wie mit kleinen weißen Tröpfchen besetzt.

Gänsefuß finden und erkennen

Der Weiße Gänsefuß (Chenopodium album) ist ein weit verbreitetes „Unkraut“, das vor allem  von Menschen bearbeitete Flächen besiedelt. Dementsprechend finden wir ihn in Gärten, auf Ackerland und Brachland, an Feldwegen und Straßenrändern.

Der einjährige Gänsefuß, der oft fälschlicherweise auch Melde genannt wird, kann bis zu 160 cm hoch werden. Der aufrechte Stängel ist deutlich gefurcht, man hat den Eindruck er ist grün-weiß gestreift. Manchmal ist er auch rötlich überlaufen.

Die jungen Blätter im oberen Teil der Pflanze sehen aus wie mit Mehl bestäubt oder wie mit kleinen weißen Tröpfchen besetzt. Vor allem die Blattunterseite ist mit den weißlichen „mehligen“ Härchen (Blasenhaare) bedeckt. Die mehlige Schicht kannst du mit den Fingern leicht abreiben. Beim Anfassen und Reiben fühlt sich das Blatt etwas feucht und fettig an. Die Blattform des Gänsefußes ist sehr variantenreich, von länglich-oval bis rautenförmig ist alles möglich.

Der Pflanzenname bezieht sich auf die Blattform, die dem Fußabdruck einer Gans ähneln soll. Die kleinen grünlichen Blüten erscheinen von Juli bis September und stehen in dichten Knäueln. Im Herbst entwickeln sich die runden schwarzen Samenkörner. 

Steinzeitspinat und Pseudogetreide

Den Weißen Gänsefuß nutzten schon vor 7000 Jahren die jungsteinzeitlichen Ackerbauern als Wildgemüse. Kein anderes Wildkraut wurde bei archäologischen Ausgrabungen an prähistorischen Siedlungsplätzen so häufig gefunden. Aus den Blättern kochte man Gemüse und den kleinen Samen nutzte man ähnlich wie Getreide. In einigen Gebieten Indiens und Pakistans wird die Pflanze noch heute in Gärten kultiviert.

Es ist eigentlich schade, dass dies in Vergessenheit geriet. Der Gänsefuß ist nämlich eines der schmackhaftesten Wildgemüse. Er gehört wie der Spinat zur Familie der Fuchsschwanzgewächse. Diese Verwandtschaft kann man direkt schmecken, doch er ist noch milder als Spinat. Am besten schmecken die jungen Blätter und Triebe in der Zeit von April bis Juni, also vor der Blüte. Die Blätter eignen sich aber nicht nur als Spinatersatz, sondern sie bereichern auch Salate, Suppen, Aufläufe, Quiches und Smoothies. Mit Beginn der Blüte, ab Juli, werden die Blätter etwas bitter und sind geschmacklich nicht mehr interessant. 

Doch dann reifen bald die schwarzen, stärkehaltigen Samen, die ebenfalls essbar sind. Sie sind zwar ziemlich klein, aber da der Gänsefuß in Massen auftritt und unglaubliche Samenmengen produziert, lohnt sich die Ernte trotzdem. In Indien wird der Samen wie Getreide genutzt und als Brei gegessen oder fein gemahlen als Mehl für Pfannkuchen verarbeitet. Den Samen musst Du jedoch vor der Verwendung von den anhaftenden Saponinen befreien. Dazu wird er 1 Stunde in warmem Wasser eingeweicht und gut abgespült. Entweder Du verwendest ihn dann gleich oder er muss für die Lagerung im Backofen getrocknet werden. Das schonende Rösten (bei 60- 70 °C) sorgt zudem für eine geschmackliche Aufwertung. Der Gänsefußsamen hat übrigens einen berühmten Verwandten namens Quinoa (Chenopodium quinoa). Dieses Pseudogetreide aus den Anden hat in den letzten Jahren als pflanzliche Eiweißquelle Karriere gemacht und wird als Lebensmittel gehandelt.

Hochwertiges Superfood, aber mit Einschränkungen

Aus gesundheitlicher Sicht muss man Gänsefußblätter zu den Superfoods zählen, denn bei allen Nährstoffen sind sie unter den Top Ten. Sie enthalten erstaunlich viele Proteine, Kalium (995 mg/ 100 g), Magnesium (230 mg/ 100 g), Kalzium (240 mg/ 100 g) und Eisen (3,9 mg/ 100 g). Außerdem ist Gänsefußgemüse ein vorzüglicher Lieferant von Provitamin A und Vitamin C (135 mg/ 100 g).

Eine weitere Besonderheit sind die kleinen schwarzen Samen: Sie besitzen einen sehr hohen Proteingehalt (16,6 g/100 g) mit einer ausgewogenen Zusammensetzung der Aminosäuren. Auch aus Sicht der Mineralienversorgung sind sie kaum zu toppen! 

Die gesunden Gänsefußblätter enthalten aber leider, wie übrigens auch Spinat, sehr viel Oxalsäure. Deshalb solltest Du diese Lebensmittel nicht im Übermaß genießen. Vor allem Menschen mit Nierenerkrankungen sollten oxalsäurehaltige Lebensmittel meiden. Bei hohem Konsum können sich Nierensteine und Nierengrieß entwickeln und außerdem wird die Resorption von Kalzium und Eisen beeinträchtigt. Wenn allerdings die Nahrung gleichzeitig viel Kalzium enthält, können die Oxalate gebunden und ausgeschieden werden, ohne die Niere zu belasten. Deshalb ist eine Kombination mit kalziumreichen Lebensmitteln (Milchprodukte, Sojaprodukte) sehr sinnvoll. Also kannst Du beispielsweise die Oxalsäure binden, indem du den Gänsefuß-Spinat mit Parmesan oder Tofu anreicherst. Der Oxalsäuregehalt ist übrigens in den jungen Blättern vor der Blüte am geringsten.

In der Türkei wurden einige Fälle dokumentiert, wo es nach dem Genuss von Gänsefußgemüse und gleichzeitiger intensiver Sonneneinstrahlung zu phototoxischen Reaktionen der Haut kam, vermutlich durch die enthaltenen Furanocumarine. Empfindliche Menschen sollten also vorsichtshalber unmittelbar nach dem Gänsefußgenuss kein „Sonnenbad“ nehmen.

Die liebe Verwandtschaft

An den Fundorten des Weißen Gänsefußes wachsen einige verwandte Arten, die ähnlich aussehen. Der Weiße Gänsefuß wird manchmal mit den Melden (Gattung Atriplex) verwechselt, zum Beispiel mit der Spießmelde (Atriplex postrata) und der Spreizenden Melde (Atriplex patula). Sie haben im Gegensatz zum Weißen Gänsefuß schmalere spießförmige Blätter. Außerdem sind sie kaum mehlig bestäubt. Eine Verwechslung der Arten ist aber nicht weiter schlimm, weil alle bis auf 2 Ausnahmen essbar sind.

Ungenießbar (aber  nicht giftig) sind der Stinkende Gänsefuß (Chenopodium vulvaria) und der Bastard-Gänsefuß (Chenopodium hybridum), die beim Zerreiben der Blätter unangenehm nach verdorbenem Fisch riechen. Einige Verwandte des Weißen Gänsefußes machten im Mittelalter sogar kurzfristig Karriere als Gartengemüse: der Gute Heinrich (Chenopodium bonus-henricus) und die Garten-Melde (Atriplex hortensis).

Rezept: Gänsefuß-Spinat

Zutaten
  • 750 g junge Gänsefußblätter
  • 2 EL Butter oder Öl
  • 2 Knoblauchzehen
  • 250 ml Sahne oder Kokosmilch
  • 1 TL gekörnte Brühe/ Gemüsebrühe
  • Salz und Pfeffer
  • 100 g Bergkäse 
Zubereitung
  • Butter erhitzen und in Streifen geschnittene Gänsefußblätter dazugeben.
  • Blätter zusammenfallen lassen, Knoblauchzehen dazu pressen und mit Sahne oder Kokosmilch ablöschen.
  • Bei mittlerer Temperatur 5-10 Minuten köcheln lassen.
  • Dann gibst Du die Gewürze dazu und ziehst den geriebenen Bergkäse darunter.

Gänsefuß-Spinat eignet als Beilage für Reis oder unter Pasta gezogen.

Und zum Schluss ...

Der Weiße Gänsefuß ist hauptsächlich als Ackerunkraut bekannt, aber Du kannst ihn auch als Gemüse verwenden. Jahrtausende lang war er auf dem Speiseplan unsere Vorfahren. Er schmeckt nicht nur lecker, sondern er enthält zudem so viele Vitalstoffe, dass man ihn durchaus als Superfood bezeichnen kann.

  1. Amrita Poonia, Ashutosh Upadhayay. Chenopodium album Linn: review of nutritive value and biological properties. Journal of Food and Science Technology 2015; doi: 10.1007/s13197-014-1553-x 
  2. Beiser R.  Wildkräuter. Stuttgart: TRIAS;  2017
  3. Beiser R. Unsere essbaren Wildpflanzen. Stuttgart: Kosmos; 2015

Wildkräuter- und Heilpflanzenexperte 

Erfahren Sie mehr über den Autor