HistaminunverträglichkeitHistaminintoleranz: Definition, Ursachen, mögliche Symptome

Die Histaminintoleranz ist schwierig zu diagnostizieren. Warum das so ist und welche Ursachen und Symptome infrage kommen, erklärt Dr. Daniela Oltersdorf.

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Parmesankäse auf einem Holzbrett
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Gereifte Käsesorten wie Parmesan oder Emmentaler enthalten Histamin und sollten bei einer Intoleranz durch andere Käsesorten ersetzt werden.

Definition

Als Histaminintoleranz bzw. -unverträglichkeit werden Reaktionen auf die orale Aufnahme geringer Mengen Histamin oder anderer biogener Amine (histaminähnliche Stoffe) bezeichnet.

Diese Nahrungsmittelunverträglichkeit ist schwierig zu diagnostizieren, da ihre Symptome vielfältig, unspezifisch und unterschiedlich ausgeprägt sein können.

Reaktionen auf biogene Amine wie das Histamin werden mit den pseudoallergischen Lebensmittelunverträglichkeiten unter dem Begriff allergische Lebensmittelüberempfindlichkeiten zusammengefasst. Der bekannteste Vertreter der biogenen Amine ist das Histamin, eine chemische Substanz, die seit 1911 bekannt ist.

Was ist Histamin?

Histamin wird durch Bakterien produziert, die in Nahrungsmitteln die einen langen Reifungsprozess durchlaufen, vorkommen. Das Bakterienwachstum ist bei höheren Temperaturen schneller und bei niedrigen Temperaturen langsamer. Diese beiden Erkenntnisse sind für unseren alltäglichen Umgang mit Lebensmitteln sehr wichtig: Sie bedeuten:

  • Lebensmittel sollten nur gut gekühlt transportiert werden.
  • Speisen, die einmal erhitzt wurden, sollten für Personen mit Histaminunverträglichkeit nicht nochmal aufgewärmt werden. 

Histamin wird im menschlichen Körper aus der Aminosäure Histidin synthetisiert. Es wird von Mastzellen, Basophilen, Thrombozyten und einigen Neuronen gebildet, in den Zellen gelagert und bei einem Reiz ausgeschüttet. Histamin ist ein potenter Mediator für viele biologische Reaktionen.

Natürliche Wirkungen von Histamin

Histamin vermittelt in unserem Körper über 4 verschiedene Histaminrezeptoren seine physiologischen Funktionen Es wird als Botenstoff zum Schutz des menschlichen Organismus normalerweise straff reguliert.

  • H1-Rezeptor: Gefäßregulation, Juckreiz, allergische Entzündung
  • H2-Rezeptor: Regulation der Magensäureproduktion, Immunmodulation
  • H3-Rezeptor: Wach-Schaf-Rhythmus
  • H4-Rezeptor: Immunmodulation

Neben der Mastzelldegranulation bei Allergien durch Kreuzvernetzung mit IgE, kann die Histaminfreisetzung auch IgE-unabhängig erfolgen. Die Förderung der Histaminfreisetzung wird durch Stimuli wie Zytokine, die bei Entzündungen freigesetzt werden, und Bindung der Komplementfaktoren hervorgerufen. Solche „nicht-allergischen“ Histaminliberatoren können verschiedene Medikamente, Nahrungsmittel, chemische und physikalische Reize (Kälte), Hypoxie, Neuropeptide oder Enzyme sein.

Die Histaminintoleranz basiert auf einem Ungleichgewicht zwischen anfallendem Histamin und deren Möglichkeit, dieses abzubauen.

Histaminstoffwechsel und -abbau

Histamin kann auf 5 Wegen metabolisiert werden. Hauptsächlich wird es jedoch über die 2 Enzyme DAO und HNMT abgebaut: 

  • Acetylierung
  • Oxidation mittels Diaminoxidase (DAO)
  • Methylierung mittels Histamin-N-Methyltransferase (HNMT)
  • Hydroxylierung
  • Oxidation durch Ascorbat

Das Enzym DAO wird in den Darmzellen gebildet. Bei einer Schädigung der Darmzellen (Enterozyten) kann es vermindert sein. Auch chronische Darmerkrankungen können zu einem Aktivitätsverlust führen. Weitere Bildungsorte sind die Nieren, die Leber, die weißen Blutkörperchen und bei Schwangeren die Plazenta. Das ist auch der Grund, warum sich die Histaminintoleranz in der Schwangerschaft verbessert oder ganz verschwindet.

Mittlerweile weiß man, dass Vitamin C Histamin oxidieren und so „unschädlich“ machen kann. Außerdem können Alkohol, biogene Amine und Medikamente die DAO hemmen.

Es wird vermutet, dass auch bei einer Aufnahme kleiner Histaminmengen (wie 10 mg) unterhalb der toxischen Dosis von 100 mg Reaktionen auftreten können (individuelle Reizschwelle). Im Gegensatz zur „Fischvergiftung“, bei der alle Personen durch die große Menge an Histamin Beschwerden haben.

Ist nun zu viel dieses Botenstoffs in unserem Körper, sei es durch eine erhöhte Aufnahme (verdorbene oder belastete Nahrungsmittel) oder durch einen ungenügenden Abbau im Darm, kommt es zu den unerwünschten Wirkungen.

  • Das Ungleichgewicht zwischen Histamin und der Diaminoxidase (DAO) ist letztendlich für unsere Histaminintoleranz verantwortlich!
  • Die Histaminintoleranz ist nach bisherigen Erkenntnissen nicht angeboren (also genetisch), sondern ein erworbenes Krankheitsbild.
  • Die Histaminintoleranz betrifft 1-4 % der Bevölkerung. Davon sind 80 % weiblichen Geschlechts und älter als 40 Jahre.

Biogene Amine und Histaminliberatoren in Nahrungsmitteln

Viele Nahrungsmittel enthalten histaminähnliche Stoffe (biogene Amine). Dazu gehören: Thyramin, Phenylethylamin, Serotonin, Putrescin, Cadaverin, Spermin und Spermidin. 

  • Manche Nahrungsmittel wie dunkle Schokolade (Phenylethylamin), Walnüsse und Bananen (Serotonin) enthalten nur biogene Amine und gar kein Histamin, können aber trotzdem Probleme verursachen.
  • Oft kommen biogene Amine auch gemeinsam mit Histamin vor, haben eine ähnliche Wirkungsweise und behindern den Abbau.
  • Histaminliberatoren sind Amine, die aus histaminhaltigen Zellen Histamin freisetzen. Typische Histaminliberatoren sind Erdbeeren, Hülsenfrüchte und Zitrusfrüchte.
  • Histaminproduzierende Bakterien im Darm können ebenfalls erhebliche Mengen an Histamin produzieren.
  • Ein Großteil der Mastzellen, die Histamin enthalten, sitzen in der Bronchialschleimhaut, was das Auftreten von Asthma erklärt. Außerdem befinden sich Mastzellen in der Haut und den weiblichen Genitalorganen.

Mögliche Symptome bei Histaminintoleranz

Meist tritt die Histaminintoleranz nicht schlagartig auf, sondern schleichend über einen gewissen Zeitraum. So können sich nach und nach „unspezifische“ Symptome zeigen. Zunächst ein Magengrummeln, dann eine laufende Nase, hier mal ein Völlegefühl oder Schlafstörungen. Später kann es zu immer mehr Beschwerden kommen, die noch kein Anzeichen einer Erkrankung bieten.

Manchmal kann sie auch nach einem Magen-Darm-Infekt plötzlich auftreten. Oft vermutet man Stress oder Belastung als Ursache der Beschwerden.

Zu den häufigsten Symptomen, Beschwerden und Folgeerkrankungen zählen:

  • Magen-Darm-Bereich: Übelkeit, Magenschmerzen, Völlegefühl, Bauchgrummeln, Erbrechen, Obstipation, Durchfall, Blähungen, Aufstoßen. 
  • Atemwege: laufende Nase, trockene Schleimhäute, Reizhusten, Kloß im Hals, Asthma.
  • Allgemeine Symptome: Kopfschmerzen, Migräne, Heißhungerattacken, Menstruationsschmerzen.
  • Chronische Belastung: Mangelerscheinungen, erhöhte Infektanfälligkeit, Gelenkschmerzen, Schlafstörungen.
  • Psychische Beschwerden: Erschöpfungszustände, Antriebslosigkeit, eine Art „Burnout“, Unruhe, Gereiztheit, Depression.
  • Asthma, Migräne, Gliederschmerzen, ständiges „Krankheitsgefühl“, Urtikaria, Dysmenorrhoe.
  1. Bischoff SC. Ernährungsmedizin. 5. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2018
  2. Jarisch R. Histaminintoleranz. Stuttgart: Trias; 2021 
  3. Oltersdorf D. Chronische Entzündungen. Reizarm essen. Stuttgart: Trias; 2023
  4. Hrubisko M, Danis R, Huorka M et al. Histamine Intolerance-The More We Know the Less We Know. A Review. Nutrients 2021; https://doi.org/10.3390/nu13072228
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Dr. med. Daniela Oltersdorf ist Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Ernährungsmedizinerin und Buchautorin. Sie ist in eigener Praxis in Calw mit dem Schwerpunkt Ernährungsmedizin niedergelassen.

www.ernaehrungsmedizinoltersdorf.de

Instagram: @fraudoktor_o